Interview mit EDS-Geschäftsführer Carsten Gram

"Wir wollen im Projektgeschäft wachsen"

17.05.2002
EDS hat eine weltweite Reorganisation angekündigt. Die Auswirkungen auf das hiesige Geschäft erläutert Carsten Gram, Geschäftsführer der EDS Deutschland GmbH, in einem Gespräch mit CW-Redakteur Joachim Hackmann.

CW: Dick Brown, CEO von EDS Corp., hat einige Umstrukturierungen angekündigt. Welchen Zweck verfolgt EDS damit?

Gram: Wir setzen derzeit in Deutschland und Europa diese Reorganisation um. Dabei wird das gesamte Projektgeschäft in der Geschäftseinheit "Solutions Consulting" und das gesamte Betreibergeschäft, also die Geschäftseinheiten Information Solutions und Business Process Outsourcing, in der Organisation "Operations Solutions" zusammengefasst. Mit der Konzentration von mehr als 40000 projektbezogenen Mitarbeitern im Solutions Consulting weltweit können wir auf ganz andere Volumina an Fähigkeiten zurückgreifen. Im Betreiberumfeld hat es Sinn, das Geschäftsprozess- und das IT-Outsourcing unter einem Dach zu vereinen, denn diese Services bauen aufeinander auf.

CW: Mit der Consulting-Sparte will Brown vor allem gegen die Big-Five-Beratungshäuser antreten. In Deutschland obliegt diese Aufgabe dem vor rund einem Jahr übernommenen Systemhaus Systematics, das bislang nicht unbedingt in der obersten Consulting-Liga spielte. Müssen Sie hier nicht noch etwas nachlegen?

Gram: EDS strebt an, sich als ganzheitlicher Anbieter am Markt zu präsentieren, und dazu wollen und müssen wir im Projektgeschäft eine maßgebliche Rolle spielen. Diese Aufgabe muss Systematics nicht alleine erfüllen, denn wir haben in Deutschland insbesondere im SAP-R/3-Geschäft schon zuvor einen signifikanten Marktanteil gehabt. Mit der Neuausrichtung wird nur nochmals unterstrichen, dass wir im Projektgeschäft ein stärkeres Wachstum erreichen wollen. Zudem sind EDS und Systematics nun an 60 Standorten in Deutschland vertreten. Im Projektgeschäft ist Kundennähe etwas ganz Wesentliches.

CW: Wie steht es denn um die Integration von Systematics?

Gram: Die Frage muss ich zweigeteilt beantworten. Zum einen ist Systematics eine Aktiengesellschaft. Es sind noch Minderheitsbeteiligungen von knapp drei Prozent am Markt frei verfügbar. Die Integration können wir erst dann vollständig abschließen, wenn alle rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt sind. Entsprechende Möglichkeiten gibt es seit Jahresbeginn, doch hier sind derzeit noch die Juristen an der Arbeit. Unberührt davon arbeiten beide Unternehmen bereits sehr gut zusammen.

CW: EDS möchte wie fast alle großen Outsourcer tiefer in den Mittelstandsmarkt vordringen. Dort gilt aber nach wie vor das ungeschriebene Gesetz, wonach man sich einen Partner gleicher Größe suchen sollte. Wie wollen Sie diese Klientel überzeugen?

Gram: Wir zählen zum Mittelstand Firmen, die zwei oder drei Milliarden Euro Umsatz erzielen - das ist der gehobene Mittelstand, und das ist unser Zielmarkt. Ich glaube nicht, dass die großen Outsourcer, sei es EDS, IBM Global Services oder T-Systems, für diese Kunden keine Angebote haben. Die angesprochenen Mittelständler sind alle sehr international aufgestellt. Wenn die einen IT-Partner suchen, der ihre globale Präsenz unterstützen muss, werden sie nicht bei einem mittelständischen lokalen Outsourcer fündig.

CW: Die Outsourcer stehen häufig im Verdacht, sich Zusatzservices, die nicht Bestandteil des Vertrags sind, sehr gut bezahlen zu lassen.

Gram: Langfristig gibt eine Partnerschaft keinen Sinn, bei der nur eine Partei gewinnt - so etwas streben wir auch nicht an. Üblicherweise haben wir in den Verträgen auch Benchmarks vereinbart. Auch wir wollen unseren Kunden nachweisen können, dass wir marktgerechte Services zu marktgerechten Preisen liefern.

CW: Reduzieren Sie gegebenenfalls auch die Preise?

Gram: Unsere erklärte Strategie ist es, unsere Leistungen objektiv messbar anzubieten. Entsprechend sind die Servicevereinbarungen abgestimmt. Natürlich wollen wir auch neue Services verkaufen, aber immer nur im Wettbewerb mit anderen Anbietern.

CW: Welches Volumen erwarten Sie für den gesamten deutschen Outsourcing-Markt?

Gram: Ich muss mich zunächst einmal auf Zahlen von Gartner-Analysten berufen. Sie rechnen mit einem Wachstum von elf Prozent in Europa, und sie gehen auch davon aus, dass der deutsche Markt stärker zulegen wird, weil hier noch erhebliches Potenzial besteht. Demnach dürfte sich ein Plus von 13 bis 14 Prozent ergeben. Unsere internen Recherchen weisen auf ein noch höheres Wachstum hin. Dies bestätigt auch PAC, das 14 Prozent für den Outsourcing-Markt und 16 Prozent für das Projektgeschäft annimmt.

CW: EDS ist in Deutschland derzeit die Nummer vier im IT-Servicemarkt. Ihr CEO Brown scheint damit nicht zufrieden. Was ist das Ziel?

Gram: Wir wollen in Deutschland eine führende Position einnehmen.

CW: Eine oder die führende Position?

Gram: EDS belegt in allen Märkten, in denen es vertreten ist, den ersten oder zweiten Platz. Das streben wir auch in Deutschland an.

CW: Und wie wollen Sie das erreichen?

Gram: Zum einen auf Basis unserer bestehenden Kunden. Ihnen wollen wir weitere, noch bessere und hochwertigere Services anbieten. Wir werden außerdem durch Großprojekte und strategische Deals wachsen, indem wir etwa die komplette IT von großen Konzernen übernehmen. Außerdem lässt sich das Wachstum auch durch Akquisitionen beschleunigen, wenn diese strategisch Sinn geben.

CW: Stimmen Sie der Einschätzung zu, dass das größte Outsourcing-Potenzial in den Branchen öffentliche Verwaltung, Handel und Banken liegt?

Gram: Zum Teil ja. Meines Erachtens sind es die Finanzdienstleister insgesamt, die Fertigungsindustrie beziehungsweise Manufacturing sowie die öffentliche Verwaltung.

CW: Zurzeit liegt der EDS-Schwerpunkt auf der Fertigungsindustrie. Wie wollen Sie die anderen Bereiche bedienen?

Gram: Die für uns strategischen Märkte betreuen wir mit an der Industrie orientierten Organisationen. Beispielsweise wurde im Oktober 2000 in Frankfurt am Main bereits ein Banking-Center aufgebaut.

CW: EDS trägt nicht gerade ein innovatives Image. Mit neuen Dienstleistungsangeboten à la Services on Demand machen derzeit andere von sich reden.

Gram: Wir haben bei EDS durch die Umstellung von manuellen Prozessen auf Web-, Inter- und Intranet-Techniken seit 1999 weltweit drei Milliarden Dollar an Kosten eingespart. Die damit gewonnenen Erfahrungen geben wir an unsere Kunden weiter. Das nenne ich innovativ.

CW: Gibt es aus Ihrem Haus denn Lösungen für deutsche Kunden, nach denen nutzungsabhängig abgerechnet wird?

Gram: Klar, EDS hat solche Preismodelle mit als erster Anbieter umgesetzt. Im Airline-Geschäft wird beispielsweise pro Reservierung, pro verkauften Flugschein oder pro Flugzeug, das die Startbahn verlässt, bezahlt. Im Bankenumfeld rechnen wir teilweise pro Kontobewegung oder pro Transaktion ab. So etwas ist nicht innovativ. So etwas ist state of the art.