Aktie des Softwareherstellers im freien Fall

Wird Legato eine leichte Beute für EMC?

04.02.2000
MÜNCHEN (CW) - In der Speicherbranche kursieren Gerüchte, EMC könnte den angeschlagenen Softwarekonzern Legato Systems schlucken. Der Hersteller von Speicher-Management-Tools verlor innerhalb weniger Tage fast die Hälfte seines Marktwertes. Der Aktienkurs rutschte von gut 53 Dollar auf knapp unter 30 Dollar. Und zuletzt platzte auch noch die geplante Fusion mit Ontrack.

Legato steckt in Schwierigkeiten. Der in Palo Alto ansässige Softwarehersteller konnte die Erwartungen der Analysten für das vierte Quartal 1999 nicht erfüllen. Während man in Finanzkreisen mit einem Umsatz von etwa 90 Millionen Dollar und einem Gewinn je Aktie von 19 Cent gerechnet hatte, erzielte das Unternehmen lediglich Einnahmen von 70 Millionen Dollar und eine Ausschüttung pro Aktie von elf Cent.

Zusammen mit der Bekanntgabe der enttäuschenden Quartalsergebnisse musste Legato seine Ergebnisse für das dritte Quartal 1999 nach unten korrigieren. Stand bislang ein Umsatz von 71,7 Millionen Dollar zu Buche, korrigierten die Wirtschaftsprüfer diese Zahl auf 66 Millionen Dollar. Der Vorwurf: Legato hatte drei Aufträge, die eigentlich erst in den Büchern für das Jahr 2000 hätten auftauchen dürfen, bereits im dritten Quartal 1999 verbucht.

Außerdem rügten die Aufsichtsbehörden das Verhalten der Verantwortlichen bei Legato. Sie hätten die Behörden mit falschen Informationen bewusst getäuscht. Der britische Informationsdienst "Computergram" berichtet ferner, einige Direktoren hätten Aktien während des Höhenflugs des Kurses abgestoßen und sich somit auf Kosten des Unternehmens bereichert.

Legato steht das Wasser bis zum Hals

In einer offiziellen Stellungnahme versucht Thomas Madsen, Regional Manager für Zentraleuropa, zu retten, was zu retten ist. Die Ursache für die finanzielle Misere liege allein in einem abgeänderten Abrechnungsmodell. Nach der bisherigen Praxis würden Zahlungen dann mit einbezogen, wenn die Software ausgeliefert ist. In den strittigen Fällen hätten die Auditoren jedoch empfohlen, die Zahlen erst im Jahr 2000 zu buchen, da Bedenken vorlägen, ob die Kunden, es handelt sich um Application-Service-Provider (ASPs), rechtzeitig bezahlen könnten.

Der strauchelnde Softwarekonzern bietet im Dschungel der Speicherbranche eine leichte Beute. Speicherriese EMC mit einer Marktkapitalisierung von knapp 117 Milliarden Dollar und einer prall gefüllten Kriegskasse wäre nach Meinung von Insidern momentan der geeignetste Kandidat für eine Übernahme von Legato.

Der in Hopkinton, Massachusetts, ansässige Hersteller von Speichersystemen fiel während der letzten Monate vor allem durch mehrere Firmenkäufe auf. Nachdem EMC im Oktober 1999 den Konkurrenten Data General geschluckt hatte, folgten im Dezember das Unternehmen Softworks und vor zwei Wochen die Firma Terascape Software. Beide Unternehmen stellen Software für das Speicher-Management her.

EMC wollte sich bis Redaktionsschluss nicht zu den Übernahmegerüchten äußern. Allerdings bedeutet der Hinweis des deutschen Marketing-Leiters Malte Rademacher, er müsse sich wegen einer Stellungnahme erst mit der US-Firmenzentrale in Verbindung setzen, dass EMC durchaus etwas zu diesem Thema zu sagen hat. Die Übernahmegerüchte werden nicht dementiert.

Andere Mitglieder der Speicherbranche reagieren sehr sensibel auf das Tief bei Legato. So platzte im letzten Augenblick die im November 1999 vereinbarte Fusion mit Ontrack Data International Inc. Die Verantwortlichen des in Minneapolis sitzenden Unternehmens zogen angesichts der finanziellen Schwierigkeiten des geplanten Partners die Notbremse. Die Interessen der eigenen Mitarbeiter, Kunden und Aktionäre seien gefährdet. Trotzdem sei eine Zusammenarbeit grundsätzlich weiter möglich, erklärte eine Pressesprecherin des Unternehmens. "Die Fusion ist allerdings endgültig vom Tisch."