"Wir müssen einfach direkt verkaufen"

30.03.1979

Mit Bernd Maucher, Alleinvorstand der Ruf Computer AG, sprach Elmar Elmauer

- Herr Maucher Sie wurden Kapitän eines Schiffes, bei dem selbst die eigenen, Landgänger nicht unterscheiden können, ob's am Anker krängt oder tatsächlich Schlagseite hat. Wie geht es weiter: auf der Brücke der Ruf AG? Haben Sie Ihr nächstes Fahrtziel schon ins Auge gefaßt?

Ich bin am 15. März morgens offiziell in dieses Amt als Alleinvorstand der Ruf AG eingetreten und habe zwei Stunden später eine Händlertagung veranstaltet auf der ich meine Zukunftsvorstellungen klar dargestellt habe. Unsere Händler wissen, daß wir noch im April in Hannover und Dortmund zwei eigene Niederlassungen eröffnen werden, die zwei Aufgaben haben: Einmal direkt zu verkaufen, was Ruf bisher nicht gemacht hat, aber auch gleichzeitig für die noch treuen Händler als Stützpunkt zu dienen. Das gleiche soll, noch innerhalb dieses Jahres, in Frankfurt und Stuttgart passieren.

- Die Mannschaft dafür haben Sie bereits? Und welche Vollmachten haben Ihre Direktverkäufer?

Wir haben recht gute Leute verpflichtet. Denn diese Bereichsleiter sollen in Zukunft alleine entscheiden, in welchen Gebieten direkt verkauft wird und in welchen Gebieten mit Händlern vertrieben wird. Grundsätzlich hat der Händler den Vorzug. Aber wir können jetzt aufgrund unserer Situation nicht erst versuchen, unser Image bei den Händler wieder aufzuwerten und warten, bis einer von ihnen wieder unsere Produkte vertreibt. Wir müssen einfach in einigen Teilen direkt auf den Markt.

- Wieviel Umsatz glauben Sie durch diesen Direktverkauf einfahren zu können?

Es wird nicht viel sein und sicher mehr psychologische Wirkung haben. Ich setze einfach darauf, daß einige Händler, die jetzt vielleicht im zweiten Glied stehen dadurch ermutigt werden, mit uns zusammen einige Umsätze zu machen. Aber ich wurde den Direktumsatz pro Niederlassung in den ersten zwölf Monaten nicht über einer Million sehen.

- Auf wie viele Händler können Sie sich stützen?

Es hat mal dreißig gegeben, formell gibt's die wohl noch. Aber aktiv sind derzeit zehn Händler und zwei andere mit Fragezeichen. Alle anderen sind in Warteposition, wenngleich die Organisationsmittel von uns beziehen, weil sie die woanders nicht bekommen. Klar ist, daß zehn Händler für ein Haus wie Ruf zuwenig sind.

- Der Kontakt ist noch da, doch das Vertrauen fehlt?

Genau Sie wissen, daß ich vor einigen Jahren Verkaufsleiter hier im Hause war, und ich habe alle meine alten Kontakte sofort wieder aufgefrischt. Ich bin mir aber darüber klar, daß ich jetzt kurzfristig keinen Händler zurückgewinne. Aber mittel- oder langfristig sehe ich das optimistisch. Wir werden wohl im Laufe des Jahres so zwei, drei alte Ruf-Händler zurückgewinnen können.

- Herr Maucher, ein besonderes Problem der Ruf AG war in den vergangenen Monaten das schwarze Loch bei der Software. Haben Sie hier den Support, die Entwicklung bereits im Griff?

Ich habe seit dem Tag, an dem ich in diesem Hause bin, fünf Software-Leute speziell für unsere große CDC-Maschine die RC 96, eingestellt.

- Und die RC 96 läuft jetzt?

Sie läuft und inzwischen stehen acht Anlagen im Feld, wobei auch die von uns angebotenen Standardprogramme im Einsatz sind. Im übrigen sind solche Anlaufschwierigkeiten, wie sie hier auftraten, nicht Ruf-spezifisch. Die gibt's überall.

- Ernste Schwierigkeiten gab's in der Vergangenheit auch mit anderen Produkten. Wie lösen Sie die Auseinandersetzung mit DFE?

Ich bin bemüht, mich mit Herrn Frech zu arrangieren, falls dies in der jetzigen Phase noch möglich ist.

- Steht für Sie, Herr Maucher, die Ruf-Produktpalette fest?

Klare Aussage: CDC wird unser Hauptprodukt im MDT-Bereich sein. Dieses Produkt wird von uns auch als Einplatz-System angeboten obgleich die Maschine sicherlich erst als Zweiplatz-System besonders interessant wird. Auch die Preis- /Leistungsrelation stimmt im Grunde genommen bei dieser Maschine erst, wenn sie als Zweiplatzsystem gefahren wird.

- Ziehen aus dieser Erkenntnis Konsequenzen?

Wir prüfen, ob wir die RC 96 etwas abrüsten können. Etwa könnten wir auf das Disketten-Laufwerk verzichten, wir könnten alles ausbauen, was nur der späteren Aufstockung dient, und das nachrüsten, wenn's wirklich um den Ausbau geht.

- Welchem Preislevel streben Sie durch diese Abmagerung zu?

Die Maschine würde in der Einstiegs-Ausstattung bei 80 000 statt bei 90 000 Mark liegen.

- Welchen zusätzlichen Markt erhoffen Sie sich durch so eine Maßnahme?

Zusätzlichen Markt nur indirekt. Ich glaube aber, daß dieses Einstiegsmodell auf dem Papier günstiger gemacht werden muß.

- Herr Maucher, welchen Umsatz wird die Ruf AG vermutlich realisieren? Im ruhte der Absatz in den vergangenen Monaten streckenweise völlig.

Der Umsatz beläuft sich geschätzt auf 16 bis 17 Millionen. Das ist also gegenüber früher nicht sehr schön.

- Und wie ist's mit der Ertragssituation der Ruf Computer AG in diesem Jahr bestellt?

Wir haben in den letzten Monaten leichte Verluste gemacht, weil einfach zu wenig verkauft wurde und sicherlich auch aus Bewertungsgründen. Seit Beginn des Geschäftsjahres, das vom 1. 7. bis zum 30. Juni geht, dürfte es ein Verlust von rund einer Million Mark geworden sein. Wir werden aber nach der jüngsten Hochrechnung bereits ab jetzt wieder kostendeckend arbeiten und im Herbst wieder Gewinne produzieren.

In der Frage "Make oder buy" schlägt das Pendel immer mehr zu "buy" aus. Das hängt mit verschiedenen Problemen zusammen. Das hängt mit der Ungeduld der Geschäftsführer oder der Verantwortlichen zusammen, die nicht mehr auf das vielversprochene MIS warten wollen. Das hängt mit dem sinkenden Wachstum zusammen, das die Renditen kleiner werden läßt. Die Verantwortlichen müssen einfach Ergebnisse haben, geordnete Ergebnisse - und das läßt das Pendel immer mehr zu buy ausschlagen.

- Trifft denn die Nachfrage auf ein adäquates Angebot auf dem Standard-Software-Markt?

Wenn wir den Markt der Branchenprogramme sehen, so ist sicherlich hier die Nachfrage größer als das Angebot. Es wird noch einige Jahre dauern bis der Markt die Nachfrage befriedigen kann. Dazu müssen sich auch die Beteiligten neue Methoden der Software-Entwicklung einfallen lassen.

- Was würden Sie dem Anwender raten, der heute vor der Entscheidung steht, EDV einzuführen und der des weiteren vor der Entscheidung steht, Software selbst zu stricken oder ein Standardprogramm einzusetzen?

Ich würde ihm raten, daß er sich zunächst einmal die am Markt vorhandenen Branchenprogramme anschaut, sie sorgfältig studiert, dann sagt, was ist die geeignete Hardware, um diese Branchenprogramme für meinen Betrieb, für mein Unternehmen zu realisieren. Man sollte dann noch in einem zweiten Gang sich dieses Branchenprogramm auf der dazu passenden Hardware ansehen und dann sorgfältig die vertraglichen Vereinbarungen schließen.