Social Media und Recht

Wo IT-Chefs bei Social Media der Schuh drückt

25.10.2013
Von  und
Silvia Hänig ist Kommunikationsberaterin und Geschäftsführerin der iKOM in München.
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Monitoring der Mitarbeiter

Frage von Bernhard Thomas: Inwiefern darf ein Unternehmen seine Mitarbeiter (Dialoge und Content) auf einer internen sozialen Plattform "monitoren"?

Ulbricht: Datenschutzrechtlich ist die Zulässigkeit von Internet-Recherchen nach Personen umstritten. Die daraus resultierenden Unsicherheiten für Arbeitgeber hat auch der Gesetzgeber erkannt und wollte mit der Neuregelung zum Beschäftigten-Datenschutz Klärung schaffen. Doch das Vorhaben wurde wieder von der Tagesordnung genommen und liegt vorerst auf Eis.

Nichtsdestoweniger ist zu fragen, was in datenschutzrechtlicher Hinsicht bei der Recherche über Bewerber und Beschäftigte im Internet zulässig ist. Denn bei einem Verstoß drohen neben aufsichtsrechtlichen Sanktionen auch Schadensersatzansprüche der Betroffenen und Schaden für die Unternehmensreputation. Im Hinblick auf die Compliance des Unternehemens empfiehlt unsere Kanzlei mittleren und größeren Betrieben, die Personalabteilung zu sensibilisieren und ihnen verständliche Richtlinien an die Hand zu geben, um rechtskonform nach Bewerbern und Mitarbeitern zu "suchen".

Informieren und sensibilisieren

Dass eine Internet-Recherche über Bewerber und Mitarbeiter nur eingeschränkt zulässig ist, ist vielen Mitarbeitern der Personalabteilungen überhaupt noch nicht bekannt. Paragraf 32 Absatz 1 BDSG erlaubt eine Datenverarbeitung, wenn sie für die Entscheidung über Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich und insgesamt verhältnismäßig ist. Paragraf 28 Absatz 1 Nr. 3 BDSG hingegen ermächtigt die Unternehmen (unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses) ausdrücklich dazu, "allgemein zugängliche" Daten zu erheben, falls nicht die "überwiegenden Interessen" des Betroffenen gegen diese Maßnahme sprechen.

Nur zulässige Medien nutzen

Wo im Internet recherchiert werden darf, richtet sich danach, was unter dem Begriff "allgemein zugängliche Daten" zu verstehen ist. Anerkanntermaßen sind hiervon auf jeden Fall solche Informationen erfasst, die über Suchmaschinen zugänglich sind.

Schwieriger gestaltet sich hingegen die Frage, ob eigentlich alle Daten in sozialen Netzwerken "allgemein zugänglich" sind. Wahr ist das sicher für Informationen, die auch ohne Anmeldung abrufbar sind.

Umstritten ist hingegen, ob darunter auch solche Daten fallen, die erst nach Anmeldung verfügbar sind. In dieser Frage wird zum Teil zwischen berufs- und freizeitorientierten Netzwerken unterschieden. Dass die Recherche in berufsorientierten Netzwerken wie Linkedin und Xing zulässig sein soll, leuchtet ein, hat hier der Arbeitnehmer die Informationen doch gerade für mögliche künftige Arbeitgeber bereitgestellt.

Was die Recherche in freizeitorientierten sozialen Netzwerken betrifft, besteht Einigkeit nur insoweit, als Daten, die gezielt für einen eingeschränkten Kreis von "Freunden" bereitgestellt wurden, nicht allgemein zugänglich sind. Sind sie aber innerhalb eines Netzwerks ohne Weiteres einsehbar, wird es sich kaum um einen geschützten Bereich handeln. Die Anmeldung ist ja problemlos für jeden möglich. Einige bestreiten das allerdings und betonen, dass sämtliche Daten in einem freizeitorientierten sozialen Netzwerk nur für private Zwecke zur Verfügung stünden. Da eine klarstellende Regelung durch den Gesetzgeber nicht absehbar ist, empfiehlt es sich, die Recherche über Bewerber und Beschäftigte auf das unproblematisch Zulässige zu beschränken.

Nutzungsbedingungen beachten

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen mancher sozialer Netzwerke findet sich ein Verbot, die gespeicherten Informationen für die Personaldatenerhebung durch Arbeitgeber zu verwerten (zum Beispiel in den AGB von StudiVZ). In diesem Fall ist auch eine gezielte Recherche über Bewerber und Mitarbeiter unzulässig.

Transparenz schaffen

Es empfiehlt sich, auf geplante Recherchen und die diesbezügliche Praxis im Unternehmen hinzuweisen (zum Beispiel in der Stellenausschreibung, der Eingangsbestätigung oder dem Bewerbungsgespräch). Über entsprechende Abläufe an geeigneter Stelle kann auch eine Einwilligung zur Recherche bei Xing, Facebook & Co. eingeholt werden. Diese Vorgehensweise erzeugt Transparenz und ermöglicht es, Missverständnisse und Fehlurteile zu verhindern.

Das Privatleben außen vor lassen

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht berechtigt, die privaten Aktivitäten seiner Arbeitnehmer im Internet zu überwachen. Er hat jedoch ein berechtigtes Interesse daran, sicherzustellen, dass weder unsachgemäße Kritik über den Arbeitgeber noch Firmengeheimnisse verbreitet werden.

Als zulässig wird deshalb die Suche nach Informationen über das eigene Unternehmen erachtet. Stößt der Arbeitgeber dabei auf Schmähkritik, Whistleblowing oder den Verrat von Geschäftsgeheimnissen durch einen Arbeitnehmer, darf er diese Informationen auch speichern und weiterverarbeiten. Denn sie sind für das Arbeitsverhältnis von Belang. Aber bei einer umfassenden und gezielten Recherche über das Privatleben eines Arbeitnehmers werden vielfach dessen private Interessen im Vordergrund stehen. Deshalb ist ein solches Vorgehen im Allgemeinen datenschutzwidrig.

Notwendige Rücksichten nehmen

Persönliche Daten, beispielsweise solche über das Intimleben, die finanzielle Situation, Religion oder Rasse dürfen grundsätzlich nicht erhoben werden. Schon gar nicht dürfen solche Informationen in die Entscheidung über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses einfließen. Gerade was Äußerungen in sozialen Netzwerken betrifft, gilt es, Privatsphäre und Meinungsfreiheit zu berücksichtigen. Eine Erhebung ist hier wegen überwiegender Interessen der Arbeitnehmer unzulässig.

Keine unlauteren Abwerbungen

Neben dem Datenschutz- ist auch das Wettbewerbsrecht zu beachten. Das Abwerben fremder Mitarbeiter ist grundsätzlich auch im Internet zulässig. Allerdings kann der Versuch, einen Mitarbeiter abzuwerben, wettbewerbswidrig sein, wenn damit ein verwerflicher Zweck verfolgt beziehungsweise verwerfliche Mittel oder Methoden eingesetzt werden.

Frage von Bernhard Thomas: Welchen Anspruch hat ein Mitarbeiter eigentlich auf Anonymisierung seiner - internen - Social-Media-Beiträge?

Ulbricht: Jede Erhebung, Speicherung oder Verarbeitung von personenbezogenen Daten muss rechtskonform sein. Entweder der Mitarbeiter hat zugestimmt, oder die Datenverarbeitung kann über Paragraf 32 BDSG legitimiert werden. Erscheint tatsächlich eine anonymisierte Verarbeitung als ausreichend, wird der Mitarbeiter auch eine Anonymisierung verlangen können. In anderen Fällen hat er jedoch keinen Anspruch auf Anonymisierung.