Justizministerin

"Wir brauchen keinen IT-Minister"

11.03.2010
Die Bundesregierung ist nach den Worten von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gegen die Einrichtung des Amtes eines Internet-Ministers.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
Foto: BMJ

Internet und Datenschutz sei Aufgabe der gesamten Bundesregierung, sagte sie am Donnerstag in Berlin. "Wir sind der Meinung, einen zusätzlichen Internet-Minister oder IT-Minister in der Bundesregierung brauchen wir nicht." In der Branche hatte es Forderungen nach einem Internet-Staatsminister und Kritik an der Internetpolitik der Regierung gegeben.

Kritiker hatten unter anderem widersprüchliche Äußerungen und Maßnahmen beim Thema Privatsphäre angeführt. Die Ministerin sagte: "Von gewissen temperamentbedingten Unebenheiten in der Koalition sollten Sie sich nicht täuschen lassen." Man sei "sehr gewillt", in diesen Fragen eine gemeinsame Richtung einzuschlagen.

Unterschiedliche Meinungen gibt es innerhalb der Bundesregierung aber weiterhin beim Thema Vorratsdatenspeicherung. Nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts dürfen in Deutschland Telefon- und Internetdaten nicht länger massenhaft für sechs Monate gespeichert werden, um Ermittlungen gegen Schwerverbrecher und Terrorverdächtige zu erleichtern. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) drängt die Justizministerin, noch vor der Sommerpause einen neuen Gesetzentwurf zu erstellen. Leutheusser-Schnarrenberger bekräftigte, das Urteil müsse erst sorgfältig bewertet und ausgewertet werde. Es dürfe keinen "gesetzgeberischen Schnellschuss" geben.

Gegen Internet-Zugangssperre als Strafe

Leutheusser-Schnarrenberger ist überdies gegen eine Sperrung von Internet-Zugängen als Strafe für Produktpiraterie. Angesichts der laufenden Verhandlungen über das internationale Abkommen ACTA setze sich die Bundesregierung mit Nachdruck dafür ein, dass es Internet-Zugangssperren bei Urheberrechtsverletzungen nicht geben solle, sagte die FDP-Politikerin. ACTA soll den globalen Kampf gegen Produktfälschungen, gefälschte Medikamente oder Datenklau stärken. Am Verhandlungstisch sitzen unter anderem die USA, die Schweiz, Japan, Südkorea, Singapur, Mexiko und Australien. Die nächste Runde beginnt im April in Neuseeland.

Nach dem Koalitionsvertrag zwischen der Union und der FDP seien Sanktionsmöglichkeiten, die eine Sperrung des Internet-Zuganges ermöglichten, kein Weg, sagte die Ministerin. Dies habe man unmissverständlich vereinbart. Bereits am Mittwoch hatte das Europaparlament in Straßburg vor dem geplanten Abkommen ACTA gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen gewarnt. ACTA steht für Anti-Counterfeiting Trade Agreement. Nach Ansicht der SPD-Fraktion im Europaparlament könnte das Abkommen Internetprovider dazu verpflichten, das Internetangebot zu kontrollieren, einzuschränken und Nutzern den Netzzugang zu sperren. Damit würden Provider dann zu Hilfssheriffs von wirtschaftlichen Interessen, kritisierte die SPD.

Das Europaparlament hatte am Mittwoch gefordert, in die Verhandlungen eingebunden zu werden. Es darf mit dem am 1. Dezember in Kraft getretenen EU-Vertrag von Lissabon bei internationalen Abkommen, die Europa abschließt, mitentscheiden. (dpa/tc)