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Windows Vista kommt für Endkunden erst 2007

22.03.2006

Vorbild Office

Der Umbau stehe aber in keinem direkten Zusammenhang mit der neuerlichenVerspätung von Vista. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass Sinofsky künftig einige Verantwortung von Allchin übernimmt. Dieser hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, er wolle sich nach dem eigentlich für dieses Jahr geplanten Vista-Launch in den verdienten Ruhestand zurückziehen.

Die Office-Gruppe ist für einen disziplinierteren Management-Stil bekannt und hat zumeist ihre neuen Produkte planmäßig abgeliefert. Die Windows-Sparte dagegen setzte schon immer den Stand der Entwicklung über die Planung des Managements. Dieses Modell geriet durch die zunehmende Komplexität des Betriebssystems zuletzt außer Kontrolle. Probleme mit Vista zwangen Microsoft im Jahr 2004, die Entwicklung der Software zu stoppen, große Teile neu zu erstellen und die Entwickler-Hierarchie stärker zu kontrollieren.

Aber auch trotz der erneuten Verspätung dürfte Vista für die Branche immer noch ein wichtiges Ereignis werden – vermutlich der größte technische Umbau seit Einführung des ersten 32-Bit-Betriebssystems von Microsoft, Windows 95, vor mehr als zehn Jahren. Mehr als 90 Prozent der PCs weltweit laufen unter Windows. Und natürlich ist das Verpassen des wichtigen Weihnachtsgeschäfts deswegen ein Schlag ins Gesicht für Microsoft und die zahllosen von ihm abhängigen Hard- und Softwarefirmen.

Der PC-Markt wird leiden

Speziell die Verschiebung der Privatkundenversion auf Januar ist aus Sicht von Roger Kay, Analyst bei Endpoint Technologies Associates, ausgesprochen bitter. Und zwar deswegen, weil die Consumer, die rund 38 Prozent der PC-Umsätze insgesamt ausmachen, tendenziell mehr Rechner im Jahresendgeschäft kaufen als Firmen.

Auch Zulieferer der PC-Industrie wie die Prozessorbauer Intel und AMD setzen natürlich auf Vista mit seinen höheren Anforderungen an die Rechnerleistung als neuen Umsatzbringer. "Das versaut den Hardwarefirmen komplett das Weihnachtsgeschäft", erklärte Kay. "Das ist nicht gut für die Branche", warnt auch Richard Doherty von der Envisioneering Group. "Nicht für die Peripheriehersteller, nicht für die Grafikchipbauer, nicht für Notebook- und auch nicht für Desktop-Produzenten. Jeder hat auf Upgrades auf Vista gezählt."

"Man bekommt Angst", ergänzt sein Kollege Stephen Baker von NPD Techworld mit Blick auf die PC-Verkäufe für das vierte Quartal. Ins gleiche Horn bläst auch Rob Enderle von der Enderle Group. "Der Consumer-Markt findet heute hauptsächlich im vierten Quartal statt, und das wird den Markt ernstlich beschädigen. Daran geht kein Weg vorbei."

Microsoft hingegen erwartet nicht, dass sich die Vista-Verschiebung hier niederschlägt. "Der PC-Forecast bleibt aus unserer Sicht unverändert", erklärte Allchin. "Sie können die Partner fragen, wie sie das sehen." Vista werde auch noch rechzeitig herauskommen, um nicht Microsofts Ergebnis für sein laufendes Geschäftsjahr zu beeinträchtigen, das im Juni 2007 endet.

Laut Allchin waren es aber auch bestimmte, namentlich nicht genannten Partner, die sich die Verschiebung der Endkundenversion von Vista wünschen, nachdem Microsoft noch mehr Zeit für den Feinschliff des neuen Windows angesetzt hatte. Analysten verwiesen in diesem Zusammenhang darauf, dass der Handel Zeit brauche, um seine Kanäle vorzubereiten, und daher wohl eine Verschiebung auf das neue Jahr vorgezogen habe.

Interessant dürfte die Entwicklung des Microsoft-Aktienkurses am heutigen Handelstag an der Nasdaq werden. Zum gestrigen Fixing hatte das Papier 15 Cent leichter bei 27,72 Dollar geschlossen, nachbörslich gab es dann bereits auf 27,02 Dollar nach. (tc)