Interview mit Michael Dell

"Wir sind nicht mehr abhängig vom Erfolg einer Kiste"

09.08.2011

Wir schleppen keine Legacy-Geschichte mit uns herum

Dell ist wahrlich nicht das einzige Unternehmen, dass sein Heil im Geschäft mit Lösungen und Services sucht. Ist im Vergleich zu IBM oder HP der Fokus auf den Mittelstand der einzige Unterschied?

Dell: Nur einer von mehreren. Ein anderer ist, dass wir nicht die Altlast einer großen installierten Basis mit proprietärem Zeug mit uns herumschleppen. Im Data Center verfolgen wir einen offenen Ansatz zu Themen wie Orchestrierung oder System-Management. Dell war die Einhaltung offener Standards immer schon wichtig. Unsere Kunden wissen und schätzen das. Hier unterscheiden wir uns von den Wettbewerbern.

Wie passt Perot in Ihre Strategie, den Mittelstand zu adressieren?

Dell: Perot hat sein Geschäft zu einem Gutteil mit größeren Unternehmen getätigt. Allerdings spielten Weltkonzerne nie die ganz wichtige Rolle in ihrem Portfolio, auch wenn sie ein paar von ihnen als Kunden haben. Perot ist stark in der öffentlichen Verwaltung, insbesondere im Bereich Healthcare. Ungefähr die Hälfte des Geschäfts machen sie in dieser dezentral ausgerichteten Industrie.

Der Geschäftsansatz, den wir verfolgen, passt ausgezeichnet dazu. Unsere Herausforderung mit Themen wie Cloud oder Remote-based Services ist - wie bringt man sie in kleinere Organisationen? Wir haben einige interessante Dinge zugekauft, um das zu adressieren.

Ein Beispiel: IT-Sicherheit ist unsere Kunden essenziell, und das erste, was sie tun, ist Firewalls, besondere Hardware und all das andere Zeug von den großen Security-Anbietern zu kaufen und einzurichten. Dann werden sie trotzdem attackiert und fragen sich, was sollen wir jetzt machen? Sie besuchen Websites, lesen Whitepapers, telefonieren und sehen sich um. In Wirklichkeit ist es aber sehr schwierig mit Malware und Botnets richtig umzugehen.

Unsere Antwort darauf ist ein Service, den wir über (unseren Managed Security Service Provider, Anm. d. Red.) SecureWorks anbieten. Sie bedienen Tausende von Firmen, von den weltgrößten Finanzkonzernen über kleinere Genossenschaftsbanken bis hin zu den lokalen Geldinstituten und einer Vielzahl anderer Websites, auf denen Geld- und Hypothekentransaktionen erfolgen.

Mit den Zukäufen haben Sie auch Eigentumsrechte an Technologien erworben. So bauen Sie Ihr Produktportfolio kontinuierlich aus, was vermutlich ihrem Anspruch entgegenläuft, die besten Lösungen im Markt herstellerunabhängig auswählen und zu Lösungen zusammenführen zu können…

Dell: Wir werden sicher auch künftig Lösungen aus der gesamten Industrie zusammenführen. Aber es stimmt: Auf manchen Gebieten haben wir viel in eigene Angebote investiert. Wenn Sie sich aber ansehen, wie wir unsere Lösungen anbieten, werden Sie feststellen, dass wir unseren Kunden immer noch große Auswahl lassen. Zu unseren Data-Center-Lösungen kann man sich auch Networking-Produkte von uns beschaffen, ebenso Storage, Server und Software für das Zusammenspiel. Wollen Sie aber nur unsere Orchestrierungs-Lösungen ohne Server, Networking und Storage, geht das auch. Wir sind offener als alle anderen in der Industrie.

Sind Ihre strategischen Partner erfreut über die Neuausrichtung bei Dell?

Dell: Wir werden unsere strategische Planung sicher nicht danach ausrichten, andere Marktteilnehmer glücklich zu machen. Wir haben entschieden, unsere Kunden und Aktionäre glücklich zu machen und den Mitarbeitern von Dell eine gute Perspektive zu geben. "Don't really care" ist also die einfache Antwort.

Eine sehr einfache Antwort.

Dell: Es stimmt schon, wir wollen grundsätzlich eine breitere Angebotspalette bieten. Und wenn man sich das vornimmt, wird es wahrscheinlich immer jemanden geben, der damit nicht glücklich ist. Aber lebt man sein Leben, um andere in der Industrie glücklich zu machen oder geht es darum, Kunden und Aktionären weiterzuhelfen?