Stellschrauben der Digitalisierung

Wo CIOs daneben liegen

28.03.2016
Von 
Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Im Vergleich zu anderen Top-Entscheidern unterschätzen IT-Chefs die Bedeutung des Endverbrauchers für ihr Unternehmen. Das erklärt zumindest IBM in einer weltweiten Studie.
  • CxOs schreiben Endkunden den größten Einfluss auf das Unternehmen zu, CIOs sehen sie erst an fünfter Stelle
  • Progressive CIOs lassen ihre Mitarbeiter zeitweise als Projekt-Manager oder Business-Analysten arbeiten
  • CIOs halten das Security-Bewusstsein für zu gering
CIOs haben auf Manches eine eigene Sicht.
CIOs haben auf Manches eine eigene Sicht.
Foto: AXA

Wo sehen CIOs und Entscheider aus anderen Bereichen die Stellschrauben für die Digitalisierung - diese Frage untersucht IBM in dem Papier "Redefining connections - Insights from the global C-Suite-Study/the CIO perspective". Insgesamt haben sich mehr als 5.200 Entscheider daran beteiligt, davon über 1.800 CIOs. Die Analyse zeigt, wie stark die Einschätzungen teilweise voneinander abweichen.

So sollten die Befragten externe Faktoren nennen, an denen sich das Unternehmen auf dem Weg in die Digitalisierung orientiert. Die Nicht-ITler, in der Studie als CxOs zusammengefasst, setzen das Feedback der Unternehmenskunden auf Rang Eins. Das entspricht 54 Prozent der Nennungen. Von den CIOs gibt aber nur gut jeder Dritte (36 Prozent) die Endverbraucher an. Damit stehen diese nur auf dem fünften Rang. Wichtiger sind IT-Entscheidern externe Thought Leader, Marktforscher, Wettbewerber und Repräsentanten benachbarter Branchen.

Die genannten Faktoren kommen auch bei den CxOs zum Tragen, aber eben erst nach dem Feedback der Kunden. Weitgehend einig sind sich alle Befragten darin, Blogs und Social Media Sites sowie herkömmliche Medien auf die letzten Ränge zu setzen.

Eine Diskrepanz zeigt sich auch beim Thema IT-Sicherheit. Insgesamt 76 Prozent der CIOs nennen das als Priorität. Unter den CxOs sind es 67 Prozent. Einer der befragten IT-Entscheider äußerte seine deutliche Frustration über mangelndes Sicherheitsbewusstsein des Business.

IBM attestiert CIOs Kurzsichtigkeit. Das bezieht sich auf die Frage nach den einflussreichsten Technologien. Die ITler nennen Mobile Lösungen (71 Prozent), Cloud (66 Prozent) und Internet of Things (61 Prozent). An dieser Stelle merken die Studienautoren an, dass alle diese Errungenschaften schon einige Jahre lang verfügbar sind.

Zukunftsweisendes wie Cognitive Computing kommt bei den CIOs nur auf 40 Prozent der Stimmen. Mit 36 Prozent zeigen auch die CxOs ein gewisses Interesse. Immerhin zehn Prozent der CxOs nennen Mensch-Maschine-Hybriden, jedoch nur fünf Prozent der IT-Chefs. IBM appelliert an CIOs, den Blick über den Tellerrand zu richten.

Was geplante Investitionen betrifft, so schreiben sich CIOs Advanced Analytics, Cloud Computing und Sicherheit/Risiko-Management ganz oben auf die Liste. IBM deutet den hohen Stellenwert von Advanced/predictive Analytics als Zeichen dafür, dass der Wert der Daten erkannt ist. "Insight and intelligence" nennen die IT-Chefs denn auch als wichtigste strategische Priorität, ebenso Digitalisierung des Front Office und das Entwickeln der nötigen Skills.

In 40 Prozent der Unternehmen fehlen Data-Spezialisten

Stichwort Skills: Dort sehen die CIOs Engpässe. Die Studienautoren berufen sich auf weitere IBM-Studien, denen zufolge 40 Prozent der Unternehmen bereits jetzt nicht genügend Daten-Architekten und -Ingenieure im Hause haben. In dieser C-Suite-Study erklären 45 Prozent der Befragten, den Mangel an Skills durch die Zusammenarbeit mit externen Beratern oder Spezialisten lösen zu wollen. Drei Viertel würden gern neue Mitarbeiter einstellen.

In puncto Zusammenwachsen von IT und Business gehen besonders progressive CIOs einen eigenen Weg, berichten die Studienautoren. Sie installieren ein Rotationsprinzip in ihren Teams. IT-Mitarbeiter sollen zeitweise als Projekt-Manager oder als Business-Analyst arbeiten.

Ziel dessen ist nicht nur das Entwickeln von Business-Verständnis, sondern auch der Ausbau von Soft Skills wie etwa Beziehungsfähigkeit. Diese Vorzeige-CIOs hätten verstanden, dass der IT-Chef der Zukunft "Beziehungen ebenso managen kann wie Systeme". Allerdings bescheinigt IBM nur ganzen vier Prozent der befragten IT-Entscheider, zu diesen progressiven CIOs zu zählen.

Christian Kirschniak, Business Analytics & Strategy Leader, IBM Global Business Services Europe, kommentiert die Studienergebnisse so: "Die meisten CIOs haben, das ist jedenfalls mein Eindruck, die Zeichen der Zeit erkannt. Das Interesse ist da, das haben wir auch gerade wieder auf der CeBITerlebt." Es gehe aber beim Thema Industrie 4.0 nicht nur um Technologie, sondern um eine Transformation der Geschäftsprozesse. "Hier ist nicht nur der CIO gefragt, sondern auch der CEO, um die Veränderung im gesamten Unternehmen voranzutreiben", sagt Kirschniak.