Wordperfect reduziert sein OS/2-Engagement OS/2-Office-Paket von Lotus wird von der IBM vermarktet

26.11.1993

LAS VEGAS (IDG/CW) - IBM wird die OS/2-Version des Office-Pakets "Smartsuite" von der Lotus Development Corp. vermarkten. Bei IBM- Softwarepartnern ruft diese Strategie nicht gerade Begeisterung hervor: Obwohl sie dem 32-Bit-Betriebssystem auch in Krisenzeiten die Treue gehalten und Programme geschrieben hatten, erwaechst ihnen nun Konkurrenz durch die IBM selbst.

Die OS/2-Variante von Smartsuite, die in den Vereinigten Staaten Ende dieses Jahres und hierzulande Anfang naechsten Jahres ausgeliefert werden soll, wird 32-Bit-Versionen des Spreadsheets Lotus 1-2-3, der Textverarbeitung Ami Pro, des Praesentationspakets Freelance Graphics und der E-Mail-Software CC:Mail enthalten. Dass dieses Paket nun - wie zuvor bereits die Groupware-Produkte Lotus Notes und CC:Mail - auch ueber IBM-Vertriebskanaele vermarktet werden soll, missfaellt vielen Softwarehaeusern.

So aergert sich beispielsweise Allen Katzen, President der Describe Inc. Sein Haus hatte als erstes eine OS/2-Textverarbeitung mit 32- Bit-Unterstuetzung auf den Markt gebracht. Kuenftig wird nun der bisherige Partner, die IBM selbst, groesster Rivale des Unternehmens sein.

Im Gegensatz zu Describe raeumen andere Wettbewerber fuer das Duo IBM-Lotus freiwillig das Feld. So hat Wordperfect seine Plaene, eine OS/2-Version der gleichnamigen Textverarbeitung herauszugeben, wieder aufgegeben - obwohl das Paket bereits zu zwei Drittel fertig sein soll. Da die IBM mit der Ankuendigung ihrer "Ferengi"-Technologie Moeglichkeiten bieten werde, Windows- Anwendungen unter OS/2 optimal laufen zu lassen, gebe es zu einer Portierung keine Veranlassung mehr.

Die 16-Bit-Programme liefen dann unter OS/2 in einer vergleichbaren Geschwindigkeit wie reine 32-Bit-OS/2-Anwendungen. Die Zukunft von "Native-OS/2" liegt nach Einschaetzung von Wordperfect eher im Server-Bereich, hier werde man auch kuenftig Produkte liefern. Allerdings gibt Vice-President Mark Calkins zu, dass der Deal zwischen IBM und Lotus ein Grund fuer den Teilrueckzug aus dem OS/2-Geschaeft gewesen sei.

Analysten wie Carter Luscher von der Gartner Group in Stamford, Connecticut, koennen die Entscheidung des Textverarbeitungs- Spezialisten nachvollziehen. Die Nachfrage nach Textverarbeitungen und Spreadsheets unter OS/2 werde sich in den naechsten Jahren kaum rasant entwickeln. Abgesehen von einigen Power-Usern nutzten schon heute die meisten Anwender die Windows-Option ihres OS/2- Betriebssystems, weil so einheitliche Softwareversionen auf saemtlichen PCs im Unternehmen - auch auf denen, die mit Windows 3.1 arbeiten - fahren koennten.

Ob sich das Office-Paket fuer OS/2 im Markt durchsetzen wird, haengt wohl auch davon ab, inwieweit die Kunden die in Smartsuite eingebundene Version des Spreadsheets 1-2-3 akzeptieren werden. Waehrend naemlich die Textverarbeitung Ami Pro erst in Kuerze als neue OS/2-Version herauskommen wird, ist die Tabellenkalkulation nach Angaben der CW-Schwesterpublikation "Infoworld" nicht auf dem neuesten Stand der Technik. Hier will das Softwarehaus bis Ende naechsten Jahres Abhilfe schaffen.