Wimax - Sprengstoff für den TK-Markt

03.11.2004
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Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Die größte Bedrohung der Festnetz-Carrier tritt jedoch ein, wenn die Wimax-Funkchips eines Tages in ein herkömmliches Telefon passen. Experten schätzen, dass dieser technische Durchbruch auf breiter Front im Jahr 2007 erfolgt. Ohne Kosten für die Teilnehmeranschlussleitung können dann Haushalte mit breitbandigen Daten- und Sprachdiensten versorgt werden.

Dafür muss nicht einmal die British Telecom als Wettbewerber über den Kanal kommen - City-Carrier gibt es hierzulande inzwischen genügend. "Wenn sich die Technik durchsetzt, kann jeder ein Netz über ganz Deutschland spannen", sagt Alfred Kerscher, Geschäftsführer des ostwestfälischen Regio-Carriers Bitel. Das Geld, mit dem sich heute die Deutsche Telekom ihr Kupferkabel für die Miete der Teilnehmeranschlussleitung vergolden lässt, füllt dann die Taschen des "Wimax-Providers".

Bislang herrscht Funkstille bei der Telekom, was das Thema betrifft. Doch selbst der Bonner Konzern ordnet Wimax in seinem Geschäftsbericht 2003 den "disruptiven Technologien" zu, "die einen nachhaltigen Einfluss auf das Geschäft der Deutschen Telekom und ihrer Divisionen haben". Referenzprojekte, die den Wettbewerb aufhorchen lassen und Zweifel an der Stabilität von Wimax-Netzen ausräumen würden, sind von der Telekom kaum zu erwarten - zumindest hierzulande nicht. Darüber hinaus ist Deutschland ein Sonderfall: Der größte Festnetzbetreiber kontrolliert auch den größten Mobilfunker T-Mobile. Der Telekom dürfte alles daran gelegen sein, die Wimax-Nische vorerst klein und aus dem öffentlichen Rampenlicht zu halten.

Anderen bietet Wimax mehr Chancen als Risiken - nicht nur den DSL-losen Nutzern in Glasfasergebieten, sondern auch den Herstellern von Funktechnik und Halbleitern. Intel zählt mit Abstand zu den auffälligsten Förderern des Standards, Cisco und IBM mischen ebenfalls mit. Mehr als 160 Unternehmen sind derzeit Mitglied in der Lobbyorganisation Wimax-Forum. "Viele finanzstarke Kräfte und Interessen stehen hinter der Technik", sagt A.T.-Kearney-Manager Gerbert. Der Grund: "IT-Anbieter wittern die Chance, sich über diesen Umweg im Mobilfunkbereich als Lieferant zu etablieren."

Verdrängen wird Wimax das Mobilfunk- und das Festnetz nicht, schließlich sind deren Strukturen bereits vorhanden und im Markt verankert. Das Kostenargument pro Wimax gilt zudem nur eingeschränkt: "Auch die etablierten Anbieter können ihre Preise anpassen und somit wettbewerbsfähiger werden", argumentiert Booz-Allen-Manager Weichsel. Das Markteintrittsfenster für Wimax-Dienste werde seiner Meinung nach daher nicht dauerhaft groß sein. Dennoch hat die Funktechnik das Potenzial, Veränderungen in etablierten Strukturen herbeizuführen und für Unruhe unter den gesetzten Anbietern zu sorgen: "Alle Carrier fragen sich derzeit", berichtet Weichsel, "ob es durch Wimax nicht doch die Chance für den Markteintritt eines alternativen Anbieters gibt, der für sie sehr ungünstig sein könnte". Allzu viel Zeit dürfen sie sich nicht mehr für die Antwort lassen.