"Wir gehen den Markt aehnlich wie EDS an"

20.10.1995

CW: Warum steigt SNI erst jetzt in das schon seit Jahren bluehende Outsourcing-Geschaeft ein?

Froeschl: Seit Oktober letzten Jahres ist Gerhard Schulmeyer der Vorsitzende der Geschaeftsfuehrung. Ich habe im Januar 1995 begonnen, den SBS-Bereich (SBS = Siemens Business Services, die Red.) aufzubauen. Der vorherige Vorstand hatte offenbar gute Gruende, dieses Geschaeft nicht zu betreiben.

CW: Wie sind Sie beim Aufbau des Geschaefts vorgegangen?

Froeschl: Wir gehen den Markt aehnlich wie EDS an. General Motors hat damals EDS von Perot gekauft und die enormen Kapazitaeten der internen DV hinzugegeben. Bei uns bildet der Siemens-Bereich Rechner- und Kommunikationsdienste (RK) den Kern der SBS.

CW: Was hat denn diese Siemens-interne IT-Abteilung zu bieten?

Froeschl: Zunaechst einmal betreibt sie eines der weltweit groessten Corporate Networks. Ausserdem verfuegen wir ueber reichlich Erfahrung beim RZ-Betrieb und der Konsolidierung. Immerhin hat Siemens seine Rechenzentren von 53 auf fuenf reduziert. Schliesslich ist jede Menge SAP-Know-how vorhanden. Wir arbeiten seit Juni daran, R/3 im Siemens-Konzern einzufuehren.

CW: Als Mitglied des erweiterten SNI-Vorstands sind Sie fuer den gesamten Servicebereich zustaendig. Welche Aufgaben werden Sie nicht der SBS zuschlagen?

Froeschl: Zum einen den Bereich Grossprojekte. Er konzentriert sich auf Systemintegration sowie auf Telekommunikation und hier unter anderem auf intelligente Netze und Billing-Systeme. Wir kuemmern uns auch um Polizei- und Flughafen-Informationssysteme, den Gueterverkehr, Patentsysteme etc. Der zweite groessere Block umfasst Training und Dienste.

CW: Werden Sie diese Bereiche irgendwann mit der SBS verschmelzen?

Froeschl: Ich habe die Aufgabe, unter der Bezeichnung "Business Services" SNI-weit alle Geschaefte in diesem Sektor eng zusammenzufuehren. Es ist gut moeglich, dass wir den gesamten Dienstleistungsbereich irgendwann in einem Systemhaus verschmelzen.

CW: Die Siemens AG ist mit 98 Prozent, die SNI nur mit zwei Prozent an der SBS beteiligt...

Froeschl: ... Siemens stellt mit seinen ausgelagerten Sektoren RK und Communication Network personalmaessig den groessten Teil der neuen Gesellschaft. Die beiden Bereiche bringen knapp 2000 Mitarbeiter in die SBS ein, waehrend SNI vorerst lediglich die Sietec Consulting abstoesst, die nur 180 Mitarbeiter beschaeftigt. SNI traegt aber die volle Management-Verantwortung fuer unsere neue Outsourcing-Tochter.

CW: Warum haben Sie die unuebliche Gesellschaftsform Offene Handelsgesellschaft (OHG) gewaehlt?

Froeschl: Wenn wir im Rahmen von Outsourcing-Abschluessen Joint- ventures mit unseren Kunden gruenden, sind wir flexibler. Wir muessen nicht jedesmal Aktiva und Passiva neu bewerten. Ausserdem signalisieren wir: Hier steht die Siemens AG dahinter.

CW: Viele Unternehmen moechten einen Partner, der nicht nur BS2000- und Sinix-Know-how hat. Verfuegen Sie ueber das noetige Multivendor- Potential?

Froeschl: Heute geht jeder davon aus, dass wir unseren Schwerpunkt allein auf das angestammte SNI-Geschaeft legen, das sicherlich BS2000-lastig ist. Aber wir koennen auch andere Dinge. Wir haben beispielsweise in Paderborn ein MVS-Rechenzentrum mit ueber 300 MIPS stationiert. Auch in Konstanz verfuegen wir ueber gutes IBM- Know-how.

CW: Kann es sein, dass Sie in naechster Zeit einen groesseren Vertrag im MVS-Bereich unterzeichnen werden, um hier mehr Flagge zu zeigen?

Froeschl: Wir waren ja schon bei Conti nahe dran. Wir haetten sogar unterzeichnen koennen. Da sich der Deal fuer uns nicht profitabel darstellte, sind wir wieder zurueckgetreten. Es ist nicht unser Stil, einfach Marktanteile zu kaufen. Eine vernuenftige Geschaeftsbasis muss schon da sein. Aber wir stehen mit einigen grossen Unternehmen in Kontakt. Beispielsweise gibt es einen Letter of intent mit einem Kunden; kommt der Abschluss wie geplant zustande, handelt es sich um einen Auftrag mit einem Volumen von mehr als 250 Millionen Mark.

CW: Welcher Kunde...?

Froeschl: ... diese Schlagzeile gibt es erst zum Januar 1996.

Mit Dr. Friedrich Froeschl, zustaendig fuer den Bereich Business Services in der Geschaeftsfuehrung der Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG, Muenchen, sprach CW-Redakteur Heinrich Vaske.