Wirtschaftliche Datenübertragung:Halbe Kosten durch statistisches Multiplexen

09.12.1983

MÜNCHEN (pi) - Mehrfachausnutzung von Postleitungen gilt heute als eine der elegantesten Lösungen, hohe Leitungsgebühren drastisch zu senken. Multiplexen hat sich hierfür ausgezeichnet bewährt. Als Beweis kann die Vielfalt der auf dem Markt angebotenen Produkte gelten. Bei den angewandten Verfahren bestehen erhebliche Unterschiede: Frequenzmultiplexen, Zeitmultiplexen und statistisches Multiplexen. Im allgemeinen finden die statistischen Multiplexer aufgrund ihrer Effektivität die meiste Beachtung.

Statistisches Multiplexen kann als eine relativ neue Technologie angesehen werden. Die entsprechenden Geräte sind durch Verwendung von Mikroprozessoren intelligent und somit in der Lage, inaktive Terminals zu ignorieren, um ausschließlich aktive Terminals zu bedienen. Der Vorteil liegt in der vollen Ausnutzung der Bandbreite der Übertragungsleitung und der schnellen Übertragung anstehender Daten.

Neben der effektiven Datenübertragung sind noch weitere Vorteile zu nennen:

- Hoher Bedienungskomfort - die Geräte werden über die Frontplatte (Operator Panel) konfiguriert. Dabei wird das Gerät an der Gegenstelle automatisch durch sogenanntes "Down Line Loading" mitprogrammiert.

- Statistiken, wie zum Beispiel über Kanalauslastung, Übertragungswiederholung und ähnliche Informationen können an der Anzeige des Operator Panels abgerufen werden. Zusätzlich ist der Anschluß eines ASCII-Terminals (Supervisor) möglich. Damit wird die Überwachung beziehungsweise Konfiguration einer Multiplexerstrecke übersichtlicher und last but not least, die gesicherte Datenübertragung zwischen den beiden Multiplexern auf der Übertragungsleitung. Ein synchronisches Protokoll (X.25 Level II ähnlich) ermöglicht die praktisch fehlerfreie Datenübertragung mit Geschwindigkeiten bis 9600 bit/s, auch für asynchrone Endgeräte.

So gesehen, erwirbt der Anwender zusätzlich zur optimierten Datenübertragung gesicherte Datenübertragung und Netzwerküberwachungsfunktionen, die alles in allem die Verfügbarkeit des Netzwerkes erhöhen.

Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht, wann der Einsatz von Multiplexern sinnvoll ist:

Abbildung 2 zeigt Datenendgeräte in Stuttgart und Freiburg, die direkt mit dem Rechner in Frankfurt verbunden sind. Die monatlichen Gesamtkosten für Leitungsgebühren und Modems summieren sich bei dieser Punkt-zu-Punkt-Lösung auf 15 616 Mark. Mit einem statistischen Multiplexer läßt sich dieses Netz effektiver gestalten.

Die vier Leitungen (HfD) werden zusammengefaßt. Die Daten werden über eine DFÜ-Leitung mit 9600 bit/s von Frankfurt nach Stuttgart übertragen. In Stuttgart werden die einzelnen Kanäle aufgesplittet und den jeweiligen Datenendgeräten zugeführt. Die Datenendeinrichtung in Freiburg ist über eine Modemstrecke (HfD) an den Multiplexer in Stuttgart angeschlossen. Wie aus der Kostenrechnung zu ersehen ist, kostet diese Lösung noch 8181 Mark im Monat. Das ergibt eine monatliche Einsparung von 7435 Mark gegenüber der herkömmlichen Lösung.

Die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten statistischer Multiplexer werden in großer Anzahl in asynchronen und/oder synchronen Datennetzen bei Banken, Versicherungen, Industrieunternehmen, Universitäten, Bundes- und kommunalen Behörden genutzt.

Warum sich eine Kommunalverwaltung für den Einsatz von statistischen Multiplexern entschieden hat, erläutert Willi Beckert, Leiter der DV-Stelle in der Stadtverwaltung der Kreisstadt Ditzingen: "Der stetige Ausbau unserer EDV machte die Integration auch entfernter Verwaltungsbereiche notwendig. So wurden zum Beispiel fünf Remote-Bildschirme in der Stadtkämmerei, der Stadtkasse und dem Steueramt installiert. Aus Kostengründen waren wir gezwungen, alle fünf Bildschirme über eine Postleitung mit 9600 bit/s anzuschließen." Diese Tatsache führte dann zur Suche nach geeigneten Möglichkeiten der sinnvollen DÜ-Leitungsmehrfachnutzung: "Wir haben relativ rasch die technischen Einzelheiten geklärt. Die Installation und die Inbetriebnahme der Remotestrecke konnte innerhalb eines Tages abgeschlossen werden."

Zum Einsatz kam ein Omnimux 80, ein statistischer Multiplexer, den Racal-Milgo für Asynchron- und Synchronbetrieb konzipiert hat, der in dieser speziellen Ditzinger Anwendung jedoch rein asynchron betrieben wird.

DV-Leiter Willi Beckert sieht die Vorteile seiner Lösung so: "Besonders wichtig erscheint mir, daß dieser Multiplexer nicht nach dem sogenannten Zeitscheiben-Verfahren arbeitet. Jeder Bildschirm, der eine Meldung absetzen möchte kann dies sofort tun. Das Gerät hat einen internen Puffer-Speicher, und erst wenn dieser überzulaufen droht, drosselt das Gerät automatisch über die Zentraleinheit die Zufuhr der Daten."

Mit den bisher installierten Bildschirm-Arbeitsplätzen werden alle zentralen Verfahren wie Personalwesen, Finanzwesen, Einwohnerwesen, Wohngeld, Wasserabrechnung, Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen sowie die Kommunikation (Auskunft) mit dem zentralen Rechner in Stuttgart abgewickelt.

In den nächsten Jahren werden sich gerade für Großanwender neue Aspekte ergeben. Die Entwicklung der schnellen Datenübertragung, das Bereitstellen neuer Datenübertragungsdienste durch die Deutsche Bundespost, hier insbesondere die für 1984 zu erwartenden Direktrufverbindungen mit 64 Kbit/s und 1,92 Mbit/s, sind als auslösende Faktoren zu nennen.

Für die eingeführten Hersteller kommt diese Entwicklung nicht überraschend. So stehen für die Einführung der schnellen Datenübertragung (1984) Multiplexer mit Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 2048 Mbit/s zur Verfügung. Mit diesen Ultra-Breitband-Multiplexern ist neben der herkömmlichen Datenübertragung auch Sprach- und Videoübertragung möglich.

Mit ein wenig Phantasie kann man sich leicht vorstellen, welche Dimensionen die künftige Datenkommunikation erreichen kann, wenn auch noch einige Hürden überwunden werden müssen, denn zur Zeit ist die Übertragung von bewegten Bildern und Sprachen gemäß den Vorschriften der Deutschen Bundespost nicht erlaubt. Bleibt zu hoffen, daß entsprechende Änderungen dieser Vorschriften die neuen Dienste für breite Anwenderspektren attraktiver machen.