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Vorsicht Technik

Wird ERP-Software durch objektorientierte Datenbanken flexibler?

01.09.2010
Von Christian Riethmüller

Fazit

Fast alle ERP-Lösungen entfernen sich immer weiter von der Beherrschbarkeit der Komplexität, statt sich um den Anwender zu kümmern. Dabei gehört die Applikation nicht den Technologen, sondern ihren Benutzern. Nur wo bleiben die ERP-Programme mit "Komplexitätsabschaltung"? Auf die

Wirtschaftsinformatik wartet man hier vergebens. Von ihr gehen keinerlei Impulse aus. Anstatt die semantischen Modelle der Betriebswirtschaftslehre voranzutreiben, werden Technologen ausgebildet, die sich in Applikationen nicht auskennen. Die Fantasie und das Verständnis für Anwendungen fehlen ihnen. (fn)

Was unterscheidet relationale und objektorientierte Datenbanken?

Der fundamentale Unterschied zwischen relationaler und objektorientierter Datenbank-Philosophie besteht darin, dass die Relationen, die zeilenmäßige Abbildung in einem relationalen Datenbankmodell, nicht Bestandteil der Daten sind.

Metainformation eines Objekts in einer objektorientierten Datenbank wird in dem relationalen Datenbankmodell zu einer Globalinformation umgewandelt. Diese Global-Informationen beschreiben, wie Geschäftsinformationen miteinander verdrahtet sind, sind aber selbst nicht in den Daten hinterlegt.

Damit erstarrt die Beschreibung des relationalen Datenbankenmodells. Die Beziehungen sind hart verdrahtet. Das Modell bietet nur eine eingeschränkte, auf den Definitionsumfang begrenzte Flexibilität. Die Inhalte der mikro-relationalen Verbindung müssen am Objekt hängen, um Flexibilität in der Anwendung zu sichern.

Ein Objekt ist eine eigenständige Instanz einer Klasse und hat damit grundsätzlich eine größere Individualität als ein Datensatz (Record) innerhalb einer Tabelle. Ein Objekt wird nicht erst durch einen Primärschlüssel zu einem individuellen Objekt. Objekte können existieren, ohne in einer Tabelle (collection) registriert zu sein. Objektorientiert gedacht, ist das Vorhandensein eines Objekts in einer Gemeinschaft mit anderen (also in einer gemeinsamen Tabelle) bereits eine besondere Eigenschaft dieser Objekte (zum Beispiel die Liste der Standard-Skontobedingungen). Ein Objekt kann auch in mehr als nur einer "Gemeinschaft" geführt sein.

Solche Unterscheidungen erfordern in einem RDBMS immer ein (neues, zusätzliches) Identifikationsfeld, mittels eines Objektorienterten Datenbank-Management-Systems (OODBMS) kann dieses allein durch unterschiedliche Organisation von Objekten (Instanzen der gleichen Klasse) bewerkstelligt werden. "Mikro-relationale" Verbindungen sind also objektindividuelle Verbindungen.

Der Unterschied ist am zugrunde liegenden Modell festzustellen: Mit einer objektorientierten Datenbank erhält der Entwickler die Möglichkeit, ein Modell mit höherem Abstraktionsgrad ohne relationale Beschränkung und umfangreicherer Flexibilität zu entwickeln. Diese Chance muss der Hersteller eines ERP-Systems allerdings selbst nutzen.

Beispiele für gut eingeführte ERP-Systeme mit objektorientierten Datenbanken sind Abas-ERP mit einer selbst entwickelten Datenbank oder CyberEnterprise, deren Applikation auf ObjektStore von Progress. Beide Systeme verfolgen aber unterschiedliche Realisierungskonzepte.