Preise durchgesickert, Aktivierung geknackt

Windows XP: Pannen und offene Geheimnisse

20.07.2001
MÜNCHEN (CW) - Eine Milliarde Dollar will Microsoft für die PR-Kampagnen zugunsten des kommenden Betriebssystems Windows XP ausgeben. Wahrscheinlich würde ein Bruchteil dafür reichen, denn die Medien überschlagen sich bereits drei Monate vor dem Start mit News, Kuriositäten und Pannen im Vorfeld des Produktstarts.

Das neue Windows XP, das am 25. Oktober erscheinen wird, soll die beiden Produktschienen Windows 9x/ME und Windows 2000 ablösen. Seit gut zwei Wochen ist die aktuelle Testversion verfügbar - als "Release Candidate 1" (RC 1) unterscheidet es sich nach alter Gepflogenheit der Gates-Company kaum mehr vom endgültigen Serienprodukt. Bereits die Veröffentlichung des RC 1 sorgte allerdings für Wirbel. Entwickler und Kunden, die zehn Dollar für das Recht auf einen Download des Betriebssystems bezahlt hatten, warteten vergeblich auf eine E-Mail mit der notwendigen Benutzer-ID und dem Passwort für den Download.

Andererseits bescherte eine Schludrigkeit bei Microsofts Hosting-Vertragspartner Conxion unautorisierten Surfern für zwei Tage freien Zugang zu den Download-Dateien. Kunden hingegen, die für 20 Dollar eine RC-1-CD geordert hatten, wurden vertröstet. Erst Ende Juli werden sie die Testversion per Post erhalten.

Auch die vermutlichen Einzelhandelspreise des neuen Systems sind durchgesickert. Obwohl der Preis von Windows XP offiziell noch ein Geheimnis ist, hatte Amazon.com die Pakete schon zum Vorbestellen angeboten. Mit 100 Dollar für das Upgrade auf die Consumer-Version und 200 Dollar für die Vollversion ist das Paket rund zehn Prozent teurer als die aktuelle Ausführung von Windows ME. Microsoft wollte die Preise aber nicht bestätigen.

Neuigkeiten gibt es auch um die umstrittene Produktaktivierung, die mit Office XP eingeführt wurde und auch Windows XP gegen Raubkopien sichern soll. Dieser Mechanismus bildet aus Seriennummern von verschiedenen, nicht näher spezifizierten Hardwarekomponenten und der CD-Seriennummer eine Produkt-ID, die an Microsoft gesendet wird. Damit ist die Software an den Rechner gebunden und kann auf keinem anderen PC mehr installiert werden. Zunächst trat die Berliner Firma Fully Licensed GmbH (www.licenturion.com) mit der Nachricht an die Öffentlichkeit, sie habe die Aktivierungsprozedur teilweise entschlüsselt und dabei herausgefunden, wie die Identifizierung der Hardware funktioniere. Das von der Firma zum Download angebotene Tool gibt dem Anwender Auskunft über die möglichen Harwareveränderungen, die vom Betriebssystem toleriert werden.

Dass die Zwangsaktivierung auch völlig ausgehebelt werden kann, hat unterdessen die CW-Schwesterpublikation "Tecchannel" (www.tecchannel.de) herausgefunden. Danach reichen die Manipulation einer DLL-Datei und ein paar kleinere Tricks, um eine Kopie von Windows XP auf mehreren Rechnern installieren zu können.

Unerwartet hat die Gates-Company auch weit reichende Konzessionen an PC-Hersteller und OEMs gemacht, was die Modifikation von vorinstallierten XP-Systemen betrifft. Offenbar um einer neuerlichen Konfrontation mit den Kartellbehörden aus dem Weg zu gehen, erlaubt das Unternehmen den Anbietern nun sogar, den oftmals als Herzstück des Systems bezeichneten "Internet Explorer" zu entfernen.