"Wir verletzen keine Patente von Intel"

30.05.1997

Glenn Henry schwingt sich mit der "IDT-C6"-CPU auf, den Markt der x86- also Intel-kompatiblen Prozessoren für PCs in Aufregung zu versetzen. In knapp zwei Jahren seit der Gründung der Centaur Technology Inc. hat der Ex-IBM-Mann mit einem 15köpfigen Kernteam einen x86-Prozessor entwickelt, der kompatibel ist zu Intels Pentium-Bausteinen.

CW: Wie konnten Sie in so kurzer Zeit - von 1995 bis heute - etwas so Komplexes wie einen Intel-kompatiblen Prozessor entwickeln?

Henry: Wir haben sehr gute Leute, die viel Wissen aus der x86-Prozessor-Entwicklung mitbringen.

CW: Natürlich stellt sich die Frage, ob Sie sich nicht von den Design-Ideen anderer Unternehmen, beispielsweise Intel, bei der Entwicklung des C6 inspirieren ließen.

Henry: Wir verletzen keine Patente von Intel, falls Sie darauf hinaus wollen. Wir haben, was die Architektur betrifft, auf einem weißen Blatt Papier begonnen. Dabei ließen wir uns von ursprünglichen Ideen aus der RISC-Philosophie leiten, das heißt, einen Prozessor so einfach wie möglich, aber trotzdem sehr effizient zu halten. Wir haben übrigens in den letzten zwei Jahren sieben Tage die Woche 80 Stunden gearbeitet.

CW: Was unterscheidet den C6 von anderen Prozessoren, die für den PC-Markt angeboten werden?

Henry: Unsere Architektur ist einfach. Im wesentlichen heißt das, der C6-Prozessor arbeitet eine Instruktion nach der anderen ab. Wir haben aber ein paar Tricks auf Lager, um den Verkehr der Daten auf dem Prozessor-Bus so gering wie möglich zu halten. Der C6 besitzt zudem zwei je 32 KB große Cache-Speicher. Wir sind im Vergleich zu einer Intel-CPU bei den Kerninstruktionen nicht so schnell, aber wir sind schnell genug. Sieht man den Prozessor als Einheit verschiedener integrierter Komponenten, so kommt am Ende eine mit Konkurrenzchips absolut vergleichbare Leistung heraus. Wir konzentrieren uns vor allem darauf, in Sachen Taktrate so viel wie möglich an Megahertz herauszuholen. Intels Prozessoren haben bezüglich der Fließkommaberechnungen klare Vorteile gegenüber unserer CPU. Aber wir wollen einen PC-Markt bedienen, in dem ein Rechner maximal 1500 Dollar kostet.Anwender aus diesem Preissegment nutzen Programme, für die Fließkomma-Rechenleistung uninteressant sind. Wer aber trotzdem etwa 3D-Berechnungen in seinen Applikationen nutzen will, der kauft sich für seinen mit unserem Chip ausgestatteten PC einfach eine billige 3D-Grafikkarte. Mit dieser Kombination ist er dann immer noch besser dran als mit Intels teuren Pentium-Chips mit besserer Fließkommaeinheit.

CW: Wie viele Leute arbeiten für Centaur?

Henry: Momentan 42. Davon sind 15 im engeren Kreis als eigentliche Designer des C6-Chips tätig. Der Rest beschäftigt sich mit System-Tests, Layout-Aufgaben etc.

CW: Wer soll Ihren Prozessoren einsetzen? Mit welchen Herstellern sprechen Sie?

Henry: Wir sind mit OEMs im Gespräch, die Low-cost-PCs produzieren, sehr preiswerte Rechner von der Stange. Bislang kommen diese Firmen vor allem aus dem asiatisch-pazifischen Raum wie Taiwan, denn hier konzentrieren sich die Anbieter solcher Billig-PCs.

CW: Könnte Ihre CPU auch in Network Computern Einsatz finden?

Henry: Prinzipiell ist dieses Segment für uns interessant, weil wir eine sehr kostengünstige CPU anzubieten haben.

CW: Wieviel beziehungsweise wenig wird Ihr Prozessor kosten?

Henry: Wir sprechen nicht über offizielle Preise. Was ich aber sagen kann ist, daß wir vergleichbare Intel-Chips nicht nur um zehn bis zwanzig Prozent, sondern um mindestens 30 bis 50 Prozent unterbieten werden.

CW: Wer finanziert Sie?

Henry:Centaur entwickelt und IDT schickt uns das Geld. IDT produziert auch den Chip.

CW: Wie hoch werden die Stückzahlen sein, die IDT liefern kann?

Henry:Im ersten Jahr dürften die Stückzahlen noch etwas limitiert sein - ich rechne mit etwa einer Million Stück. Danach können wir den Ausstoß aber erheblich steigern.

CW: Müssen Sie Ihr Personal noch erheblich aufstocken, um in die- ser Branche konkurrieren zu können?

Henry: Wir brauchen nicht so viele Leute. Der Chip selbst ist ja fertig. Wir benötigen Mitarbeiter, um für den C6 Support leisten zu können. Außerdem agieren wir sehr zielorientiert. Wir haben kein Management, wir arbeiten also sehr effizient.