VW-CIO Klaus Hardy Mühleck

"Wir beamen unsere IT-Standards in die Cloud"

27.08.2010
Von Robert Gammel

Auf dem Weg zum IT-Baukasten

CW: Wie stemmen Sie 600 IT-Projekte gleichzeitig?

MÜHLECK: Unsere IT-Projekte bündeln wir in Programmen. Diese arbeiten wir nach einem konzernweit gültigen IT-Bebauungsplan ab. Hier schreiten wir mit den neun Marken konsequent, zügig und arbeitsteilig voran - an weltweit 61 Fertigungsstandorten.

CW: Welche Strategie verfolgen Sie dabei?

Klaus Hardy Mühleck, Konzern-CIO der Volkswagen AG
Klaus Hardy Mühleck, Konzern-CIO der Volkswagen AG
Foto: H + G

MÜHLECK: Wir wollen größtmögliche Effekte mit geringem Aufwand und zu vernünftigen Kosten erzielen. Dabei gehen wir in drei Schritten vor: Erstens Konsolidierung; hier haben wir in den vergangenen Jahren große Restrukturierungen hinter uns gebracht. Zweitens Standardisierung von Technologien, Prozessen und Infrastruktur; das geschieht durch konzernweit gültige IT-Standards. Drittens Modularisierung; wir gestalten unsere IT-Landschaft sukzessiv um und nutzen - ähnlich wie in unserer Fahrzeugtechnik mit modularen Längs- und Querbaukästen - die Vorteile von IT-Bausteinen.

CW: Was sind konzernweit gültige IT-Standards?

MÜHLECK: Zum Beispiel unsere Global-Treasury-Plattform, die mittlerweile in rund 140 Ländern zum Einsatz kommt. Weitere Konzernstandards sind die einheitliche Stückliste, das einheitliche Änderungs-Management sowie das ebenfalls von allen Marken genutzte Product-Lifecycle-Management (PLM).

CW: Können Sie kurz die wesentlichen Vorteile von IT-Modulen nennen?

MÜHLECK: Im Zuge unserer Strategie 2018 erweitert der Volkswagen-Konzern seinen globalen Fertigungsverbund um neue Werke in Russland (Kaluga), Indien (Pune) und den USA (Chattanooga). Die Aufgabe der Konzern-IT ist hier die effiziente IT-Erschließung und die Anbindung der neuen Standorte an unsere IT-Systeme. Dafür nutzen wir globale Templates wie "Unit". Dieses Fabrikstandard-Template besteht aus IT-Modulen, die zusammen sämtliche Geschäftsabläufe abdecken - die Logistik für Produktionsplanung und -steuerung, für Instandhaltung und Qualitätssicherung sowie für Finanz-, Rechnungs- und Personalwesen. Unit dient auch der IT-Modernisierung bestehender Fabriken und läuft bereits an 20 Standorten.

CW: Lassen sich denn mit nur einem Template alle Standorte bedienen?

MÜHLECK: Theoretisch ja, praktisch nein. Der modulare Aufbau erleichtert aber notwendige Anpassungen an lokale Gegebenheiten. Beispielsweise schreibt die Steuergesetzgebung in Brasilien andere Prozesse vor als hierzulande oder in China. Mit Unit erzielen wir einen Standardisierungsgrad zwischen 70 und 80 Prozent, das ist akzeptabel. Hinzu kommt das Fertigungsinformationssystem FIS, das für die Fertigungssteuerung in mehr als 40 Werken im Einsatz ist.

Auch hier zahlt sich unsere Modulstrategie aus. Führen wir beispielsweise in Chattanooga neue Logistikprozesse ein, übernehmen wir diese zügig in den Konzernstandard. Neuerungen pflegen wir ein und stellen sie mit dem nächsten Release weiteren Werken zur Verfügung. Das alles wäre ohne unseren zuvor eingeschlagenen strikten Konsolidierungs- und Standardisierungskurs nicht möglich.

CW: Welche Herstellerstandards gibt es im Volkswagen-Konzern?

MÜHLECK: In der Fahrzeugkonstruktion nutzen wir zum Beispiel die CAD-Systeme Catia und Pro/Engineer. Im Engineering-Bereich setzen wir Teamcenter von Siemens ein, bei den Finanz- und Personalsystemen ist es SAP. Im Büroumfeld stellen wir unsere Desktops auf das neue Betriebssystem Windows 7 und auf Office 2010 um. Den Rollout für mehr als 150.000 Clients starten wir noch in diesem Jahr.