Wohl durchdacht auslagern

08.03.2006
Eine strukturierte Ausschreibung ist die Basis für ein erfolgreiches Sourcing-Management.
Die Strategie ist ein wesentlicher Faktor für das erfolgreiche Management eines Outsourcing-Projekts.
Die Strategie ist ein wesentlicher Faktor für das erfolgreiche Management eines Outsourcing-Projekts.

Das Auslagern einzelner Geschäftsbereiche an externe Dienstleister gilt als probates Instrument zur Kostensenkung. Allerdings erfüllt nur jedes zweite Outsourcing-Vorhaben die Erwartungen. Vor allem die Einsparungen fallen oft unterm Strich weit geringer aus als gewünscht.

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Aufgaben klar abgrenzen

• Wer übernimmt welche Monitoring-Aufgaben?

• In welchen Abständen erstellt der Dienstleister welche Berichte?

• Wann fallen welche Strafen an, und wer treibt sie ein?

• Wer übernimmt die Gesamtsteuerung der IT-Systeme?

• Wer stellt welche Sicherheitsvorkehrungen und -techniken bereit, und wer ist im Einzelnen dafür verantwortlich?

• Wer ist für die künftige Anwendungsentwicklung zuständig?

• Wie lassen sich rechtliche Verantwortlichkeiten trennen und kontrollieren?

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572448: Die Ausschreibung muss detailliert sein;

566511: Sourcing-Management;

566799: Sorgfalt zahlt sich aus.

Schuld daran haben zum großen Teil die Anwenderunternehmen selbst. Viele entscheiden sich übereilt für einen externen Dienst, ohne zuvor ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. Dazu gehört, systematisch zu prüfen, ob überhaupt und wenn ja was und in welchem Umfang ausgelagert werden soll. Dies schafft eine Kosten-, Leistungs- und Prozesstransparenz, die auch mit Blick auf den Eigenbetrieb viel wert ist.

Die Hausarbeiten beginnen mit einer Machbarkeitsstudie, also der Prüfung, welche Bereiche sich für eine Auslagerung eignen und vor allem lohnen. Danach sollte der Anwender genau analysieren, ob die ausgewählten Bereiche über sinnvolle Übergabeschnittstellen sowohl technischer als auch ablaufspezifischer und organisatorischer Art, verfügen, oder ob diese noch geschaffen werden müssen.

Transparente Schnittstellen

Die Übergabeschnittstellen dienen dazu, eine durchgehende IT-Service- und Prozessgestaltung gegenüber dem künftigen Dienstleister sowie eine klare Zuordnung der entsprechenden Verantwortung auf beiden Seiten zu definieren. Mit Blick auf den IT-Betrieb heißt das, die Schnittstellen - etwa Netzwerk, Anwendungsentwicklung oder Help-desk - transparent zu machen. Erfahrungsgemäß steht dieser Anpassungsaufwand im umgekehrten Verhältnis zur Organisationsgröße. Das liegt daran, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Zuständigkeitsbereichen in kleineren, weniger gut strukturierten Unternehmen meist verschwimmen.

Eines der Hauptziele eines Outsourcing-Projekts sind Einsparungen. Eine gründliche Kosten- und Leistungsanalyse des Ist-Zustands ist daher unerlässlich. Sie umfasst die jeweiligen IT-Services und -Prozesse, die involvierten Mitarbeiter sowie die intern erbrachten Leistungen und die damit verbundenen Kosten. Die Ist-Situation muss anschließend an den jeweiligen Outsourcing-Zielen - etwa Innovationen, höhere Effizienz, niedrigere Kosten - gespiegelt werden. Auch geplante Mergers oder Zukäufe sollten hier mit einfließen.

Entscheidend bei der Analyse ist, die Mitarbeiter, die für den auszulagernden Bereich verantwortlich sind, zu einer Bewertung der weiteren Kosten- und Leistungsentwicklung aufzufordern. Diese Vorgehensweise hat drei wesentliche Vorteile: Erstens fühlt sich niemand übergangen. Zweitens hat der vom Outsourcing betroffene Bereich die Möglichkeit, über eigene Prognosen Einfluss auf die weitere Projektentwicklung zu nehmen. Und schließlich kann das Management, sollte es die Auslagerung später verwerfen, die Verantwortlichen an die Einhaltung der selbst gesteckten Kosten- und Leistungsziele erinnern.

Kosten-Baselines zum Vergleich

Aus einer fundierten Kosten- und Leistungserfassung sowie ihrer Bewertung ergeben sich Kosten-Baselines, die der Anwender zu einem ersten Vergleich mit den Benchmark-Zahlen der einzelnen Anbieter heranziehen kann. Die Benchmark-Zahlen sollten entsprechend aufbereitet werden. Gegebenenfalls wiederholt nachzuhaken und einzelne Dienstleister zu Nachbesserungen aufzufordern lohnt aber immer.

Die Gegenüberstellung muss nicht zwangsläufig auf eine Auslagerung hinauslaufen. Sie kann auch bewirken, dass der Anwender seine IT- und Geschäftsprozesse besser aufstellt - etwa durch Zentralisierung, Vereinheitlichung oder eine höhere Automatisierung. Grundsätzlich ist jedoch ratsam, die Bewertung der eigenen Kosten-Baselines und den Vergleich mit den Benchmark-Zahlen der Anbieter an eine neutrale Instanz zu übertragen. Dadurch lässt sich ausschließen, dass "Äpfel mit Birnen" verglichen oder Vorentscheidungen durch interne oder externe Interessengruppen in eine falsche Richtung gelenkt werden.

Erscheint dem Anwender eine Auslagerung sinnvoll, ist die Ausschreibung der nächste Schritt. An ihr sollten sich maximal fünf Provider beteiligen. Dadurch behält der Anwender beim anschließenden Vergleich den Überblick. Um die Angebote besser vergleichen zu können, hat es sich bewährt, das eigene Anforderungsprofil in fünf Punkte einzuteilen: technisches Konzept inklusive notwendiger Transformationsprojekte, Übergabekonzept, IT-Service-Management-Konzept, kaufmännisches Konzept sowie rechtliche Anforderungen (Compliance).

Diese Struktur ist nicht nur für eine detaillierte Ausarbeitung des Anforderungsprofils hilfreich. Sie zwingt die Anbieter auch, auf jeder Ebene die jeweiligen Requests for Information (RFI) und Requests for Proposals (RFP) des Unternehmens zu berücksichtigen - einschließlich der Vorschläge, wie die Schnittstellen dazwischen aussehen sollen. Damit ist es für den Anwender ein Leichtes, den Provider an die klar zugeordneten Ausführungen auch später noch zu erinnern.

Zudem fördert eine konzeptionelle Vorgehensweise zutage, inwieweit das Angebot des Providers auf standardisierte Schnittstellen und Technologien - etwa Itil, Cobit oder SOA (Service-oriented Architecture) - zugeschnitten ist. Das ist ein wichtiger Aspekt: Je mehr sich der Dienstleister bei der Ausarbeitung des Angebots an Standards hält, um so weniger komplex werden später die technischen und organisatorischen Übergabeschnittstellen für eine durchgehende Gestaltung von Infrastrukturen, Anwendungen und Prozessen ausfallen.

Anforderungen strukturieren

Ein weiterer Vorteil eines klar strukturierten Anforderungsprofils besteht darin, dass die Anbieter ihre Leistungen und Kosten in der Regel für jede Etappe separat ausweisen. Das macht die einzelnen Angebote einerseits besser vergleichbar. Andererseits wird für alle Projektbeteiligten im Unternehmen - Management, Controlling, IT- und Rechtsabteilung - das Verhältnis von Kosten und Leistungen für ihren jeweiligen Verantwortungsbereich transparenter.

Und schließlich bieten klar strukturierte Anforderungen für beide Seiten eine gute Orientierung, um Preise und Leistungen zu spezifizieren und zu verhandeln, bis hin zur Definition konkreter Service-Levels und dafür zu hinterlegender Metriken. Auch Sicherheits- und Verfügbarkeitsmaßnahmen lassen sich auf diese Weise im Einvernehmen zwischen Unternehmen und Dienstleister exakt, bedarfsgerecht und für alle Beteiligten gut nachvollziehbar festlegen.

Die Übergabeschnittstellen sollten auf allen Ebenen klar definiert sein, um die Aufgaben und Verantwortungen auf beiden Seiten unmissverständlich zuordnen zu können. So sollte eindeutig geregelt sein, wer entlang der End-to-End-Infrastrukturen, -Services und -Prozesse welche Monitoring-Aufgaben wahrnimmt und in welchen Zeitabständen der Dienstleister bestimmte Berichte in einer vorher definierten Form bereitstellen muss. Auch die Frage, welche Strafen bei Nichterfüllung der Service-Level-Agreements (SLAs) anfallen und wer die Strafen gegebenenfalls eintreibt, wird durch die Definition der Übergabeschnittstellen geregelt.

Rechtliche Aspekte beachten

Damit die Kontrollsysteme beider Seiten später noch nachvollziehbar sind, empfiehlt es sich, sie von einem Wirtschaftsprüfer testen und dokumentieren zu lassen. Auch rechtliche Belange - etwa Betriebsvereinbarungen, gesetzliche Vorschriften sowie steuerliche Gesichtspunkte - sollten dabei berücksichtigt werden. Bei laufenden Vereinbarungen und Auflagen innerhalb der IT - etwa Service- und Support-, Miet- und Leasingverträge sowie nicht abgeschriebene Systeme - ist zu klären, inwieweit der Dienstleister die Vertragspflichten übernimmt beziehungsweise zu welchem Restwert er die Systeme kauft.

Für einen kontrollierten Wechsel ist ein detaillierter Migrationsplan unverzichtbar. In ihm müssen die Partner die einzelnen Auslagerungsetappen im beiderseitigen Einverständnis exakt fixieren und terminieren. Dabei macht sich ein externes Projekt-Management bezahlt: Ohne professionelle Unterstützung scheitern nach den Erfahrungen von Ernst & Young 35 Prozent aller Outsourcing-Projekte in dieser späten Phase.

Wesentlich für den Projekterfolg ist zudem ein hieb- und stichfestes Vertragswerk, in dem alle Vereinbarungen für beide Seiten unmissverständlich hinterlegt sind. Dazu zählt auch die exakte Fixierung von Ausstiegsklauseln und Rückführungsoptionen, falls die Auslagerung nicht zu den anvisierten Einsparungen und Effizienzsteigerungen führen sollte. (sp)