Workflows

Wissensfluss macht produktiver

18.01.2015
Von  und


Wolfgang Miedl arbeitet Autor und Berater mit Schwerpunkt IT und Business. Daneben publiziert er auf der Website Sharepoint360.de regelmäßig rund um Microsoft SharePoint, Office und Social Collaboration.
Silvia Hänig ist Kommunikationsberaterin und Geschäftsführerin der iKOM in München.

Verkrustete Softwarelandschaften

Während Experten für Wissensarbeit die Ursachen für die Produktivitätshemmnisse vor allem in falsch gesetzten Prioritäten und ungeeigneten Unternehmenskulturen sehen, orten Spezialisten für Business-IT-Systeme die Probleme an anderen Stellen. So seien auch verkrustete Softwarelandschaften daran schuld, dass sich bisher keine produktiveren Formen der Zusammenarbeit etablieren konnten, sagt Andreas Stiehler vom Analystenhaus PAC: "Mit omnipräsenten ERP-Anwendungen auf der einen und etablierten Kommunikationsplattformen auf der anderen Seite haben sich Unternehmen große Inseln aufgebaut, die nicht die Bedürfnisse für moderne Wissensarbeit befriedigen konnten."

Klassische Geschäftsanwendungen sind für spezielle Aufgaben wie Warenwirtschaft, Unternehmensplanung oder Lieferketten-Management ausgelegt. Was ihnen jedoch fehlt, sind Möglichkeiten zur Verknüpfung formaler Prozessschritte mit informellen Aufgaben.

Lange setzten die IT-Anbieter auf herkömmliche Methoden des Business-Process-Managements (BPM), um Sachbearbeitern und Knowledge-Workern einen strukturierten Ablaufrahmen für die Bearbeitung von Geschäftsprozessen außerhalb der monolithischen ERP-Systeme zu liefern. Doch bei komplexen Prozessen mit großem Kommunikationsanteil und nicht vorhersehbaren Arbeitsschritten kamen auch solche Metaapplikationen mit ihrer starren Formularorientierung schnell an ihre Grenzen. Neue Impulse gab hier der Social-Collaboration-Boom der letzten Jahre, der inzwischen ganz neue Produktentwicklungen im Geschäftsprozess- und Aufgaben-Management anzustoßen vermochte. So existieren insbesondere im Prozess-Management ganzheitliche Lösungen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie eine zusätzliche Integrationsschicht über die etablierten Prozessschichten legen. Laut PAC-Mann Stiehler geschieht dies üblicherweise in Form einer Portalplattform, die sich in aller Regel aus folgenden drei Ebenen zusammensetzt:

  • Dem User Interface, das auf Rolle und Bedarf der Mitarbeiter zugeschnitten ist;

  • der Business(-Prozess)-Logik, die an den Bedarf des Unternehmens angepasst wird und unabhängig von der klassischen Prozessanwendung läuft;

  • Datenbank und Business Intelligence, die die Sammlung, Aufbereitung und Analyse aller verfügbaren Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen ermöglichen.

Mit der Entwicklung derartiger Softwareplattformen gewinnt Wissensarbeit weiter an Bedeutung, gibt sich Comindware-Chef Heptner überzeugt: "Früher galt Wissensarbeit als unstrukturiert, schwer steuerbar und ihr Beitrag für das Business als schwer greifbar. Die heutigen Tools machen auch kommunikations- und wissens-lastige Prozesse handhabbar und messbar. Sie bilden daher für den Erfolg wissensorientierter Geschäftsmodelle ein zentrales Werkzeug."

BPM-Alternativen: Prozess-Management in der Ära der Wissensarbeit

Viele Unternehmen setzten bei der Optimierung von Geschäftsprozessen auf klassisches Business-Process- Management (BPM). Derartige Tools verlieren aber an Bedeutung in einer sich wandelnden Arbeitswelt, in der Produktionsarbeitsplätze weniger werden und Wissensarbeit zunimmt. An ihre Stelle treten agilere Workflow-und Prozessplattformen, die Forrester Analyst Craig Le Clair wie folgt charakterisiert:

  • Flachere Hierarchien und eine Zunahme unstrukturierter Arbeitsmuster: BPM-Prozessmodelle basieren auf hierarchisch organisierten Management-Modellen. Für eine veränderte Arbeitswelt mit flachen Organisationen eignen sich Social-Collaboration-Tools besser. Sie ermöglichen eine unstrukturierte Peer-to-Peer-Kommunikation, die Aufgaben und Informationen in den Prozesskontext stellt.

  • Bessere Kontrolle der Prozesse und Auditierbarkeit: Traditionelles BPM mit starr strukturierten Eingabemasken und Formularen passt nicht zu komplexeren Aufgaben. Sobald Ausnahmen vom Standardablauf auftreten, müssen Mitarbeiter auf inoffizielle Mittel wie E-Mails, Notizen, Excel-Arbeitsmappen und Telefonate ausweichen. Neuere Ansätze zur Workflow- und Prozessautomatisierung ermöglichen durchgängigen digitalen Zugriff auf alle mit dem Prozess verknüpften Dokumente.

  • Flexibilität, um Ungewissheiten zu managen: Anders als in BPM-Prozessen bieten Tools für adaptives Workflow- und Prozess-Management den Anwendern mehr interaktive Möglichkeiten. Ihre Stärke besteht darin, mit Ungewissheiten im Rahmen eines kontrollierten Prozesses umzugehen. Unternehmen lernen so besser, mit Unvorhersehbarem umzugehen, statt zu versuchen, es zu eliminieren.