Interview

"Wir wollen nicht der Schnellste im Web sein"

02.06.2000
Mit Dominik von Braun, Managing Director der Stepstone GmbH, Düsseldorf, sprach CW-Redakteur Hans Königes

CW: Jobbörsen gibt es massenhaft. Das ist ein Grund, warum die Aktienkurse Ihrer Mitbewerber Jobs & Adverts oder DV-Job vor sich hindümpeln. Womit begründet Stepstone seine Zuversicht?

VON BRAUN: Auf den ersten Blick sind die Markteintrittsbarrieren niedrig. Das gilt übrigens für fast alle E-Commerce-Unternehmen. Haben Sie ein Feature online, haben es spätestens nach drei Monaten alle. Wir haben von den Skandinaviern gelernt, dass man auch mit einem soliden Produkt ohne permanente Veränderung sehr gute Umsätze machen kann. Wir wollen ja nicht der Schnellste im Web sein, sondern Geld verdienen. Dafür muss man in eine professionelle Vertriebsorganisation investieren. Das ist die wirkliche Markteintrittsbarriere. Zur Zeit haben wir knapp 100 Mitarbeiter im Vertrieb, bis Jahresende sollen weitere 40 bis 50 dazukommen.

CW: Viele Personalchefs sind aber nach wie vor gegenüber dem Internet zurückhaltend. Wie erklären Sie sich das?

VON BRAUN: Das liegt daran, dass sie in der Regel kein so großes Budget haben und darum innerhalb ihres Unternehmens an vielen Entscheidungen, bei denen es um eine Menge Geld geht, nicht mittelbar beteiligt sind. Daher sind Personalverantwortliche zwangsläufig konservativ.

CW: Wenn der Personaler kein Geld hat, warum gibt er 50000 Mark für eine Anzeige in der FAZ aus, aber nicht 1000 Mark für Sie?

VON BRAUN: Er tut beides. Noch vor drei Jahren mussten wir erklären, was das Internet ist. Die Personaler haben verstanden, dass das Web der Personalarbeit nutzt. In großen Unternehmen werden zunehmend auch Budgets für Anzeigen im Internet eingeplant.

CW: Wie groß ist der Anteil des Budgets, der ins Online-Geschäft abwandern wird?

VON BRAUN: Ich rechne damit, dass in Deutschland maximal zehn bis 15 Prozent der Printbudgets ins Internet eingehen. Schätzungen zufolge beläuft sich der deutsche Printstellenmarkt auf ein Volumen von zwei Milliarden Mark. 1999 wurden im Online-Stellenmarkt 30 Millionen Mark umgesetzt, in diesem Jahr könnten es bis zu 150 Millionen sein. Ich gehe davon aus, dass der Online-Markt 2001 auf bis zu 350 Millionen Mark explodieren wird.

CW: Womit wollen Sie in Zukunft vor allem Geld verdienen?

VON BRAUN: Verkaufen wir heute hauptsächlich Stellenanzeigen, kommen morgen Banner und übermorgen Lebensläufe dazu.

CW: Wenn Sie mit Lebensläufen Geschäfte machen wollen, müssen Sie mit Headhuntern konkurrieren.

VON BRAUN: Die Personalberater gehen in der Wertschöpfungskette weiter als wir, sie interviewen die Kandidaten und veredeln die Information. Wir haben einen Pool von anonymisierten Lebensläufen, in dem die Firmen gegen Gebühr online suchen können. Wenn sie sich für einen Kandidaten näher interessieren, leiten wir das per E-Mail an den Bewerber weiter. Was daraus wird, ist dann nicht mehr unser Geschäft.

CW: Mittlerweile bieten ja auch andere Jobbörsen Lebenslauf-Datenbanken an. Wenn sich jeder überall einträgt, wie qualifiziert sind diese Datenbanken dann noch?

VON BRAUN: Das ist eine Frage des Marketings. Sie müssen vermitteln, dass es cool ist, sich bei Stepstone einzutragen. Dann bekommen Sie genau die Leute, die Sie haben wollen.

CW: Warum sollte das cool sein?

VON BRAUN: Die Qualität und Vielfalt unserer Kunden ist ein Grund. Wir haben einen guten Vertrieb, deshalb bekommen wir sehr gute Kunden.

CW: Auch Ihre Mitbewerber werben damit, dass sie 26 oder mehr der Dax-30-Unternehmen als Kunden haben. Wo ist der Unterschied?

VON BRAUN: Wir bieten künftig die europäische Suche. Die Firma bekommt mit einem Suchauftrag Bewerber aus allen Ländern.

CW: Das Personalgeschäft ist aber nach wie vor sehr regional. Ich sehe nicht, dass der deutsche Informatiker auf dem Gehaltsniveau, auf dem er heute ist, nach Frankreich oder Spanien gehen will.

VON BRAUN: Wir stellen immer mehr fest, dass die Suche nach Profilen quer über Europa geht. Die Einstellung erfolgt dann regional, da gebe ich Ihnen Recht.

CW: Ihr Konkurrent Jobs & Adverts bietet für Stellensuchende viele zusätzliche Services an. Davon sieht man bei Stepstone weniger.

VON BRAUN: Noch ist es nur die Jobsuche. Mit Partnern wollen wir künftig von der Sprachreise über die Management-Schule bis hin zum Umzugs- oder Immobilienservcie alles anbieten, was der Bewerber braucht, bis und nachdem er einen Job gefunden hat.