Interview/

"Wir werden in zwei Jahren nur mehr eine CPU unterstuetzen"

26.04.1996

CW: Wie weit ist die Uebernahme des Supercomputer-Hersteller Cray Research Inc. durch Silicon Graphics gediehen?

McCracken: Wir liegen im Zeitplan. Das US-Justizministerium wird uns keinen Stein in den Weg legen. Der formelle Zusammenschluss wird aber erst in ein paar Monaten erfolgen.

CW: Was war Ihre Motivation fuer die Uebernahme? Eine Produktlinie anzubieten, die vom Desktop bis zum Supercomputer reicht?

McCracken: Das war sicherlich ein Hauptgrund. SGIs Einstieg bei den Firmen lief ueber die technischen Abteilungen, waehrend Cray mit der Unternehmensspitze verhandelte. Mit Produkten, die zwischen 5000 und 30 Millionen Dollar kosten, koennen wir uns besser auf die Erfordernisse der Grosskunden einstellen.

CW: Hatten Sie zuvor das Gefuehl, dass beide Firmen fuer die gleichen Maerkte anboten?

McCracken: SGI wurde immer als die Augen der Cray-Rechner betrachtet, das visuelle Front-end. Wenn Sie frueher den DV-Chef nach seinem Computerlieferanten gefragt haben, bekamen sie Cray als Antwort. Die Benutzer haetten Silicon Graphics gesagt.

CW: Wie sollen die Produktlinien zusammengefuehrt werden?

McCracken: Derzeit arbeiten wir an den Compilern und machen sie kompatibel, damit die Programme auf beiden Systemen gefahren werden koennen. Spaeter werden wir die Betriebssysteme integrieren. Das wird nicht heute oder morgen passieren, aber wir wollen fuer die Zukunft eine hoehere Kompatibilitaet erzielen.

CW: Nun verwendet die Cray Business Systems Division aber Techniken, die von Sun Microsystems stammen. Wollen Sie diese Plattform weiterpflegen?

McCracken: Es gibt genuegend Ueberschneidungen zwischen den Produktlinien von Cray und SGI, und auf die konzentrieren wir uns.

CW: Ich frage deshalb, weil Sun durch die Uebernahme sowohl Konkurrent als auch Partner geworden ist.

McCracken: Das stimmt fuer gewisse Bereiche. Aber wir werden in zwei Jahren nur mehr eine CPU unterstuetzen, uns also auf die eigene, nicht die von Sun konzentrieren.

CW: Wie sieht dann die Zukunft von Crays Vectra-Reihe aus?

McCracken: Diese Rechner sind fuer viele unserer groessten Kunden enorm wichtig, und deshalb werden wir damit weitermachen. Wegen besserer Beziehungen zu gerade diesen Kunden haben wir ja den Zusammmenschluss betrieben, die wollen wir natuerlich nicht veraergern.

CW: Wie behauptet sich denn im Internet-Geschaeft SGIs Scriptsprache "Moving Worlds" fuer 3-D-Effekte im WWW gegenueber dem Konkurrenzprodukt "Active-VRML" von Microsoft ?

McCracken: Wir bieten eine gute Loesung an, und die Leute in der Industrie honorieren das. Wir erzielen keine grossen Gewinne damit, wir versuchen nur, ein Problem zu loesen.

CW: Fuer eine Sache, die keine grossen Umsatzerloese erbringen soll, stecken Sie aber viel Energie in Moving Worlds!

McCracken: Wir machen das, um mehr Applikationen in das Web zu bringen, und dafuer muessen globale Standards her. Je schneller sie kommen, desto eher zahlen sich unsere anderen Investitionen aus, die wir zur Entwicklung des Webs getaetigt haben.

CW: Sie kuendigten mit "Web-Force" gerade eine grosse Intranet- Initiative an. Welche Staerken bringt SGI fuer das Online-Computing mit?

McCracken: Wir sind der fuehrende Hersteller fuer Web-Server mit mehr als 200 000 Anfragen am Tag. Intern nutzen wir das WWW fuer Bilder, Grafiken, Moving Worlds, Video- und Audiosequenzen - und wir verfuegen ueber die Bandbreite, um einen fast unverzueglichen Zugriff zu gewaehrleisten. Die Ankuendigung bestand nur aus Werkzeugen, die wir innerhalb des Unternehmens nutzen und die nun fuer andere Firmen auch zugaenglich sind.

CW: In welchen Dimensionen bewegt sich das Internet-Geschaeft von SGI?

McCracken: Der Markt fuer unsere Web-Server liegt bei rund 300 Millionen Dollar. Er waechst etwa um zehn Prozent im Monat, wobei je die Haelfte auf Internet und Intranet entfaellt. Vor einem Jahr war das Marktvolumen gleich Null. Mit Ed McCracken, CEO der Silicon Graphics Inc., sprach Peter Wolchak von der "Computerworld" Kanada.