"Wir messen uns nicht mit EDS oder IBM"

20.09.2005
Wie SAP mit der Business Process Platform auch sein Dienstleistungsangebot verändert, erklärt Vorstand Gerhard Oswald im Gespräch mit CW-Redakteur Wolfgang Herrmann.

CW: SAPs Stammgeschäft mit Softwarelizenzen wächst längst nicht mehr so schnell wie einst, in manchen Regionen gehen die Einnahmen sogar zurück. Müssen Sie sich nicht viel stärker als Servicelieferant aufstellen?

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Oswald: Der Markt erwartet von uns eine gewisse Profitabilität. Kein Serviceanbieter erreicht heute eine Gewinnmarge von 30 Prozent. Für SAP liegt der Schwerpunkt weiterhin auf der Software, wenn auch mit ergänzenden Dienstleistungen. Als reiner Serviceprovider müssten wir ganz andere Unternehmensziele verfolgen.

CW: Welche Ziele haben Sie sich für die Servicesparte gesteckt?

Oswald: In erster Linie geht es darum, wie wir das Softwaregeschäft mit Services unterstützen können. Für uns steht also nicht die Frage im Vordergrund, wie wir einen bestimmten Service gegenüber einem konkurrierenden Dienstleister positionieren.

CW: IBM nutzt seine Global-Services-Sparte (IGS) erfolgreich, um Produkte wie Server oder Infrastruktursoftware zu vertreiben. Dabei konkurriert IGS durchaus mit anderen Dienstleistern.

Oswald: Unsere Strategie unterscheidet sich von denen der klassischen IT-Dienstleister. Wir messen uns nicht mit IGS oder EDS, sondern konzentrieren uns auf Softwareprodukte.

CW: Wie wird sich die geplante Übernahme von Siebel durch Oracle auf SAPs Servicestrategie auswirken?

Oswald: Investitionsschutz und zuverlässige Partnerschaften zählen zu den zentralen Themen für Unternehmen. SAP wird allen Kunden einen zuverlässigen Investitionsschutz bieten sowie einen klaren Migrationspfad zu SAP-Lösungen.

CW: Im Zusammenhang mit der Business Process Platform (BPP) hat SAP auch grundlegende Veränderungen im Servicebereich angedeutet. Was planen Sie konkret?

Oswald: Es ist vollkommen klar, dass wir unsere diesbezüglichen Services stark erweitern werden, sowohl für unsere Partner als auch für unsere direkten Kunden.

CW: Können Sie Beispiele nennen?

Oswald: Unsere ISV-Partner werden ihre Lösungen mehr und mehr auf unserer Plattform aufsetzen. Wir unterstützen sie dabei, ihre Anwendungen entsprechend zu bauen, beispielsweise mit Ausbildung, Wissenstransfer und Infrastruktur. Darüber hinaus helfen wir den ISVs bei der Vermarktung ihrer Produkte.

CW: Wie?

Oswald: Zum Beispiel über unser Partner-Edge-Programm. Aus Marketing-Sicht geht es dabei auch um Lead-Generierung und ähnliches.

CW: Unterstützen Sie damit nicht auch solche ISVs, die Konkurrenzprodukte zu SAP-Anwendungen anbieten?

Oswald: Damit müssen wir leben. Wenn es um eine spezielle Anwendung für eine bestimmte Branche geht, die womöglich eine SAP-Kernanwendung ergänzt, kann das ja durchaus ein Vorteil für uns sein. Wir können nicht den Anspruch erheben, für alle Ausprägungen und alle Branchen immer die bessere Softwarelösung zu haben.

CW: Welche Services bieten Sie den Anwendern?

Oswald: Der Kunde kann bei Problemen beispielsweise Services nutzen, die in die Plattform oder die Lösungsschicht des ISV eingebettet sind. Solche Mechanismen, die wir Embedded Services nennen, helfen dabei, Fehler schneller zu lokalisieren und zu analysieren.

CW: Wie könnte ein solcher Embedded Service aussehen?

Oswald: Ein Beispiel sind technische Analysen zu Daten und Prozessen, die im Hintergrund mitlaufen. Im Fehlerfall meldet der Kunde sein Problem über ein Hilfefenster im Portal. Diese Meldung wird zusammen mit den gesammelten Analyseinformationen automatisch weitergeleitet, entweder an den internen Support des Kunden oder remote an eines der SAP-Supportzentren, die wiederum mit den ISVs verbunden sind.

CW: Sie denken an eine Art anwendungsübergreifendes Monitoring-System für ISV-Partner und Kunden?

Oswald: Ja. Wir unterstützen unsere Partner dabei, solche Embedded Services zu integrieren. Insofern ändern sich unsere Dienstleistungen grundlegend. Früher haben wir Services nur innerhalb der SAP-Welt erbracht. Heute arbeiten wir beispielsweise an einem abgestimmten Patch-Level-Konzept. Das bedeutet, dass wir die Patches der Softwarepartner validieren und dann gemeinsam mit unseren eigenen auf den Markt bringen.

CW: Wie rechnen Sie solche Dienste mit den Partnern ab?

Oswald: Das diskutieren wir gerade. Die ISVs benötigen zunächst einmal eine Netweaver-Zertifizierung. Hier gibt es eine große Nachfrage: Wir haben bereits 855 ISV-Anwendungen für Netweaver zertifiziert. Darüber hinaus wird es spezielle Serviceabkommen geben, wo der Partner entscheiden kann, welche Leistungen er selbst erbringt und welche er von uns erledigen lässt. Vor allem kleinere ISVs können oft nicht viel in Services investieren. Hier helfen wir in der Anfangsphase, bis der Partner eine ausreichende Zahl von Installationen hat.

CW: Im Geschäft mit Application Service Providing (ASP) agieren Anbieter wie Salesforce.com oder Rightnow zunehmend erfolgreich. Auch Siebel ist auf den Zug aufgesprungen. Wie reagieren Sie auf diese Entwicklung?

Oswald: Für uns ist entscheidend, was die Kunden weltweit nachfragen. Davon hängt es ab, ob wir in diesem Bereich noch mehr investieren. Wir unterstützen schon heute viele Serviceprovider in ähnlichen Marktsegmenten.

CW: Über SAP Hosting bieten Sie bereits ähnliche Dienste an, mit dem Unterschied, dass die Kunden in diesem Fall noch Eigentümer der Software sind. Welche konkreten Angebote planen Sie im ASP-Umfeld?

Oswald: Die Antwort auf diese Frage wird von unseren Vertriebsleuten im Feld kommen. Wir erstellen Produkt- und Solution-Management-Analysen und werden auf dieser Basis entscheiden, ob wir unsere Angebote erweitern, sei es eigenständig oder gemeinsam mit Partnern.

CW: ASP-Dienste sind vor allem für mittelständische Unternehmen eine interessante Alternative. Wie wichtig ist diese Kundengruppe für SAP Services?

Oswald: Mittelständische Kunden sind für uns außerordentlich wichtig, weil sie sich in der Regel kaum eigene IT-Spezialisten halten können. Hier spielen unsere Partner eine entscheidende Rolle. Sie erhalten von uns beispielsweise das technische Backbone, um ihre Kunden ganzheitlich betreuen zu können.

CW: Viele IT-Dienstleister stellen sich nach Branchen auf, um die unterschiedlichen Kundenanforderungen besser abzudecken. Ist das ein Modell für SAP Services?

Oswald: Im Entwicklungsbereich sind wir bereits stark an Branchen orientiert. Hier wird vieles von der Industrie getrieben. Damit sind auch spezielle Serviceleistungen verbunden. Hinzu kommt der Technologie-Service, den wir in der Breite über alle Branchen hinweg anbieten.

CW: Im BPO-Geschäft stellt sich SAP nicht als eigenständiger Anbieter, sondern als Partner der Service-Provider auf. Welche Dienste bieten Sie selbst an, was überlassen Sie den Partnern?

Oswald: In meinem Verantwortungsbereich gibt es eine eigene Organisation, die sich um BPO und die Unterstützung der Service-Provider kümmert. Diesen bieten wir einerseits einen Feedback-Kanal, über den sie Verbesserungen unserer Software hinsichtlich Kosten, Betrieb und Implementierung anregen können. Andererseits unterstützen wir die BPO-Anbieter beim Betrieb unserer Anwendungen, beispielsweise mit Fehleranalysen und Problembehandlung. Das betrifft etwa Service-Level-Agreements mit deren Kunden.

CW: Trotzdem wird SAP neben Implementierungsdiensten und Problembehandlung doch auch Beratungsleistungen oder Prozessdesign in BPO-Projekten erbringen. Wo ziehen Sie die Grenze zu den Angeboten der Outsourcing-Provider?

Oswald: Für uns ist entscheidend, was wir an Prozesswissen in unser Produkt zurück transferieren können. Würden wir nur Software anbieten, hätten wir diese Rückkoppelung nicht.