Künftig sollen Services für BMC eine größere Rolle spielen

"Wir entwickeln uns zu einem Top-tier-Anbieter"

29.10.1999
Mit Wayne Morris, Vice-President Marketing bei BMC Software, sprach CW-Redakteur Martin Seiler über die neugegründete Division Professional Services und den Markt für System-Management.

CW: BMC hat vor kurzem die Professional Services ins Leben gerufen. Was erhoffen Sie sich davon?

MORRIS: Sie müssen das im Kontext mit unserer Entwicklung in der letzten Zeit sehen. Wir haben als Anbieter von Punktlösungen im System-Management angefangen. Mit unserer Entwicklung in Bereichen wie verteilte Systeme haben wir unser Portfolio ergänzt. Gleichzeitig verlangten unsere Kunden zusätzliche Services, die ein schnelleres Implementieren der Lösungen erlauben.

CW: Wie gehen Sie dieses Thema an?

MORRIS: Im Gegensatz zu anderen Unternehmen, die sich komplette Servicemannschaften einkaufen, beschreiten wir einen anderen Weg. Unser Ziel ist es, das Know-how in unserem Haus aufzubauen und allmählich das dazu notwendige Team zu bilden. Wir stellen ziemlich aggressiv Fachkräfte auf diesem Gebiet ein.

CW: Wie stark ist Ihre Servicemannschaft?

MORRIS: Derzeit arbeiten etwa 400 Spezialisten weltweit für uns, wir stellen aber jeden Monat zirka 50 neue Leute ein.

CW: Wo nehmen Sie die her? Andere Anbieter kaufen deswegen gleich ganze Firmen auf, so wie Lucent es mit International Network Services getan hat.

MORRIS: Es kommt darauf an, ob man gute Leute anziehen kann. Wir wachsen zur Zeit enorm und entwickeln uns zu einem Top-tier-Anbieter. Das macht es leichter für uns, Spezialisten zu finden, als es noch vor zwei oder drei Jahren der Fall gewesen wäre.

CW: Aber Sie schließen deswegen Akquisitionen nicht völlig aus?

MORRIS: Nein, natürlich nicht. Aber hier liegt nicht unser Hauptfokus. Uns kommt es vor allem darauf an, den schnellsten Weg zu finden, um Lücken in unserem Know-how zu schließen oder ein gestecktes Ziel zu erreichen. Das kann unter Umständen auch eine Akquisition sein - es ist uns aber lieber, wenn wir das mit Mitarbeitern schaffen, die wir selbst ausgesucht haben. Im Unterschied zu Unternehmen wie Cisco gehört es nicht zu unserer Geschäftsstrategie, jedes Jahr auf Einkaufstour zu gehen, um weiterhin zu wachsen.

CW: Macht es für den Kunden denn einen Unterschied, ob ein Hersteller eine Technologie selbst entwickelt oder einen anderen Anbieter schluckt?

MORRIS: Für den Kunden zählt nicht, wie das Produkt zustande kam, sondern nur daß es zustande kommt und was danach damit passiert.

CW: Kommen wir noch einmal auf die Professional Services zu sprechen - worin unterscheiden sich Ihre Dienstleistungen konkret von denen anderer Unternehmen?

MORRIS: Unter anderem darin, daß unser Fokus klar auf dem Enterprise-Management liegt. Unsere Service-Abteilung erfüllt aber keinen Selbstzweck, sondern ergänzt unsere anderen Geschäftsbereiche. Wir wollen natürlich unsere Produkte einsetzen und den Kunden dabei helfen, einen möglichst großen Wert aus ihnen herauszuholen.

CW: Ist das alles?

MORRIS: Uns liegt nichts an langfristigen Engagements: Wir kommen, erledigen unsere Arbeit und verschwinden wieder. Das spart den Anwendern auch Geld: Wir rechnen für jeden Dollar Produktwert 30 Cent, die der Kunde zusätzlich in Services investieren muß. Andere Anbieter verdienen gerade am Service. Hier liegt das Verhältnis dann nicht selten in Bereichen von eins zu fünf, was die Kosten für Produkte und die Dienstleistungen angeht.

CW: Heißt das, Sie legen keinen Wert auf eine beständige Kundenbeziehung?

MORRIS: Doch, aber wir wollen den Kunden nicht mit Serviceverträgen knebeln, für die er jeden Monat teuer bezahlen muß.

CW: Vor einem Jahr hat BMC mit der Akquisition von Boole & Babbage von sich reden gemacht. Analysten sahen Sie damals nach Tivoli und Computer Associates (CA) als dritte Macht im Sektor System-Management, Sie selbst wehrten sich aber dagegen...

MORRIS: Ja, das stimmt. Mittlerweile hat sich unsere Einstellung aber geändert. Die Analysten geben uns recht, sie sehen uns etwa auf einer Stufe mit CA und Tivoli.

CW: Sie gehen also in direkte Konkurrenz?

MORRIS: Ja und nein. Wir behalten unseren Fokus, der auf dem Garantieren der Verfügbarkeit von Anwendungen liegt, und versuchen nicht, CA und Tivoli alles um jeden Preis nachzumachen. Management-Aspekte wie Softwareverteilung und Konfiguration beispielsweise gehören nicht zu unserem Geschäft, und daher stehen wir auch nicht überall in direkter Konkurrenz zueinander.

CW: Warum dann der Vergleich mit diesen Anbietern?

MORRIS: Es ist interessant zu sehen, daß sowohl CA als auch Tivoli als Verfechter des Framework-Ansatzes mittlerweile dazu übergehen, ihre Lösungen auch modular anzubieten. Diese Herangehensweise vertreten wir seit Jahren. Wir mußten uns also nicht verändern, um mit ihnen mitzuhalten, sondern es war genau andersrum. Und wir wollen unseren Kurs beibehalten.

CW: Ähnlich wie CA und Tivoli steigt BMC jetzt auch in das Management von E-Commerce-Lösungen ein.

MORRIS: Richtig, zu unseren Kunden zählen einige der größten Web-Companies wie zum Beispiel Amazon.com. Außerdem betreuen wir eine ganze Reihe eher traditioneller Firmen, die erst jetzt im Bereich E-Commerce aktiv werden.

CW: Was tun Sie für diese Unternehmen?

MORRIS: Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß deren E-Business-Sites verfügbar sind. Das ist ja der springende Punkt bei der Verwaltung von solchen Angeboten: Verfügbarkeit, und das rund um die Uhr. Damit steht und fällt der elektronische Handel, außerdem müssen Unmengen von Kundendaten verwaltet werden. Auf diesen Gebieten liegt unsere Stärke. Um das zu verdeutlichen, haben wir uns den Ausdruck "E-vailability" schützen lassen (in Anspielung auf availability = Verfügbarkeit, Anm. d. Red.). Darum geht es doch.

CW: Und wie steht es mit der Konvergenz der Sprach- und Datennetze? Stellt dieser Bereich auch für BMC eine Möglichkeit dar?

MORRIS: Dieser Bereich ist sehr wichtig, aber wir sehen hierbei nur Protokolle, die verwaltet werden müssen. Für uns stellt Sprache in einem Datennetz nur eine weitere Form eines Informationsflusses einer Anwendung dar, den es zu überwachen gilt. Und damit kennen wir uns aus.

CW: Wo denn noch?

MORRIS: Wir sehen Bedarf in den Bereichen Verwaltung von Storage Area Networks (SANs) und Desaster Recovery. Themen wie diese gewinnen für die Anwender zunehmend an Bedeutung, und wir können ihnen dabei helfen. Wir haben aber das Gefühl, daß sich die Marktanforderungen genau in Richtung unserer Kernkompetenzen verändert haben.

CW: Und woran arbeiten Sie in technischer Sicht?

MORRIS: Wir möchten mehr Intelligenz in unsere Lösungen bringen. In Kürze werden Sie Produkte von uns sehen, die mit Konzepten wie Ursachenanalyse arbeiten. Außerdem wollen wir die Reporting-Funktionen verbesern, vor allem, was den Business-Bereich angeht. Die Berichte sollen nicht nur für die IT-Leute verständlich sein, sondern den Wert der IT für das Gesamtunternehmen verdeutlichen helfen.