Wo sich die IT-Kosten auszahlen

03.03.2006
Von Thomas Mak und Philip Tauschek

Aufnahme des Prozesses

Zunächst wurden die einzelnen Prozessschritte, die zugehöri-gen Anwendungen sowie die prozessspezifischen Detailinformationen - etwa Kritikalität, Durchlaufzeit, bekannte Probleme, benötigter Service-Level und Messmöglichkeiten - ermittelt. Hierzu galt es in einem ersten Schritt, vorhandene Prozessdokumentationen, Arbeitsanweisungen, Systemsteckbriefe und Prozessaufnahmen aus früheren Projekten sowie Schulungsmaterialien zu sichten. Als wichtig erwies es sich zudem, den Prozess "live" am produktiven System zu verfolgen - vor Ort in der Filiale.

Dabei zeigten sich bereits erste Verbesserungspotenziale: Ein Bankmitarbeiter schreibt beispielsweise eine zwölfstellige Nummer vom Bildschirm auf ein Blatt Papier, öffnet eine andere Anwendung und tippt die Nummer dort in eine Maske ein. Dieses umständliche und fehleranfällige Vorgehen lässt sich mit geringem Programmieraufwand automatisieren. Wie sich später zeigte, entstanden Prozess-Performance-Probleme auch daraus, dass Technikkomponenten falsch skaliert waren.

Kritische Erfolgsfaktoren

  • Ressourcen frühzeitig einplanen: Bei einem durchschnittlich komplexen Geschäftsprozess beläuft sich der Projektbedarf auf rund 40 Personentage plus 20 bis 60 Personentage für die Umsetzung der Überwachungsmechanismen. Die jeweiligen Aufwände in den Betriebs- und Entwicklungseinheiten sowie den Fachbereichen sind rechtzeitig mitzuteilen und einzuplanen. Dazu muss das Thema "Geschäftsprozesse" fest in die Jahres- beziehungsweise Ressourcenplanung der beteiligten Organisationseinheiten integriert werden.

  • Business Case - ein Muss: Transparenz hinsichtlich der Verbindung zwischen den Geschäftsprozessen und der IT ist das, was sich die Fachbereiche stets gewünscht haben. Dennoch zögert der Kunde, sobald es um die Projektfinanzierung geht. Deshalb muss die IT ihm den Business Case vorrechnen: Der Kunde will wissen, was das Projekt und der anschließende laufende Betrieb kostet und bringt.

  • Ohne Configuration-Management keine Transparenz: Die heutigen Standard-Konfigurationsdatenbanken berücksichtigen alle Arten von IT-Komponenten - den einzigen Bezug zum Kunden stellen die Anwendungen dar. Die während der Prozessaufnahme neu gewonnenen Informationen über die Geschäftsabläufe, insbesondere die Teilprozessschritte mit den beteiligten Anwendungen, müssen in das Configuration-Management integriert werden. Nur so lassen sich die Verbindungen zwischen fachlichen Abläufen der Bank und IT-Komponenten mit vertretbarem Aufwand aktuell halten. Andernfalls geht die gewonnene Transparenz mit dem nächsten Wechsel wieder verloren.

  • Dauerhafter Erfolg nur mit Geschäftsprozessverantwortung: Wird die Nachhaltigkeit vernachlässigt, lassen Veränderungen an den Komponenten oder den fachlichen Prozessen die aufgenommenen Informationen schnell veralten und die darauf bezogenen Überwachungen ins Leere laufen. Um den Qualitäts- und Effizienzgewinn langfristig zu sichern, ist ein Geschäftsprozess-Manager zu etablieren, der losgelöst von der Linienhierarchie und organisationsübergreifend als Vollzeitkraft arbeiten sollte.

  • Kommunikation und Management-Unterstützung: Aus dem organisationsübergreifenden Charakter der Aufgaben ergibt sich eine Vielzahl inhaltlicher Überschneidungen mit anderen Projekten und Linienverantwortlichkeiten. Das daraus resultierende unternehmenspolitische Spannungspotenzial ist nicht zu unterschätzen. Wichtig ist daher die intensive Kommunikation mit allen Betroffenen. Zudem ist die Unterstützung durch das Management unverzichtbar.

Der Gesamtprozess sollte nicht mehr als etwa 30 Schritte umfassen, gegebenenfalls muss eine Einschränkung auf bestimmte Prozessvarianten erfolgen. Rein manuelle Abläufe, bei denen keine IT-Komponenten ins Spiel kommen, erlauben ein sehr hohes Abstraktionsniveau. Sind für die Arbeitsschritte jedoch IT-Anwendun-gen relevant, ist ein höherer Detaillierungsgrad erforderlich. Eine Prozessaufnahme im Sinne von Geschäftsprozesskompetenz unterscheidet sich von einer rein fachlich getriebenen Vorgangsaufnahme und muss deshalb auch dann erfolgen, wenn der Prozess bereits dokumentiert ist.