IT in Banken/Kommentar

Wo bleibt der Human Touch?

19.11.1998

Strikte Diskretion, Liebenswürdigkeit und Beratungskompetenz sind traditionelle Tugenden der Banken; ein besseres Kundenbindungsprogramm gibt es nicht, wenn die übrigen Konditionen stimmen.

Daran hat sich wenig geändert. Freilich verbirgt sich hinter dieser simplen Alltagsanforderung inzwischen ein äußerst komplexes Regelwerk von Geschäftsbeziehungen sowie internen und externen Dienstleistungen, deren "Liebenswürdigkeit" sich immer häufiger in "benutzerfreundlicher" Informationstechnik ausdrückt. Ob Geldausgabeautomat, Kontoauszugsdrucker oder Online-Banking und Call-Center, diese Angebote haben hierzulande die Akzeptanz der Kunden erstaunlich leicht gefunden und die Filialisierung, ein Hauptkostenfaktor der 80er Jahre, in Schranken halten können.

Mit Abwanderungstendenzen indes scheinen solche Kunden zu reagieren, denen ausschließlich eine technische Schnittstelle zugemutet wird, auch wenn sie sich zunächst einmal dafür begeistern konnten. Offenbar führt ein Zuviel an Selbstbedienung und routinierter Call-Center-Abfertigung dazu, daß die in Sachen Geld unabdingbare Vertrauensbasis verlorengeht.

Direktbanken, die wohl über ein Höchstmaß an IT-Infrastrukur, Kundenkontakt-Management, flexibler Produktgenerierung etc. verfügen, sind in Deutschland nicht die High Flyer geworden, auf die ihre Anfangserfolge hoffen ließen. Zwar hatte es mit dem Marketing - für Finanzdienstleister schließlich kein Neuland - hervorragend geklappt, doch konnte der Vertrieb die kritische Masse von Neu- kunden mit lohnenden Umsatzvolumina nicht generieren. Hier dürfte auch die häufig fehlende IT-Verknüpfung zwischen elektronischem Vertrieb und internen Geschäftsprozessen eine große Rolle gespielt haben - neben dem Mangel an Human Touch.