Die zwanzig besten Regionen

Wo Startups am besten gedeihen

27.06.2013
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Das Silicon Valley ist Taktgeber und Orientierungspunkt für die weltweite Startup-Szene. Doch es gibt weitere Regionen mit einem fruchtbaren Ökosystem. Die zwanzig Besten stellen wir vor.

In die Liste der weltweit wichtigsten Regionen mit idealen Rahmenbedingungen reiht sich auch Berlin ein. Die deutsche Hauptstadt belegt in dem aktuellen Ranking der besten Startup-Städte den Rang 15. Die Liste basiert auf Erhebungen des Benchmarking-Projekts Startup Genome in Kooperation mit Telefónica Digital.

Angeführt wird die Liste erwartungsgemäß vom Silicon Valley, auf dem zweiten Rang folgt die israelische Metropole Tel Aviv. Auffallend viele US-Regionen haben den Sprung in die Top Ten geschafft (sechs Städte), ebenso auffällig ist, dass nur wenige Zentren aus den aufstrebenden Wirtschaftsnationen in den Top-20 vertreten sind. Hier finden sich nur Sao Paola (Brasilien, Platz 13), Singapur (Platz 17), Bangalore (Indien, Platz 19) und Santiagio (Chile, Platz 20) wieder.

Unter den deutschen Städten konnte nur der Großraum Berlin überzeugen, selbst in der Liste der weltweit 40 besten Regionen ist keine weitere deutsche Stadt zu finden. Der doch etwas dürftige 15. Rang der Hauptstadt überrascht ein wenig, da die Gründerszene in Berlin in der jüngsten Vergangenheit viel Beachtung erfahren hat.

Ihre Analyse zu Berlin fassen Autoren der Studie folgendermaßen zusammen:

  • Berlin ist das derzeit weltweit am meisten gehypte Ökosystem.

  • In der Stadt wurden 88 Prozent weniger Unternehmen gegründet als im Silicon Valley.

  • Das Ökosystem hat nach wie vor keine ausgeprägte Reife, so dass Gründer sich besser in anderen Regionen wie etwa London umsehen sollten.

  • Berliner Entrepreneurs sollten sich höhere Ziele stecken.

  • Die Gründer sind sehr gut ausgebildet, sie zählen in dieser Hinsicht zur europäischen Spitze. 86 Prozent haben einen Hochschulabschluss.

  • Im europäischen Vergleich bringt die Stadt die wenigsten Gründerinnen hervor.

In Europa ist London das mit Abstand führende Startup-Zentrum, doch auch hier erreicht die Zahl der Neugründungen nicht das US-Niveau: Im Silicon Valley werden dreimal so viele Unternehmen an den Start gebracht. In den USA sind zudem die drei größten Startup-Regionen überhaupt beheimatet. Neben der kalifornischen Region sind dies die Städte Los Angeles und New York City.

Hintergründe der Studie The Startup Ecosystem Report 2012

Das Forschungsprojekt Startup Genome hat zusammen mit Telefónica Digital ihre aktuelle Studie über die weltweiten Rahmenbedingungen für Neugründungen vorgestellt. Die Erhebung mit dem Titel "The Startup Ecosystem Report 2012" basiert auf Analysen von weltweit 50.000 Startups. Die erforderlichen Daten entstammen Umfragen, Interviews und externen Datenquellen. Eine wesentliche Informationsquelle geht auf das Beratungshaus Startup Compass zurück, das das Benchmarking-Tool "Startup Genome Compass" für junge Unternehmen bereitstellt. Es soll ihnen Hinweise darüber liefern, wie sie sich im Vergleich zu anderen Neugründungen entwickeln. In der Vergleichsdatenbank werden derzeit Daten von 17.000 Firmen gespeichert. Eine wesentliche Erkenntnis der aktuellen Analyse ist, dass das Silicon Valley (SV) zwar nach wie vor die größte und einflussreichste Startup-Region ist, es seine überragende Stellung der Vergangenheit indes verloren hat. Vergleichbare Zentren in Latein Amerika, Europa, Asien sowie im Mittleren Osten florieren und bieten mittlerweile reichhaltige Chancen für junge Unternehmen.
Der Erfolg des Silicon Valley basiert zum Teil auf die besondere Aufbruchsstimmung in der Region. Dortige Gründer arbeiten länger als anderswo, durchschnittlich sind es 9.94 Stunden pro Tag. Sie haben vornehmlich Wirkung und Reichweite ihre Leistungen vor Augen, ihr Fokus gilt seltener konkreten Produkten. Allerdings ist das Silicon Valley für weibliche Gründer ein vergleichsweise schwieriges Pflaster. Sie sollten ihre Chance besser in New York suchen, raten die Verfasser der Studie. Um Vergleichbarkeit der Regionen herzustellen, wurden alle Erkenntnisse und Daten, die die Forscher über anderen Städten zusammen getragen haben, in Relation zu den Angaben vom Silicon Valley bewertet. Die kalifornische Startuo-Region stellt damit die Norm, an dem sich die Ergebnisse der Studie orientieren.
Obwohl die Ökosysteme in New York und London gut entwickelte sind, leiden sie unter einer "Funding"-Lücke, also unter einem Mangel an bereit stehendem Startkapital. Verglichen mit dem Silicon Valley stehen 70 Prozent weniger Risikokapital für solche Neugründungen bereit, die sich noch in einer sehr frühen Phase ihrer Entwicklung befinden und noch keine marktfähigen Lösungen vorweisen können. Moskaus Gründer sind die jüngsten, ihr Durchschnittsalter beläuft sich bei Start ihrer eigenen Company auf 27,9 Jahre. Die Londoner sind dagegen recht spät dran, sie stürzen sich erst mit fast 36 Jahre ins Gründungsabenteuer. Die Madrilenen gehen mit den höchsten Schulabschlüssen an den Start, 89 Prozent von ihnen können einen hochrangigen Uni-Abschluss vorweisen. Viele der weltweit verstreuten Gründer haben sich Anregungen im Silicon Valley geholt. Mehr als jeder Dritte Entrepreneur in Sigapur (33 Prozent) und im kanadischen Waterloo (35 Prozent) hat zuvor eine Weile in Kalifornien gewohnt. Die Gründer in Berliner (vier Prozent) und Sao Paulo (sieben Prozent) haben eher selten im Silicon Valley gelebt.
Das Startup Genome (http://blog.startupcompass.co) wurde von Landmark-Studie der Kauffman Foundation aus dem Jahr 2010 inspiriert. Die Erhebung hatte nachgewiesen, dass das Wachstum im amerikanischen Arbeitsmarkt vor allem auf die regen Startup-Szene des Landes zurückgeht. Daraus entstand das Vorhaben, die Zahl der gescheiterten Neugründungen zu reduzieren. Man wollte die Innovationskraft der jungen Firmen so fördern, so dass daraus wettbewerbsfähigen Unternehmen entstehen. Das Projekt sollte den Entrepreneurs, die ihre Firmen oft nach Bauchgefühl steuerten, datenbasierende Hinweise für eine nachhaltige Entwicklung geben. Startup Genome kooperiert dazu mit Forschern aus den Universitäten Berkeley, Oxford und Stanford.
Telefónica Digital ist die weltweite Business-Unit des gleichnamigen TK-Konzerns. Der Ableger hat die Aufgabe, nach neuen Märkten in den digitalen Welten zu suchen, dazu stehen ihm Forschungs- und Entwicklungsgelder sowie Beteiligungskapital und Partnermodelle bereit. Zudem strebt das Unternehmen eigene digitale Dienste im Cloud-, Mobility-, M2M- (Machine to Machine) sowie im eHealth-Geschäft an, die man den rund 311 Millionen Telefónica-Kunden anbieten möchte.