Ralph Haupter im Exklusiv-Interview

"Wir wollen Windows neu erfinden"

11.01.2012
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Ralph Haupter, Vorsitzender der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland, hat der COMPUTERWOCHE exklusiv seine Sicht der Dinge zu Windows 8, Cloud Computing, Tablets, Smartphones und Office 365 verraten.

Die Fragen stellten CW-Chefredakteur Heinrich Vaske und Thomas Cloer.

CW: Das letzte Geschäftsquartal war für Microsoft erfolgreich, aber der Windows-Bereich wächst kaum noch. Richten Sie sich jetzt darauf ein, dass Sie Ihr Geld in anderen Geschäftsfeldern verdienen müssen?

Ralph Haupter: Die guten Zahlen, die insbesondere in den Bereichen Business-Software und Server & Tools zu sehen sind, reflektieren unsere Investitionen der letzten fünf Jahre. Im Bereich Server & Tools ist eine Menge passiert, zum Beispiel bei Security- oder Systems-Management-Software, Virtualisierungs- und Datenbankangeboten. Das zahlt sich jetzt aus, Kundenbasis und Marktanteile wachsen. Auch im Servergeschäft legen wir überproportional zur Marktentwicklung zu. Mit Business-Software verhält es sich ähnlich, weil wir auch dort das Produktportfolio massiv erweitert haben.

Und das Windows-Geschäft flaut künftig ab?

Haupter: Nein, es ist für uns unverändert eine ganz wichtige Säule. Die Wachstumszahlen bewegen sich entlang des PC-Marktes. Mit Windows 8 haben wir den Anspruch, Windows neu zu erfinden. Wir bringen Windows auf alternativen Plattformen - Stichwort: ARM-Technologie. Insgesamt ist davon auszugehen, das Windows sich noch weiter verbreiten wird, da es sich bald auf zusätzlichen Plattformen nutzen lässt.

Unter anderem Dell und HP haben angekündigt, in der zweiten Jahreshälfte 2012 Tablets mit Windows 8 herauszubringen. Meinen Sie wirklich, dass der Markt im Zeitalter von iOS und Android so lange darauf warten will?

Haupter: Zurzeit gibt es nur ein einziges Tablet, das Relevanz hat im Markt: das iPad von Apple. Den Kollegen ist es gelungen, einen neuen Formfaktor zu definieren. Viele Unternehmen haben sich mit dem iPad beschäftigt und merken nun, dass die Nutzererfahrung zwar gut, das Gerät aber insgesamt nicht Enterprise-ready ist. Management, Security, Integrationsaufwand - da stimmen die Relationen nicht. Wir sind davon überzeugt, mit Windows 8 das Blatt zu unseren Gunsten wenden zu können. Wir werden Geräte haben, die Berührungsempfindlichkeit in ihrer ganzen Leichtigkeit bieten, einen großen Marktplatz an Lösungen mitbringen und dabei unternehmenstauglich sind.

Sie werden die Metro-Oberfläche von Windows Phone 7 in die Windows-8-Welt übernehmen. Nun ist die Kachel-Optik auf Smartphones nicht gerade der Renner. Ist es nicht riskant, den Leuten auf Tablets und Notebooks eine Optik anzubieten, die auf Smartphones durchgefallen ist?

Haupter: Es stimmt, Windows Phone 7 und Windows 8 haben dasselbe Metro-Design. Dahinter stehen viele technologische Aspekte, die erklären, warum wir es so umgesetzt haben. Die Benutzerführung ist einfach und klar, das wird Ihnen jeder bestätigen, der damit gearbeitet hat. Außer der Optik gibt es aber keine Parallelen zwischen den Systemen.

Mit Windows Phone 7 sind wir seit zwölf Monaten am Markt. Wir sind in Deutschland mit zwei Geräten gestartet und hatten bald ein Funktionsspektrum, das uns großen Respekt eingebracht hat. Mit dem aktuellen Windows Phone 7.5 sind wir nun bei allen TK-Anbietern im deutschen Markt vertreten. Aktuell sind zwölf unterschiedliche Geräte verfügbar. Mit der neuen Version haben wir über 500 neue Funktionalitäten hinzugefügt. Und übrigens: Speech Control, was ja heute als eine der Top-Funktionen des iPhone 4S gefeiert wird, hatten wir schon in der ersten Version des Windows Phone 7.

Auch haben wir mit den Live Tiles schon in Windows Phone 7 ermöglicht, dass Sie in Ihrer Kachel direkt sehen können, ob ein Anruf oder eine E-Mail eingetroffen ist. Das Produkt ist technisch wirklich führend! Auch die Art und Weise, wie Nokia es integrieren konnte, zeigt uns, dass das Design gut ist. Und die Art, wie es die Telekommunikationsanbieter annehmen, die ja die Chance haben, eigene Applikationen standardisiert hinzuzufügen - nehmen Sie die Deutsche Telekom mit Navigon - zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.