Digitale Zukunft im Beschaffungsprozess

Wo kommen in Zukunft die Aufträge her?

20.09.2016
Von 
Head of Strategic Business bei „Wer liefert was“
In absehbarer Zukunft wird nicht nur die Produktion, sondern die gesamte Wertschöpfungskette, also auch Einkauf, Logistik, Kundenakquise/-kontakt sowie Marketing und Vertrieb digitalisiert sein. Was können kleine und mittlere Unternehmen (KMU) tun, um angesichts dieses Veränderungsprozesses mit Großkonzernen im Geschäft zu bleiben?
Wenn künftig ein Produkt oder Unternehmen nicht im Internet gefunden wird, gibt es das Produkt oder das Unternehmen faktisch nicht.
Wenn künftig ein Produkt oder Unternehmen nicht im Internet gefunden wird, gibt es das Produkt oder das Unternehmen faktisch nicht.
Foto: Shutterstock.com - Uber Images

Herr Müller arbeitet bei der mittelständischen Firma ABC im Einkauf und verantwortet den gesamten Beschaffungsprozess. Für die Herstellung eines Produktes der Firma ABC benötigt Herr Müller ein ganz bestimmtes Bauteil, das er bei einem Zulieferer einkauft. Benötigt Herr Müller Nachschub, wendet er sich an seine Kontaktperson. Bei diesem Lieferanten, zu dem er eine langjährige Beziehung aufgebaut hat, meldet er seinen Bedarf an und bestellt. Ein neues Angebot wird in der Regel gar nicht mehr eingeholt, hat man doch über Jahre hinweg eh die besten Konditionen ausgehandelt.

So sieht der Beschaffungsprozess aktuell noch aus, in absehbarer Zukunft wird er sich allerdings ändern. Der gesamte Beschaffungsprozess wird digitalisiert sein. Das bedeutet, nicht mehr Herr Müller bestimmt, wann Firma ABC einen Bedarf hat, sondern die Produktionsmaschinen selbst erkennen die Auftragslage, Produktionskapazitäten und die aktuellen Lagerbestände. Sie ermitteln selbstständig, wann ein Rohstoff zur Neige geht und bestellen diesen autark nach. Die Maschinen beziehungsweise Computer greifen dabei auf vernetzte Datenbanken zurück und treffen auf dieser Grundlage qualifizierte Entscheidungen. Mit dem Ziel, Materialien stets zum niedrigsten Preis und mit höchster Qualität zum richtigen Zeitpunkt zu beschaffen.

Wer die Materialien liefert, wird nebensächlich. Die Aufgabe von Herrn Müller wird sein, zu kontrollieren, dass die Beschaffungskette nicht unterbrochen und die Abläufe reibungslos weiterlaufen. Denn die Herausforderung ist dann, mit den Daten richtig umzugehen, um sich Wettbewerbsvorteile zu sichern. Aber was müssen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) heute angehen, um in diesem Veränderungsprozess nicht auf der Strecke zu bleiben?

Raus aus der Schockstarre

Als erstes müssen sie aus ihrer Schockstarre heraus. Ob Industrie 4.0, Digitalisierung des Mittelstandes, Industrial Internet oder auch Internet of Things - die Herausforderung, vor der die meisten kleinen und mittleren Unternehmen stehen, hat viele Namen. Und dennoch wissen viele gar nichts damit anzufangen. Und noch weniger wissen sie, wo sie anfangen sollen und warten deshalb erst einmal ab. Dabei kann dieser Veränderungsprozess existenzbedrohende Ausmaße annehmen, wenn man die Zeichen nicht rechtzeitig erkennt. Abwarten ist also keine Lösung. Im Gegenteil: Unternehmen sollten die Digitalisierung aktiv angehen. Sie müssen die Notwendigkeit der Veränderungen erkennen und die Herausforderung auf ihre strategische Agenda setzen. Denn nur, wenn das Thema als Prozess verstanden wird, können die betroffenen Unternehmensbereiche den Weg hin zur Digitalisierung gehen.

Sinnvoll planen statt Aktionismus

Wie auf die Veränderungen reagiert wird, ist in jedem Einzelfall unterschieden. Deshalb ist es sinnvoll, einen Plan zu erstellen, an dem sich das Unternehmen abarbeiten kann. Meilensteine und Etappenziele festzulegen, hilft bei der Kontrolle, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist.

Wenn nötig, externe Hilfe einholen

Stellt man bei der Planerstellung fest, dass man die Expertise nicht im eigenen Unternehmen hat, ist es sinnvoll, sich Rat und Hilfe zu holen. Dies kann über externe Beratung geschehen, die den Veränderungsprozess einleitet, die Prozesse im Unternehmen implementiert und die Expertise im Unternehmen aufbaut, aber nur einen Teil des Weges mitgeht. Oder das Unternehmen stellt Personal mit dem entsprechenden Know-how ein und bindet so das Wissen langfristig.

Unterstützung des Managements sichern

Zusätzlich ist es wichtig, dass der Veränderungsprozess als Teil der Unternehmensführung verstanden wird. Nur wenn das Management den Willen zu Veränderungen mitträgt, können die notwendigen Ressourcen freigegeben und Entscheidungen getroffen werden.