Wirtschaftsinformatikschule Schweiz (WISS): Millionen für die Informatikerausbildung

26.11.1982

BERN (sg) - Mit einer unlängst abgehaltenen Pressekonferenz Informierte der Direktor des Bundesamtes für Konjunkturfragen, Dr. W. Jukker, über die Wirtschaftsinformatikschule Schweiz (WISS), die jetzt in ihre Realisierungsphase eingetreten ist. Durch Abschluß eines Vertrages verpflichtet sich der Bund, dem Verein "Wirtschaftsinformatikschule Schweiz" Bundesbeiträge von (höchstens) 12,5 Millionen Franken zu gewähren. Der Verein übernimmt seinerseits die Verpflichtung, die in der Botschaft zum zweiten, sogenannten Impulsprogramm skizzierten Kurse über Wirtschaftsinformatik durchzuführen.

Der Verein hat sich für diese Aufgabe die Mitarbeit des Schweizerischen Instituts für Betriebsökonomie und höhere kaufmännische Bildung (SIB) in Zürich und des Groupement Romand de l'Informatique (GRI) gesichert. Diese werden unter seiner Oberleitung die Kurse durchfuhren. Später notwendig werdende Änderungen des Schulungsprogramms bedürfen der Zustimmung des Bundes. Als bundesseitige Durchführungsinstanz zur Abwicklung des Vertrages hat der Bundesrat das Bundesamt für Konjunkturfragen bezeichnet. Dieses muß dafür sorgen, daß die Bundesbeiträge nach Maßgabe der betrieblichen Bedürfnisse verwendet werden.

Es fehlen Projektleiter

Die Unterzeichnung dieses Vertrages ist der Beginn des Teilabschnittes "Wirtschaftsinformatik" des zweiten sogenannten Impulsprogrammes. Die Gründe, welche den Bund zu dieser wachstums- und konjunkturpolitischen Förderungsmaßnahme bewogen haben, sind darin zu sehen, daß die im Lauf der letzten Jahre erreichte Leistungssteigerung respektive Verbilligung von Computern praktisch jedem Unternehmen die Nutzung eines Computers erlaubt. Damit scheint die Abhängigkeit von Rechenzentren mit Großanlagen geringer zu werden.

Die von der Hardwareseite her möglich gewordene Dezentralisierung kann jedoch nur praktiziert werden, wenn die Unternehmungen über das dazu notwendige Betriebspersonal verfügen. Gegenwärtig besteht jedoch ein ausgeprägter Mangel insbesondere an Personal, das für leitende Funktionen geeignet ist, zum Beispiel mit einer auf Projektleiterfunktionen vorbereitenden Ausbildung.

Dieses Defizit verzögert einen effizienten Einsatz der heute lieferbaren und der in den nächsten Jahren auf den Markt gelangenden Gerätetypen und Betriebssysteme. Erschwert werden damit der strukturelle Anpassungsprozeß und Angebotsverbesserungen, die zur Überwindung, auch konjunktureller Schwächen, beitragen könnten. Mit Hilfe der WISS soll versucht werden, diese personalseitige Wachstumshürde schrittweise abzubauen.

Die Wirtschaftsinformatikschule Schweiz geht daher den Personalengpaß, der in der Schweiz im Bereich der Wirtschaftsinformatik besteht, am kritischsten Punkt an: Sie will Projektleiter ausbilden. In der Projektleitung werden zwei Arten von Vorkenntnissen und Erfahrungen benötigt, neben Informatikkenntnissen auch Vertrautheit mit der Anwendung. Daher erwartet die Schule zwei Arten von Kandidaten. Zum einen EDV-Analytiker-Programmierer, welche einige Jahre Praxis aufweisen und nun für eine Projektleiterausbildung in Frage kommen, sowie jüngere Kaderleute aus den Anwendungsbereichen, welche sich mit der Computereinführung in ihrem Bereich befassen müssen.

Entsprechend ist die Wirtschaftsinformatikschule Schweiz aufgebaut. Sie beginnt mit einem Vorkurs in Programmieren von vier Wochen, welcher für "lnformatik-Laien" einen Einstieg in die Informatik vermittelt. Der Hauptkurs von zwölf Wochen behandelt moderne Informatikmethoden, einschließlich Datenbanken und Datennetzwerken, vor allem aber die Grundsätze der Projektentwicklung und -leitung. Absolventen der Wirtschaftsinformatikschule Schweiz sollen in Projektleitungen kompetent mitarbeiten können. Selbstverständlich braucht es für eine selbständige Tätigkeit als Projektleiter noch zusätzliche Erfahrung.

Die Einführung der Wirtschaftsinformatik mit modernen Geräten und automatischen Verfahren bedeutet somit einerseits Leistungsverbesserung beziehungsweise Erhöhung der Produktivität im Büro, andererseits aber Umstellung und insbesondere einen bedeutenden Vorbereitungsaufwand, zum Beispiel in der Projektentwicklung, wofür wiederum Personal, und zwar qualifiziertes, benötigt wird. Die kaufmännische Bürotätigkeit wird damit von der Informatik ohne Zweifel in den nächsten Jahren stark betroffen, aber auch gefördert. Daß dies ohne Schaden für die Mitarbeiter möglich wird, hängt wesentlich von deren Bereitschaft ab, sich auf Änderungen positiv einzustellen, daneben aber auch davon, ob die Umstellungen mit Blick auf Anwendung und Betroffene kompetent durchgeführt werden.

Der Trägerverein "Wirtschaftsinformatikschule Schweiz" beabsichtigt nicht, eigene Ausbildungsstätten aufzubauen. Er will sich vorhandener Infrastrukturen bedienen. Nach einläßlichen Diskussionen sind die Vorentscheide gefällt worden, diese Schulungsaufgaben für die deutsche Schweiz an das Schweizerische Institut für Betriebsökonomie und höhere kaufmännische Bildung (SIB), Zürich, und für die welsche Schweiz dem Groupement Romand de l'Informatique zu übertragen. Der Trägerverein ist dem Bund gegenüber verantwortlich für die einwandfreie Ausbildung, für die Einhaltung der Konzepte und Stoffprogramme, für die Koordination der Schule in der deutschen und welschen Schweiz.

Im Vertrag mit der Eidgenossenschaft sind die Bundesbeiträge auf höchstens sechs Betriebsjahre beschränkt. Die Statuten des Trägervereins sind aber flexibel genug, um die Weiterführung dieser Ausbildung zu gewährleisten, wenn sich nach dieser Impulsperiode eine ständige Nachfrage zeigen sollte und die finanziellen Mittel dazu aufgebracht werden können.

Jede der beiden Schulen wird von einem Direktor betreut. Was die Programme anbelangt, wird er durch eine Gruppe von Informatikfachleuten unterstützt. Jeder der beiden Schulen ist eine vier- bis zehnköpfige Aufsichtskommission zugeordnet, deren Hauptaufgabe in der Überwachung der Kursprogramme und der zielkonformen Mittelverwendung liegt. Die vier Gründungsmitglieder sind von Rechts wegen in diesen Kommissionen vertreten, während die anderen Mitglieder den interessierten Kreisen und betroffenen Regionen entsprechend ausgewählt werden.

Eine enge Zusanunenarbeit zwischen den beiden Schulen soll einen rationellen Einsatz der Mittel und die Einheit des Lehrstoffes gewährleisten. Vorläufig sind jährlich acht Kurse in der deutschen Schweiz und deren vier in der welschen Schweiz vorgesehen, wobei sich die Anzahl der Kurse selbstverständlich je nach Teilnehmerzahl ändern kann.

Im gegenwärtigen Stand der Vorbereitungsarbeiten kann bereits damit gerechnet werden, daß die ersten Kurse in Lausanne wie in Zürich im kommenden Frühling stattfinden werden. Der Lehrkörper wird sich vorwiegend aus erfahrenen Praktikern zusammensetzen, die in der Lage sind, gesicherte theoretische Kenntnisse zu vermitteln und praktische Beispiele und Übungen durch zuführen.

Start im Frühling

Für jedes Fach erhalten die Teilnehmer Kursunterlagen über den Unterrichtsstoff sowie eine Bibliographie der einschlägigen Literatur. Diese Kursunterlagen sollen im übrigen auch außerhalb der Schulen verbreitet werden. Selbstverständlich sollen zahlreiche praktische Probleme in Teamarbeit behandelt werden, wobei die Teilnehmer über die notwendige Hardware und Software verfügen können sollen.

Die Schülerzahl pro Klasse wird zwischen zwölf und zwanzig Personen betragen, was eine aktive Mitarbeit und eine sorgfältige Betreuung eines jeden Schülers gewährleistet. Voraussichtlich Anfang nächsten Jahres werden nähere Angaben über das Kursprogramm, die Unterrichtsräume, die Kursdaten und -zeiten sowie die Teilnahmebedingungen vorhanden sein. Das Schulgeld wird im Vergleich zum angebotenen Unterrichtsstoff eher symbolischen Wert haben und wird etwa tausend Franken pro Teilnehmer betragen.

Informationen: Schweiz. Institut für Betriebsökonomie und höhere kaufmännische Bildung (SIB), CH 8000 Zürich, Tel.: 01/62 20 60.