Mitarbeiter für den Mittelstand

"Wir suchen vor allem Praktiker"

13.10.2012
Von 
Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.
Bewerber mit Prädikatsexamen will Martin Edler gar nicht. Doch in einem leer gefegten Arbeitsmarkt fällt dem netCoGeschäftsführer trotzdem die Personalsuche schwer. Ein CW-Gespräch über die Arbeit in einem kleinen Systemhaus.

CW: Industrieunternehmen, Beratungen und IT-Dienstleister betreiben viel Aufwand, um die besten Absolventen zu gewinnen. Macht es Ihnen das schwerer, an qualifiziertes Personal zu kommen?

Martin Edler, netCo: "Große Firmen kompensieren den Fachkräftemangel mit Geld."
Martin Edler, netCo: "Große Firmen kompensieren den Fachkräftemangel mit Geld."
Foto: netCo

EDLER: Nein. Das ist nicht unsere Liga, Absolventen mit Prädikatsexamen würden sich ohnehin nicht bei uns bewerben - und würden hier auch sicher nicht glücklich werden. Aber den sich verschärfenden Kampf um IT-Fachkräfte bekommen wir auch zu spüren. Wir erhalten relativ viele Bewerbungen, aber geeignete Kandidaten sind die seltene Ausnahme.

CW: Warum kommen Einser-Absolventen für Sie nicht infrage?

Edler: Große Unternehmen kompensieren den Fachkräftemangel mit Geld. Aber abgesehen davon, dass die Einstiegsgehälter bei uns niedriger liegen, haben Prädikatsabsolventen völlig andere Ansprüche an ihre Tätigkeit und Karriere. Da sind wir als Arbeitgeber nicht attraktiv. Wir suchen Praktiker, die bereit sind, alle beim Kunden anfallenden Arbeiten zu erledigen - und nicht nur die technisch anspruchsvollen. Uns ist es wichtig, dass die Mitarbeiter engagiert und serviceorientiert den Kunden in allen Belangen zur Seite stehen.

CW: IT-Wissen ist Ihnen nicht wichtig?

Edler: Im Gegenteil. Solide IT-Kenntnisse und möglichst vertieftes Wissen in einem Spezialgebiet - sei es aus dem kaufmännischen oder technischen Bereich - sind unerlässlich. Auch bei uns sind die Einstiegshürden nicht niedrig. Von 100 Bewerbern sind es drei bis vier, die für eine Anstellung infrage kommen.

CW: Welche Qualifikationen muss ein Bewerber mitbringen?

Edler: Neben kaufmännischen und IT-Qualifikationen sind es Motivation, Engagement, Verständnis für die Probleme der Kunden sowie ein hohes Maß an sozialer Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit. Und der Wille, sich in Aufgaben und Fachgebiete einzuarbeiten. Es ist relativ einfach, Mitarbeiter weiterzubilden und mit Fachwissen auszustatten, wenn sie dazu bereit sind. Fehlen aber soziale Kompetenz und Serviceorientierung, ist das nachträglich nur sehr schwer änderbar.

Aufgaben im Systemhaus

Die Hamburger netCo GmbH betreut mit rund 20 Mitarbeitern vorwiegend kleine Unternehmen ohne eigene IT-Abteilung und Kunden aus dem unteren Mittelstand. Zum Angebot gehören alle IT-Aufgaben, die anfallen: von der Installation von Office- und ERP-Software über die Programmierung von Applikationen und die Administration und Wartung der IT- und Netzwerk-Infrastruktur bis hin zu Hosting- und Cloud-Angeboten.

CW: Kommen Quereinsteiger für Sie infrage?

Edler: Wir haben gute Erfahrungen mit Quereinsteigern und Studienabbrechern gemacht, ebenso wie mit Fachinformatikern mit ein paar Jahren Berufserfahrung. Fachinformatiker bilden wir auch selbst aus.

CW: Bedarf es insgesamt eines größeren Fachwissens, um die komplexeren Aufgaben in der IT zu bewältigen?

Edler: Die Anforderungen haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Auf der einen Seite sind es technische Entwicklungen wie Virtualisierung, Cloud- und Mobile-Computing. Auf der anderen Seite erwarten unsere Kunden, dass wir sie auch auf der Ebene der ERP- und CRM-Systeme sowie der Geschäftsprozesse unterstützen. Deshalb ist für unsere Mitarbeiter permanente Weiterbildung unerlässlich.

CW: Wie organisieren Sie die Fortbildung?

Edler: Einen großen Teil macht das "Training on the Job" aus. Für besondere Anforderungen - wie CRM- und ERP-Systeme - schicken wir die Leute zu Kursen beim Hersteller. Für spezielle Technikthemen holen wir uns Dozenten ins Haus. Daneben arbeiten wir mit vier anderen Systemhäusern zusammen, die unterschiedliche Ausrichtungen und Schwerpunkte haben. Mit ihnen tauschen wir bei Bedarf für einige Wochen Mitarbeiter aus, so dass diese andere IT-Umgebungen kennenlernen und sich in neue Aufgaben einarbeiten können.