RIM-CEO Thorsten Heins im Interview

"Wir haben in Sachen Innovation nichts falsch gemacht"

26.07.2012

"Wir haben die Talsohle bereits erreicht"

Sacco: Während RIM also in einigen Regionen wachsen mag, verliert es insgesamt betrachtet an Boden und das scheint mit der Entwicklung in Nordamerika zusammenzuhängen. Kann RIM ohne einen hohen Marktanteil in Nordamerika erfolgreich sein? Oder anders gefragt: Würde sich RIM mit dem anhaltenden Erfolg in kleineren Märkten zufrieden geben?

HEINS: Wir sind Nordamerikaner, wir sind eine kanadische Company und wir wollen in unserem Heimatmarkt gewinnen. Das ist der Grund, warum wir BlackBerry 10 entwickeln - damit wir eine Plattform und ein Produkt haben, mit dem wir im nordamerikanischen Markt wettbewerbsfähig sind und Marktanteile zurückgewinnen können. Und das werden wir tun.

RIMs erstes Touchscreen-Gerät, das Blackberry Storm, erschien schon 2008.
RIMs erstes Touchscreen-Gerät, das Blackberry Storm, erschien schon 2008.
Foto: Vodafone

Was die Marktzahlen anbelangt, das war Teil des Wertesystems über das ich geredet habe. Wir sind noch nicht sehr stark im Markt für Touchscreen-only-Geräte vertreten. Sicher gab es da ein paar Versuche von uns. Ich wäre aber der Erste, der zugibt, dass sich der Erfolg eher in Grenzen hielt. Einer der großen Maßnahmen, die wir nun ergreifen, um Marktanteile zurückzugewinnen, ist daher der Eintritt in diesen Bereich. Darum geht es uns mit unserem ersten Blackberry-10-Produkt. Unser zweites Produkt wird dann ein Qwertz-Gerät und erscheint kurz nach dem Full-Touch-Device. Wir brauchen also dieses Produkt, um in den Touchscreen-only-Markt einzudringen, sowie für das BYOD-Segment im Enterprise-Geschäft, das ebenfalls in Richtung Full Touch geht.

Sie haben Recht, dass unser Marktanteil insgesamt zurückgeht. Der Grund ist das Wachstum bei Touch. Qwertz ist dagegen ziemlich stabil, ein stabiles Segment, das langsam wächst. Das wahre Wachstum liegt im Geschäft mit den Touch-Devices und dort werden wir Wachstum sehen. Es gibt ein loyales Segment von Blackberry-Nutzern in den USA. Ich denke, dass das Schrumpfen im Blackberry-Markt bald zuende ist. Ich glaube, wir haben hier die Talsohle bereits erreicht. Nicht, dass ich damit zufrieden wäre, okay? Der Grund, warum ich Blackberry 10 baue, ist, um dagegen anzukämpfen.

Sacco: In Ihrem Artikel in "The Globe and Mail" nennen sie RIMs Beziehungen mit 650 Carriern weltweit als die größte Stärke der Marke Blackberry. Offensichtlich spielen Carrier eine wichtige Rolle bei Verkauf und Vermarktung von Mobiltelefonen und die Bemühungen der Carrier beim Marketing können über Erfolg oder Mißerfolg entscheiden. Es mag in andernen Ländern unterschiedlich sein, aber hier sehe ich in Mobilfunk-Shops kaum Blackberrys. Was unternimmt RIM, um seine Mobilfunkpartner davon zu überzeugen, den Blackberry-10-Launch mit Ressourcen zu unterstützen?

HEINS: Ich kann Ihnen jetzt keine Details dazu geben, aber unser neuer Chief Marketing Officer Frank Boulben arbeitet bereits mit Carriern an einer Go-to-Market-Strategie, nicht nur in den USA, sondern weltweit und zwar im ersten Quartal des nächsten Jahres.

Wir werden alles tun, um erfolgreich zu sein. Und die Carrier unterstützen uns, Al, weil sie ein Duopol sehen. iPhone und iOS sind proprietär und für sie weitgehend abgeschlossen. Und dann sehen sie Android, bei dem Samsung weitgehend eine Art Monopol hat. Also wollen sie eine Auswahl bieten - und wir müssen ihnen mit Blackberry 10 beweisen, dass wir diese Auswahl liefern können und für den von ihnen gesuchten Ausgleich im Wettbewerb sorgen können.

Sacco: Die Grundaussage Ihres jüngsten Leitartikels und Ihre Botschaft in der Keynote auf der Blackberry World im Mai ist, dass Sie die Frustration von Blackberry-Aktionären, -Kunden und -Anwendern verstehen, diese sollen aber den Glauben bewahren und ihre Geduld werde belohnt. Aber wie lange müssen sie warten, bis RIM beweist, dass die Company noch immer im Spiel ist? Wird Blackberry 10 alle Probleme lösen? Oder dauert es noch zwei oder drei Jahre mehr, bis RIM restrukturiert ist?

HEINS: Das Vertrauen in RIM und die finanzielle Darstellung davon sind zwei verschiedene Dinge. Auch ich bin mit der Situation bei RIM nicht zufrieden. Wer kann glücklich und zufrieden mit dem sein, wo wir gerade stehen? Womit ich zufrieden bin, ist, dass ich weiß, wir haben einen Weg in die Zukunft mit Blackberry 10, weil ich ihn sehe.

Ich glaube, im Januar, mit dem Full-Touch-Device und dem Qwertz in Anflug, werden wir das Vertrauen in RIM wiederherstellen. Daran arbeiten wir. Das ist unser Ziel und als ich mit Carriern über die Verspätung von Blackberry 10 sprach, war das überwältigende Feedback: Erstens, Danke dafür, dass Sie uns das im Voraus sagen. Zweitens, Q4 ist ohnehin mehr ein Quartal für Prepaid-Verträge, mit viel Wirbel, warum konzentrieren wir uns nicht auf einen Launch in Q1 und machen was Großes daraus?" Ich glaube, wir haben da viel Unterstützung.

Ich bin für die Zukunft zuversichtlich. Mein Team arbeitet unermüdlich daran, diese Zukunft zu gestalten.