"Wir waren etwas zu optimistisch"

27.05.2004

CW: Die Standardisierung stößt bei der unternehmsübergreifenden Zusammenarbeit schnell an ihre Grenzen. Wie wollen Sie die überwinden?

UNGER: In der Tat arbeiten wir mit sehr vielen unterschiedlichen Business Units und Partnern wie Mitsubishi zusammen. Ein Beispiel ist der "Fourfour", ein Wagen den Smart gemeinsam mit Mitsubishi entwickelt. Hier mussten wir dafür sorgen, dass die Ingenieure der beteiligten Unternehmen weltweit und trotz Zeitverschiebungen zusammenarbeiten konnten. Deshalb haben wir ein Engineering-Portal geschaffen, auf das alle Business-Units und Lieferanten zugreifen. Es ermöglicht ihnen, darüber Teilespezifikationen und -geometrien oder Qualitätsanforderungen auszutauschen. Außerdem haben wir ein IT-Cross-Brand Council gegründet. Dort entwickeln wir für unsere IT-Infrastruktur eine strategische Landschaft. Damit wollen wir unsere markenübergreifenden Aktivitäten verbessern.

CW: Welche Schwerpunkte setzen Sie bei der Digitalisierung der Produktentwicklung?

UNGER: Wir unterhalten in diesem Bereich seit 15 Jahren eine enge Partnerschaft mit Dassault Systèmes, dem Hersteller des CAD- Systems "Catia". Die Fortschritte auf diesem Gebiet haben die Arbeit der Ingenieure dramatisch verändert. Nun wollen wir einen Schritt weiter gehen und die gesamten Produktionsumgebungen digitalisieren. Dafür wird jede Produktionsanlage künftig vor Baubeginn komplett digital abgebildet. So kann man bereits im Vorfeld testen, ob Bänder und Roboter reibungslos zusammenarbeiten oder ob die Arbeitsumgebung sicher und optimal auf die Mitarbeiter ausgerichtet ist. Wir setzen derzeit den ersten Piloten für eines der nächsten Mercedes-Modelle auf und arbeiten dabei mit dem Produkt "Delmia" von Dassault Systèmes. Dabei beschränken wir uns vorerst auf die Fertigungsbereiche Rohkarosseriebau und Endmontage. Dort sehen wir ein spürbares Kostensenkungspotenzial.

CW: Wie lange wird es dauern, bis der gesamte Fertigungsprozess virtuell abgebildet werden kann?

UNGER: Ich rechne mit sieben bis acht Jahren. Das Verfahren basiert auf mathematischen Modellen. Die Daten, die man dafür braucht, bilden die Realität jedoch nicht immer genau ab. Es dauert seine Zeit, bis man die Feineinstellungen gefunden hat. Doch die ersten Ergebnisse sind sehr vielversprechend. Über die Produktion hinaus wollen wir auch den Servicebereich virtuell abbilden. Dabei geht es in erster Linie darum, Servicetechniker mit Daten zu versorgen, damit sie effektiver arbeiten können.