Microsofts Server-Offensive mit den ersten .NET-Produkten

Windows Datacenter soll Unix-Bastion schleifen

06.10.2000
MÜNCHEN (CW) - Mit einer ganzen Reihe von neuen Server-Produkten will Microsoft seine Position im Unternehmensbereich ausbauen. Im Zentrum steht dabei die Datacenter-Version von Windows 2000, mit der die Redmonder nun auch im Konzert der großen E-Commerce-Systeme von Sun, Oracle und Konsorten mitspielen wollen.

Auf der Veranstaltung Enterprise 2000 in San Franzisko hat Microsoft nicht weniger als neun neue Server-Produkte vorgestellt. CEO Steve Ballmer bezeichnete das Mammutprogramm denn auch als "Version 3.0" der Enterprise-Server-Strategie seines Unternehmens. Im Einzelnen handelt es sich um die Produkte "Application Center 2000", "Biztalk Server 2000", "Commerce Server 2000", "Exchange Server 2000", "Host Integration Server 2000", "Internet Security and Acceleration Server 2000", "SQL Server 2000" sowie Windows 2000 Datacenter. Angekündigt für das nächste Jahr wurde der "Mobile Information Server 2001" als Lösung für mobilen Datenzugriff. Wenig später wurde bekannt, dass sich auch die Auslieferung des Biztalk Servers weiter verzögern wird. Der Hersteller gibt Fein-Tuning als Grund an, das Produkt für XML-basierten B-to-B-Datenaustausch soll erst im nächsten Jahr verfügbar sein.

Die bedeutendste unter allen Neuheiten ist sicher das Betriebssystem Windows 2000 Datacenter. War der Bereich von großen Datenbanken und E-Commerce-Lösungen bisher eine Domäne von Highend-Unix-Systemen und Mainframes, so möchten die Redmonder in Zukunft auch in diesem Segment ein Wörtchen mitreden. Ein Novum ist zunächst das Lizenzmodell. Das Produkt wird nicht als Paket erhältlich sein, sondern ausschließlich in Verbindung mit zertifizierten Servern von OEM-Partnern vertrieben.

Damit begegnet die Gates-Company einem Hauptübel ihres Betriebssystems: Seinen Ruf als absturzfreudiges System verdankt Windows vor allem dem Hardwarewildwuchs der PC-Plattform. Im Rahmen des Datacenter-Programms arbeiten Microsoft und OEMs wie Compaq, Hewlett-Packard, IBM, Fujitsu-Siemens und Unisys eng zusammen. In eigens dafür geschaffenen Hardware Quality Labs werden Hardware und Treiber auf Kompatibilität getestet.

Um dem Highend-Anspruch Rechnung zu tragen, braucht es auch Maschinen, die die Fähigkeiten von Datacenter unterstützen. Immerhin geht es um acht bis 32 CPUs und bis zu 64 GB Arbeitsspeicher - für die 32-Bit-Plattform von Intel handelt es sich dabei um eine ganz neue Leistungskategorie. Unisys ist der erste Hersteller, der einen 32-Wege-Server für die Windows-Plattform anbieten kann. Auch Compaq und HP vertreiben diesen Server unter dem eigenen Label. Branchenkenner und Hardwarehersteller gehen davon aus, dass Datacenter zunächst vor allem im Bereich der Server-Konsolidierung attraktiv sein wird.

Microsoft versteht die Server-Offensive als ersten großen Schritt in die .NET-Ära und bezeichnet die Applikations-Server daher als ".NET Enterprise Server". Hierbei dürfte es sich aber in erster Linie um einen Marketing-Schachzug handeln - der Server-Stapellauf passt zeitlich gut in die kürzlich verkündete .NET-Strategie. Mit .NET soll Windows ein völlig anderes Gesicht bekommen, so etwa durch ein neues System verteilter Internet-Anwendungen.

Bis .NET in seiner endgültigen Ausprägung erkennbar ist und bis es dann auf breiter Front Anwendungen geben wird, dürfte noch einige Zeit vergehen. Die Server-Premiere ist daher in Sachen .NET nur ein kleiner Schritt, für Microsoft ist vor allem der neue, starke Fokus auf den Enterprise-Markt von Bedeutung.