Kolumne

"Windux ist gleich Linows"

22.10.1999

Viele amerikanische Wirtschaftkapitäne gefallen sich in der Rolle von Visionären, die eine "Mission" zu erfüllen haben. Daß sie dabei ein Bild von der Zukunft malen, das wunderbar mit der eigenen Firmenstrategie harmoniert, versteht sich von selbst.

Die grenzenlose Lobhudelei für das eigene Unternehmen ist eine Disziplin, in der es auch Bill Gates zu großer Meisterschaft gebracht hat. Sein Ruf als Visionär hingegen, den ihm der Slogan "Information at your fingertips" vorschnell eingebracht hat, ist spätestens seit seiner Fehleinschätzung des Internet ruiniert. Daß er als Leitfigur für Technologiebegeisterte vergleichsweise schlecht abschneidet, mag auch an seinem drögen Auftreten und seinem fehlenden Charisma liegen. Entscheidend ist aber, daß Microsoft mittlerweile vor allem damit beschäftigt ist, seine Monopolstellung gegen schnelle, innovative Firmen zu verteidigen.

Angesprochen auf die Bedeutung neuer Technologien, Geschäftsmodelle oder Firmen, stellt er sich allzuoft keiner Diskussion. Vielmehr verlegt er sich auf das Dementieren und Herunterspielen von Bedrohungen für sein Imperium, betreibt Haarspalterei und weicht Fragen aus. Schon 1995 stellte er gegenüber einer CW-Schwesterpublikation in Abrede, daß ihm Java und Netscape Kopfzerbrechen bereiten. Wie mittlerweile durch das Antimonopolverfahren bekannt ist, scheute er kaum ein Mittel, um mit dieser Herausforderung fertig zu werden.

Zur Zeit droht Freeware die Preise für kommerzielle Software zu verderben, zumindest bei Allerweltsprodukten wie PC-Betriebssystemen oder Office-Paketen. Doch Gates spielt die Gefahr herunter und behauptet allen Ernstes, zwischen dem Geschäftsmodell von Red Hat und Microsoft bestehe kein wesentlicher Unterschied.

In den USA ist das Applikations-Hosting im Internet derzeit ein heißes Thema. Anstatt Software zu kaufen, beziehen Anwender Services. Doch Gates gibt vor, den Begriff Service in diesem Zusammenhang noch nie gehört zu haben.

Trotz dieser Manöver hat Bill Gates als Visionär noch nicht endgültig ausgespielt. Wer wissen will, wo sich interessante neue Trends abzeichnen, muß nur darauf hören, was der Microsoft-Chef vehement schlechtmacht oder als völlig unbedeutend hinstellt.