Interview mit Francesco Javier Garcia Sanz, VW-Konzernvorstand für Beschaffung

"Wir haben den Hype nie mitgemacht"

30.11.2001

CW: Spüren Sie die Auswirkungen der E-Business-Flaute?

GARCIA SANZ: Ich würde nicht von einer Flaute sprechen, sondern eher von einer Rückkehr auf den Boden der Tatsachen. VW hat bei dem Hype nie mitgemacht. Wir haben zuerst beobachtet, was E-Business in Bezug auf die Verbesserung unserer Prozesse leisten kann. Mit diesem pragmatischen Ansatz sind wir sehr weit gekommen. Wir sind der erste Automobilhersteller, der 5500 Lieferanten vernetzt hat und der über eine Konzernplattform verfügt, über die 3600 Einkäufer kommunizieren. Das hat sonst noch keiner erreicht.

CW: Also war die Entscheidung, sich nicht an Covisint zu beteiligen, richtig?

GARCIA SANZ: Das bis heute Erreichte zeigt uns, dass wir alleine schneller sind, unsere Prozesse besser optimieren können als mit anderen zusammen und mit 50 Milliarden Euro Einkaufsvolumen so groß sind, dass es interessant ist, mit uns zusammenzuarbeiten. Wir verfolgen zwar, wo Covisint steht, glauben aber, den richtigen Weg gegangen zu sein.

CW: Verhandeln Sie mit Covisint über einheitliche Standards für den Datenaustausch?

GARCIA SANZ: Nein. Auf einer Veranstaltung der Vereinigung von Automobilzulieferern Clepa gab es Gespräche von VW-Mitarbeitern mit Covisint. Es existiert jedoch weder eine Annäherung oder eine Zusammenarbeit mit Covisint, noch besteht die Absicht, sich an Covisint zu beteiligen.

CW: Arbeiten Sie mit anderen Marktplätzen zusammen?

GARCIA SANZ: Wir werden uns mit Supplyon abstimmen, aber nicht kooperieren, verschmelzen oder uns beteiligen, sondern einfach als private Marktplätze zusammenarbeiten. Dafür haben wir einen Prozess initiiert, der unsere Schnittstellen vereinfachen und vereinheitlichen soll.

CW: Planen Sie, darüber auch mit Zulieferern unterhalb der First-Tier-Ebene in Kontakt zu treten?

GARCIA SANZ: Genau deshalb arbeiten wir mit Supplyon zusammen. Dieser Marktplatz vernetzt ja die First-Tier-Zulieferer mit anderen, runter bis zum Tier-n. Das Ziel ist die Schaffung von Schnittstellen, die es erlauben, Informationen von VW bis hin zu den nachgelagerten Zulieferern auszutauschen.

CW: Es kursieren Zahlen, zwei Drittel der großen Zulieferer hätten keine Strategie zur Beteiligung an Marktplätzen. Woran liegt das?

GARCIA SANZ: Daran, dass sie sich nicht damit beschäftigen. Wir haben unsere Zulieferer früh in das Projekt eingebunden und da-rauf hingewiesen, dass sie sich mit dem Werkzeug auseinander zu setzen haben. In Zukunft muss ein Lieferant, der mit uns zusammenarbeiten will, marktplatzfähig sein.

CW: Was raten Sie den Zulieferern?

GARCIA SANZ: Sie sollten ihre Prozesse transparent machen, abbilden und Internet-fähig gestalten. Dabei sehen Sie dann auch, wo ihre Kosten liegen.

CW: Sie sprachen von einer Win-Win-Situation. Liegen die großen Vorteile nicht eher auf der Seite von VW, da Sie die Standards vorgeben?

GARCIA SANZ: Natürlich gibt VW die Standards vor, das ist nun mal so. Im Endeffekt müssen sowohl wir wie auch die Lieferanten Kosten reduzieren.

CW: Wo liegen die Vorteile für die Lieferanten?

GARCIA SANZ: Wie bei VW in der Optimierung von Prozessen. (rg)