Erfolge in Unternehmen

Windows Vista treibt den Markt für Tablet-PCs an

30.11.2007
Von Handelsblatt 
Bei Privatkunden konnten Tablet-PCs bisher nicht punkten. Dafür setzen sich die mobilen Computer nun in Nischenmärkten durch: Immer mehr Krankenhäuser und Versandhändler nutzen die handlichen Notebooks - auch dank Windows Vista.

HAMBURG. Wenn es nach den Analysten von Gartner oder IDC gegangen wäre, gäbe es heute nicht die vielen Multimedia-PCs in den Wohnzimmern, sondern es hätten sich kleine Din-4-große Handcomputer durchgesetzt, für das Surfen im Internet und für die Steuerung der Musik- und Videoanlage. Doch es ist anders gekommen. Tablet-PCs werden heute kaum genutzt, um bequem auf dem Sofa Mails zu lesen. Die mobilen Computer, die auf den ersten Blick aussehen wie ein Flachbildschirm, die keine Tastatur besitzen und per Stift bedient werden, setzen sich dafür - dank Windows Vista - in Nischenmärkten durch: im Gesundheitsbereich und in der Logistik.

Die Zahl der Tablet-PCs, die in Unternehmen eingesetzt werden, wächst seit drei Jahren beständig. Die Technologie zur Handschriftenerkennung wurde in den letzten Jahren so weit verbessert, dass sie industrietauglich ist. "Die Qualität der Lösungen, die es heute gibt, ist sehr gut", sagt Alexander Brand, Produktmanager Mittelstand beim Computerhesteller Hewlett Packard.

Die Hersteller haben die Leistungen der Akkus und die Leuchtkraft der Displays optimiert und es geschafft, das Gewicht der Rechner zu reduzieren. Vor allem Krankenhäuser entscheiden sich für die mobilen Geräte. Den Marktforschern von ABIresearch zufolge wächst die Zahl der Tablets im Gesundheitsbereich weltweit im Jahr um mehr als 30 Prozent. Der Vorteil hier: Mit der mobilen Eingabehilfe hat der Arzt die elektronischen Krankenakten seiner Patienten immer dabei und kann direkt die Ergebnisse seiner Untersuchung notieren.

Doch nicht alle Geräte sind gleich geeignet. "Wir haben erst mit Laptops angefangen und später klassische Tablet-PCs eingesetzt. Es hat sich aber gezeigt, dass unsere Mediziner spezifische Anforderungen haben, die diese Geräte nicht erfüllen konnten", sagt Uwe Pöttgen, der Chief Information Officer der Asklepios-Gruppe. Die Geräte, die heute im Future Hospital der Krankenhauskette Asklepios in Hamburg Barmbek zum Einsatz kommen sind Spezialanfertigungen.

Der sogenannte Mobile Clinical Assistent (MCA) von Motion Computer und Chiphersteller Intel wurde in enger Abstimmung mit Krankenhäusern entwickelt. Von herkömmlichen Tablets unterscheidet den MCA zum Beispiel das Display, das auch mit Schmutz und Desinfektionsmittel klarkommt. Bei der Erfassung und Übertragung von Patientendaten oder der Dokumentation bei der Medikamentenvergabe helfen Barcode- und RFID-Scanner. Auch eine Kamera für die gesetzlich vorgeschriebene Wund-Dokumentation von Verletzungen ist integriert. Um künftig auch die elektronische Gesundheitskarte und den Heilberufsausweis einlesen zu können, wurden zusätzlich zwei Einschübe für Chipkarten integriert.

Auch andere Hersteller haben sich auf die Anforderungen ihrer Kunden eingestellt. Panasonic hat sehr robuste Tablets entwickelt, sogenannte Toughbooks. Diese werden beispielsweise von der Berufsfeuerwehr auf dem Campus der Technischen Universität München eingesetzt. Sie ersetzen die Aktenordner, die Informationen über Brandorte und dort gelagerte Chemikalien enthielten. Mehr als 30.000 detaillierte Gebäudepläne sind nun mit ihnen abrufbar. Über die Handschriftenerkennung können die Feuerleute kurze Notizen in ihren Einsatzbericht eintragen. Die gepanzerten Geräte sind nur zwei Kilo schwer und mit Akkus ausgestattet, die bis zu acht Stunden halten.

Probleme bei der Handschriftenerkennung waren lange Zeit ein Killerargument für Industrielösungen. Doch diese sind inzwischen gelöst. Mit dem neuen Microsoft-Betriebssystem Windows Vista gehört die Unterstützung der Tablet-PCs und die Handschriftenerkennung ebenso selbstverständlich dazu wie etwa die Unterstützung der Bluetooth- oder Infrarotschnittstelle. Analysten von Gartner gehen davon aus, dass Windows Vista dazu beiträgt, dass die Tablet-Technik ab 2008 insbesondere im Unternehmensumfeld noch stärker nachgefragt wird - eine Nachricht, die nicht nur die Anbieter der heutigen Geräte erfreut, denn dadurch wird der Markt auch für Neueinsteiger interessant.

Neben Apple kündigte inzwischen beispielsweise auch Dell an, Tablet-PCs bis Ende 2007 auf den Markt zu bringen. Jeff Clarke, Senior Vice President von Dells Business Product Group, präsentierte in seinem Firmen-Blog "Direct2Dell" auf einem kurzen Video einen Prototypen, der in Schulen und an Unis, im Gesundheitswesen oder in Unternehmen eingesetzt werden soll. "Die Technik und das Kunden- sowie Anwendungsfeld haben sich so entwickelt, dass es für Dell sinnvoll ist, den Markt für Tablet-PCs zu betreten", schrieb Clarke. Das Gerät soll mit Windows Vista betrieben werden. Seitdem hat man allerdings nichts wieder davon gehört.