Klaus Vitt, CIO der BA

"Wir setzen mehr auf Werterhaltung als die Industrie"

10.08.2010
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Nicht mehr und nicht weniger als nötig

CW: Für Ihr Engagement in Sachen SOA sind Sie oft gelobt und ausgezeichnet worden. Man sollte meinen, dieses Thema sei längst erledigt.

Bundesagentur für Arbeit
Bundesagentur für Arbeit
Foto: Bundesagentur für Arbeit

VITT: Wer das sagt, kennt keine wirklich umfangreichen IT-Umgebungen. Wir versorgen 170.000 PC-Arbeitsplätze mit einer großen Anzahl vernetzter Anwendungen. Diese Anwendungen in fachliche Funktionen zu zerlegen ist ein Riesenaufwand, denn sie wurden ja als Monolithen entwickelt. Aber die Mühe lohnt sich. Nehmen Sie zum Beispiel die Benutzeroberflächen in unseren Service-Centern: Dort verwenden die Mitarbeiter heute 14 unterschiedliche Anwendungen. Von den angebotenen Funktionen benötigen sie aber höchstens ein Fünftel. Mit einer rollenbasierenden Oberfläche bekommen sie nicht mehr und nicht weniger als genau diese 20 Prozent angeboten. Das ist nicht nur ergonomischer für den Anwender, sondern auch effizienter für die gesamte Organisation. Außerdem lässt sich der Vorgang leichter dokumentieren, und damit verbessert sich die Datenqualität. Darüber hinaus verringert sich der Schulungsbedarf der Mitarbeiter.

CW: Wie gehen Sie denn beim Zerlegen vor? Welche Anwendungen sind zuerst dran?

VITT: Die Vorstellung, dass wir Anwendung für Anwendung abarbeiten, ist falsch. Wir zerlegen die einzelnen Anwendungen schrittweise in fachliche Services - immer im Einklang mit den geschäftlichen Anforderungen. Der Maßstab ist der geschäftliche Nutzen. Deshalb beginnen wir mit den rollenbasierten Anwendungen auch in den Service-Centern. Denn dort müssen sich die Anwender mit der größten Anzahl von Applikationen auskennen. Neue Anwendungen wie unser Elena-Part werden selbstverständlich gleich in der neuen Struktur entwickelt.

CW: Wie schnell muss sich der geschäftliche Nutzen denn einstellen? In der Wirtschaft ist es ja mittlerweile gang und gäbe, nur noch Projekte anzufassen, die sich in drei Monaten auszahlen.

VITT: Das ist bei uns anders. Der öffentliche Bereich ist hier stärker auf Werterhaltung ausgerichtet. Außerdem müssen wir die Projekte ausschreiben. Wenn wir beispielsweise SAP einführen, dauert allein die Ausschreibungsphase anderthalb Jahre, bevor wir mit der eigentlichen Implementierung beginnen können. Vor Ablauf von drei oder vier Jahren kann man da keinen Nutzen erwarten.