Standortdaten im Unternehmen

Wo der Schatz verborgen liegt

08.10.2019
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Burkhard Heihoff ist Geschäftsführer von Pitney Bowes und Vertriebsdirektor. Er verantwortet das Geschäft der Pitney Bowes Deutschland GmbH und den gesamten Vertrieb der Postbearbeitungs- und Versandlösungen in Mitteleuropa. Vor seinem Einstieg bei Pitney Bowes verantwortete Herr Heihoff als Country Manager D/A/CH das B2B Geschäft von Panasonic und war in verschiedenen Managementpositionen für Canon tätig.
Adressen sind viel mehr als nur Name, Straße und Ort. Es wird Zeit, das wahre Potenzial von Standortdaten auszuschöpfen.
Manchmal reicht es nicht, einen genauen Standort zu kennen. Der digitale Schatzsucher von heute wägt sorgfältig ab, wo es sich zu graben lohnt.
Manchmal reicht es nicht, einen genauen Standort zu kennen. Der digitale Schatzsucher von heute wägt sorgfältig ab, wo es sich zu graben lohnt.
Foto: Insanet - shutterstock.com

Während früher eine Adresse hauptsächlich ein analoger Orientierungspunkt war - bestenfalls auf einer Landkarte aus Papier - sieht das heute völlig anders aus. Bewusst nutzt der digitale Erwachsene von heute eine Adresse in erster Linie dazu, um sie in sein Navigationsgerät einzutragen. Dann kommt er meistens auch dort an, wo er hinmöchte.
Unbewusst aber nutzt jeder von uns täglich Adressen viel häufiger als das. Denn Standortdaten haben unsere Gesellschaft mittlerweile vollständig durchdrungen.

Dazu muss man sich eines bewusst machen: Alles hat einen Standort, alles hat eine Adresse - digital wie analog. Unsere analoge Adresse verankert uns zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort, in einer bestimmten Kultur und bietet uns - im besten Falle - einen Sinn für Heimat.
Parallel dazu verknüpfen uns digitale Adressen wie die E-Mail- oder IP-Adresse, aber auch die Nummer unserer Mobiltelefone sowie die Benutzernamen in sozialen Netzwerken, mit unseren Verhaltensweisen, unseren Transaktionen, Reaktionen und Interaktionen. Sie ermöglichen den Kommunikationsfluss in Echtzeit. Wohin wir auch gehen, nehmen wir diese Adressen mit, als Teil unserer persönlichen Identität.

Unternehmen erkennen den Wert von Adressen

In der Vergangenheit haben Unternehmen häufig den Wert von Adressen unterschätzt. Dadurch fehlten ihnen die Technologien, Werkzeuge und Plattformen, um den Überblick über die physischen und digitalen Bewegungen ihrer Kunden zu behalten. Veraltete, ungenau oder falsch angegebene Adressen sind sowohl bei E-Mails als auch beim Postversand ein gängiges Problem. Eine Studie der Deutschen Post Direkt zeigt etwa, dass im Durchschnitt 16,4 Prozent der Kundenadressen veraltet oder falsch sind. Dieses Problem kann allerdings die Kundenbeziehungen nachhaltig schädigen, die Glaubwürdigkeit beeinflussen und sogar behördliche Strafen nach sich ziehen - gerade im Hinblick auf die DSGVO.

Lesetipp: Datenschutzgrundverordnung - Wo die Abmahnung droht

Heute erkennen Unternehmen den Wert akkurater Daten jedoch zunehmend, was sich direkt auf die Umsätze auswirken kann, wie eine RingLead-Studie zeigt: "Alleine auf Basis ihrer Datenqualität kann ein starkes Unternehmen bis zu 70 Prozent mehr Umsatz erzielen als ein durchschnittliches Unternehmen." Doch die Vorteile erstrecken sich über den reinen Umsatz hinaus auf den Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen. Diese erleichtern einem Unternehmen wiederum die Planung und helfen so, dessen Zukunft zu sichern.

Die Vorteile des Umdenkens

Heutzutage gibt es technisch fortgeschrittene Softwareplattformen, Datenmarktplätze und Tools für das Customer Information Management. Für Unternehmen bedeutet das: Sie können aus der Adresse einen Bezug zu dem Kunden herstellen, der dahintersteckt.
Die folgenden fünf Vorteile zeigen, wie Unternehmen Standortdaten gewinnbringend einsetzen können.

1. Kundenbeziehung stärken

Eine akkurate Zuordnung von Adressen bietet Unternehmen eine einmalige Methode zur Identifikation von Kunden - und damit die Chance, kanalübergreifend hochpersonalisierte Kundenerfahrungen zu schaffen. Davon können beide Seiten profitieren, denn laut einer aktuellen Uniserv-Studie ist fast die Hälfte der Unternehmen mit der Qualität seiner Kundendaten unzufrieden und bewertet sie "niedrig" oder "sehr niedrig". Menschliche Fehler sind dabei laut Statista mit Abstand die größte Fehlerquelle, etwa durch Tippfehler, falsche Eingaben oder doppelte Einträge. Datenaktualisierungen automatisieren zu können, ist daher für Unternehmen von entscheidender Bedeutung.

2. Kosten senken

Wie genau können Unternehmen aber mit akkuraten Daten Kosten senken? In diesem Kontext hilft ein Blick auf die 1:10:10-Regel, die besagt: Die korrekte Eingabe einer Adresse kostet 1 Euro. Wenn diese erst nachgelagert berichtig wird, sind es 10 Euro. Und 100 Euro kostet es, wenn der Fehler bestehen bleibt. Da nun die DSGVO bei Missachtung der Verordnung Strafen vorsieht, wird der "100 Euro"-Faktor voraussichtlich in die Höhe schießen.

Davon abgesehen entstehen auch durch den Versand von Marketingmaterial an doppelte Adressen unnötige Kosten. In einer Datenbank können etwa unter einer Anschrift zwei Personen mit unterschiedlichem Nachnamen aufgeführt sein. Mit genauen Adressdaten kann nun geprüft werden, ob diese zwei Personen möglicherweise zusammenwohnen - oder ob es sich sogar um ein und dieselbe Person handelt.

3. Daten geocodieren

Nun müssen wir über "geocodieren" reden. Was genau bedeutet der Begriff?
Geocodieren ist ein Vorgang, mit dem man aus Adressdaten die Position auf einer Karte berechnen kann. Diese Strategie ist nicht alleine Datenwissenschaftlern vorbehalten. Sie eröffnet Unternehmen jeglicher Art neue Möglichkeiten - etwa das Erstellen und interne Teilen leicht verständlicher grafischer Informationsmaterialien auf akkurater Datengrundlage. Unser Gehirn kann Bilder wesentlich schneller verarbeiten als Text, daher können übersichtliche Karten Mitarbeitern schlagkräftige Argumente liefern.

Man kann jedoch nicht nur geocodieren, sondern auch die Adressdatenbank mit Geodaten anreichern, also um Informationen über Verhaltensweisen und Lebensstil der Bewohner einer bestimmten Region ergänzen. Will eine Handelskette etwa eine neue Filiale öffnen, kann sie so vorab die Demographie der Gegend untersuchen. Wer mehr über eine Adresse versteht, kann genauere Modelle erstellen und auf der Basis exakter Vorhersagen fundierte Entscheidungen treffen.

4. Ins Ausland expandieren

Die Struktur von ausländischen Adressen zu verstehen, kann komplex sein. Und wie kann man neue Wachstumsregionen angehen, wenn man mit seinen Kunden und potenziellen Neukunden nicht kommunizieren kann? Wird in diesem Land der Vor- oder Nachname als erstes angegeben?
Eine falsch strukturierte Adresse steigert die Wahrscheinlichkeit, dass ein Brief oder ein Paket nicht ankommt - und die so verursachten Kosten wirken sich negativ auf die Bilanz aus. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre versendeten Poststücke an die richtige Person geliefert werden, zur richtigen Zeit und an den richtigen Ort. Technische Lösungen können automatisiert die Standardisierung und Validierung von Adressdaten übernehmen.

5. Das Kundenerlebnis verbessern

Einige Händler bieten ihren Kunden heute eine voll integrierte Einkaufserfahrung über alle Kanäle hinweg. Man kann ihre Website über ein beliebiges Mobilgerät abrufen; sie verbinden sich dann mit den digitalen Adressen sodass man auf seinen Warenkorb und seine Suchhistorie zugreifen kann - wo auch immer man sich befindet.

Sie können vorschlagen, die Waren an die nächstgelegene Filiale zu liefern, um sie dort an einer "Click & Collect"-Station abzuholen. Das erleichtert dem Kunden das Einkaufen, funktioniert jedoch nur, wenn die Händler dessen physische und digitale Ankerpunkte kennen.

Wir sollten Adressen nicht mehr als alleinstehende Datenpunkte betrachten: Sie sind der Kern eines Ökosystems mit hunderten und tausenden unterschiedlichen Datenpunkten. Wenn man die miteinander verknüpft, gewinnen beide Seiten: Unternehmen und Konsumenten.