"Wir sorgen dafür, daß IBM unsere Wünsche kennt"

17.10.1975

Bildet Common nicht eine allzu heterogene Mischung von verschiedenen Interessenten?

Die Interessenten sind zwar verschieden, aber das Problem, das Common hat, muß eben dadurch gelöst werden, daß es einzelne Bereichsleiter für die verschiedenen Systemgruppen zusammenstellt, die dann die Betreuung der Benutzer übernehmen.

- Was kann der Benutzer als Common-Mitglied denn nun erwarten?

Der Benutzer hat den Vorteil, daß einmal ein intensiver Erfahrungsaustausch innerhalb der Common-Vereinigung möglich ist. Er kann sich ferner bei Common Informationen holen über gewisse Software oder gewisse Anwendungen und man kann gemeinsam gezielt auf die IBM zugehen und sagen, wir wünschen, daß die IBM diese und jene Dinge bei der Entwicklung neuer Software berücksichtigt. Der Vorteil der ganzen Geschichte ist eben der, daß die Vereinigung konzentriert mit vielen Stimmen gegenüber der IBM auftreten kann und die Wünsche des Benutzers klar herausstellt.

- Können Sie einige Beispiele nennen? Empfehlen Sie zum Beispiel ganz bestimmte Software für bestimmte Systeme?

Wir behandeln auf den einzelnen Meetings bestimmte Software, zum Beispiel haben wir im Februar das Release 30 behandelt. Wir haben dazu noch das Problem des Job-Accounting erörtert, und es hat sich im Februar eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit der Ausarbeitung eines Job Accounting-Systems befaßt. Das nächste Meeting, das im Juni stattfand, hat Datenbanksysteme behandelt. Es wurde dort über DBOMB gesprochen sowie über DL/1.

- Was sind denn dabei zum Beispiel für Verbesserungswünsche geäußert worden?

Verbesserungswünsche wurden geäußert bezüglich des Betriebssystems speziell im Release 30, wo ja bekanntlich einige Fehler aufgetaucht sind, die den Benutzer zu schaffen machten. Hier hat man zur IBM beispielsweise gesagt, daß die ständigen Waits nicht mehr vorkommen dürfen und daß bestimmte Core-Funktionen verbessert werden müssen.

- Und was für Wünsche sind bezüglich des DL/1 geäußert worden?

Bei den DL/1 konnte der Benutzer eigentlich noch nicht sehr viel Wünsche äußern, da dieses Datenbanksystem noch relativ jung ist. Was kritisiert wurde, sind die Kosten und der Speicherbedarf. Für den Benutzer kleinerer Systeme stellt sich bei DL/1 die Frage des Speicherbedarfs und des Zeitaufwandes. Hier wurden konkrete Forderungen an die IBM gestellt, die wohl teilweise über das DL/1-Entry gelöst wurden.

- Verfügt Common über eine Programmbibliothek, zu der die Mitglieder Zugriff haben?

Ja. Kostenlos erhältlich sind überwiegend Routinen wie zum Beispiel Standard-Druckroutinen etc. Es gibt aber jedoch auch Programmpakete, die zu einem relativ günstigen Preis von den einzelnen Mitglieds-Firmen angeboten werden. Common ist dabei, weitere Firmen anzusprechen und als Vermittlerstelle aktiv zu werden.

- Bei diesem Verfahren werden also die Firmen am Erlös beteiligt, die das Programm entwickelt haben?

So ist es. Wir haben zum Beispiel einen Arbeitskreis von sechs Firmen gegründet, die sich besonders für ein Job Accounting System interessieren. Das Programm, das sie gemeinsam entwickeln, wird 1976 einsatzbereit sein. Erlöse aus dem Verkauf des Paketes an dritte kommen dann denjenigen zugute, die das System entwickelt haben.

- Das Job Accounting System ist doch wohl nur für die 360/370-Anwender gedacht?

Es ist speziell für Power VS bestimmt, es soll jedoch auch die Accounting-Sätze des normalen DOS verarbeiten. Es ist daran gedacht, auch Teleprocessing-Partitions zu unterstützen und daneben noch die Kompatibilität von Power II herzustellen. Das gesamte Job-Accounting-System soll nicht nur eine reine Maschinenzeitabrechnung, sondern eine Abrechnung für die gesamte EDV darstellen. Es werden daher auch Zeiten über Systemanalyse, Programmierung, Datenerfassung, Zusatzmaschinen und Papierverbrauch gesammelt und ausgewertet.

- Kommen die IBM-Anwender nun eigentlich mit Wünschen zu Ihnen oder fragen Sie von Common aus nach den wünschen und Bedürfnissen der Anwender?

Es werden einerseits die Wünsche der Benutzer an uns herangetragen und zum anderen versuchen wir durch Meinungsumfragen die Wünsche der Benutzer festzustellen. Wir haben nach dem letzten Meeting, das Datenbanksysteme behandelt hat, eine Meinungsumfrage bezüglich des DBOMB und des DL/1 gestartet, und zwar im deutschen Raum auch bei Nicht-Commonmitgliedern. Die Meinungsumfrage hat hier ganz klar ergeben, daß zwar DL/1 gewünscht wird, aber gleichzeitig von fast 80 Prozent der Benutzer eine weitere Wartung des DBOMB bezüglich neuer Hardware - etwa 3340 Platten - gefordert wird. Das spricht zwar gegen die IBM-Strategie, aber es ist doch letzten Endes so, daß auf den Jahrestagungen die IBM wiederum von uns erfährt, was der Benutzer gemeinhin wünscht

- Common ist ja bisher eine verhältnismäßig kleine User-Group. Was könnte eine gut organisierte User-Group Ihres Erachtens erreichen?

Bei entsprechender Stärke könnte Common zum Beispiel erreichen, daß die gesamte Software-Entwicklung nicht nur nach IBM-Rentabilitäts-Gesichtspunkten gesehen wird, sondern daß die Software nach den Wünschen des Benutzers entwickelt wird. Weiter will sich Common bemühen, daß das TP-System TCSS offiziell als für kleinere Systeme geeignet anerkannt wird.

- Wird sich Common denn künftig auch der Benutzer des System /32 annehmen oder müssen diese Benutzer eine neue dritte User-Group gründen?

Bisher zumindest hat Common sich mit der mittleren Datentechnik nicht befaßt.

Was ist Common!

Common ist eine weltweite Vereinigung der Anwender kleinerer IBM-Systeme - im Gegensatz zum User Group Guide, die sich vor allem den unter OS-betriebenen größeren Anlagen widmet.

Gegründet im Jahre 1960, betreut Common Benutzer der IBM-Anlagenserien 1130, 1620, 1800, System /3, System /7 und aller 360- und 370-Anlagen, die im DOS betrieben werden. Sitz der Vereinigung in Genf für Common-Europe. Die US-Anwender werden durch Common North America vertreten. Das Management von Common setzt sich zusammen aus dem "President" und dem "Executive Committee" (kurz EC), dessen Mitglieder für die verschiedenen Aufgabenbereiche verantwortlich sind. Für den deutschsprachigen Raum ist Beat Mummenthaler (St. Gallen) als Area Coordinator zuständig. In Deutschland gibt es für jede Systemgruppe einen Projektleiter.

Die Aufgaben von Common:

- Förderung des Erfahrungsaustausches zwischen den Benutzern;

- Beeinflussung der IBM-Entwicklungsarbeiten und Dienstleistungen durch Sammlung der Wünsche und Verbesserungsvorschläge von Anwendern und der Ergebnisse von Meinungsumfragen;

- Information der Anwender über Hard- und Software-Entwicklungen durch Veranstaltung von Meetings;

- Bildung von speziellen Arbeitskreisen zur Bearbeitung gewisser Anforderungskataloge oder auch zur Entwicklung neuer Software;

- Veranstaltung von fachorientierten Meetings.

Informationen: Common Europe c/o Pidoux, Gonet & Cie; 6 Bd. du Theatre, CH 1211 Genf.