Nervenkrieg um Großauftrag:

Wink mit dem Telegrafenmast

09.01.1981

WIEN (CW) - Eine neue Note brachte die Siemens AG in die Diskussion um Österreichs neues Telefonsystem. Um diesen Großauftrag (zwei Milliarden Schilling pro Jahr für den Rest des Jahrtausends) bewerben sich Siemens, ITT und Northern Telecom.

Siemens-General Wolfsberger schwenkt nun den Arbeitsplatzknüppel: Eine Entscheidung gegen Siemens könnte eine Einschränkung der in Österreich stattfindenden Fertigung bedeuten. Dies wäre mit dem Abbau von Arbeitsplätzen verbunden.

Mit der Auswahl des neuen Telefonsystems ist die ÖFEG (Österreichische Fernmeldetechnische Entwicklungs- und Förderungsgesellschaft) betraut. Drei Firmen legten Angebote vor, wobei Northern Telecom sich durch die alteingesessenen Telefonbauer Kapsch und Schrack vertreten ließ. ITT lief bereits im Frühjahr ins Abseits, als auf Geheiß der amerikanischen Mutter das ursprüngliche Angebot zurückgezogen wurde, um durch eine andere Konzeption ersetzt zu werden.

Obwohl die ÖFEG noch nicht endgültig darüber entschieden hat, dürfte - das neue, nun verspätete Angebot nicht mehr akzeptiert werden. Wer auch immer den Sieg davonträgt, alle drei werden an der Erzeugung im Ausmaß bisheriger Marktanteile mitnaschen. Es geht somit nicht um alles oder nichts, sondern vor allem um Prestige und Auslastung.

In der Wiener Siemens-Telefonfabrik produzieren gegenwärtig etwa 4500 Mitarbeiter für Österreich und den Siemens-Weltverbund.

Da um die Weltverbundaufträge regionales Tauziehen herrscht, befürchtet Wolfsberger bei einer Niederlage in Österreich auch eine Schwächung seiner Position im Produktions-Poker.

Als Beispiel für die Konsequenzen des Nachlassens in der Fertigung nannte Pressesprecher Schwegler das Siemenswerk im deutschen Bruchsal. Er meinte auch, Österreich stünde dann in den Augen der Siemens-Muttergesellschaft "nicht mehr so strahlend da wie bisher".