Ein Blick in die Zukunft

Willkommen bei der Google-Bank!

17.10.2013
Von Christof Kerkmann und Sebastian Ertinger

Mai 2015: Versichert mit Google Protect

Sie kaufen ein Auto? Hier ist die passende Kfz-Versicherung! Sie ziehen um? Schützen Sie Ihren Hausrat! Google macht jetzt auch in Versicherungen: Das Unternehmen schlägt Internetnutzern künftig Policen vor, die zu ihrer Lebenssituation passen. Für Google Protect - so der Name des Dienstes - hat es einige Größen der Finanzbranche als Partner gewonnen, etwa die Axa. "Wenn wir unsere Kunden besser kennen, können wir ihnen auch bessere Angebote machen", sagt Vorstandschef Henri de Castries. Die nötige Fülle an Informationen habe jedoch nur Google.

Bei der Vermittlung greift der Internetriese auf seine umfassenden Daten über die Gewohnheiten und Vorlieben der Nutzer zurück. Ein Beispiel: Wer in den Tagen zuvor nach einer Reise gesucht hat, bekommt Werbung für Reiserücktrittsversicherungen eingeblendet. Hat der Nutzer erst nach Hebammen und dann nach Kinderspielzeug gegoogelt, bietet die Versicherungssuche gleich einen Familien- und nicht den Single-Tarif an. Ähnlich läuft es bei anderen Policen ab, etwa Haftpflicht-, Rechtsschutz- oder Autoversicherung. Rabatt bekommt, wer die Beiträge über Google Wallet zahlt.

Google und Partner vertreiben jedoch nur standardisierte Produkte und verzichten auf individuelle Angebote mit größerem Beratungsbedarf. Die Formel lautet: Viele Abschlüsse mit niedrigen Margen ergeben immer noch einen ansehnlichen Gewinn.

Vertreter der Versicherungsbranche sehen das Engagement mit gemischten Gefühlen. "Damit hat uns Google in der Hand", meint ein Branchenvertreter, der nicht genannt werden will. "Wer bei Protect drin ist, reibt sich die Hände. Wer rausfällt, muss sich warm anziehen." Öffentlich meldet sich Allianz-Chef Michael Diekmann zu Wort: "Wir brauchen paneuropäische Versicherungen, um gegen die Internetgiganten eine Chance zu haben", sagt er dem Handelsblatt. Die Kartellbehörden dürften sich daher großen Fusionen nicht in den Weg stellen.

Mehrere Vergleichsportale sehen in dem neuen Dienst eine Wettbewerbsverzerrung. Google bevorzuge die eigenen Ergebnisse, monieren sie gegenüber der EU-Kommission. Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia nimmt die Ermittlungen auf.

Das Szenario im Realitätscheck

Google als Vermittler
Google vermittelt jetzt schon Produkte und Dienstleistungen: Der Internetriese brachte seinen im Juli 2011 eingeführten Service "Hotel Finder" im Frühjahr auch in Deutschland an den Start. Der Konzern konkurriert dabei mit Reise-Suchmaschinen wie Expedia. In Großbritannien übernahm Google das britische Preisvergleichsportal beatthatquote.com, das Konditionen für Kreditkarten, Autoversicherungen und Hypotheken verglich und mittlerweile in andere Google-Dienste integriert ist. Einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge arbeitet das Unternehmen auch an einem deutschen Vergleichsportal für Versicherungen (Stand: Juni 2013).

Auch Amazon verkauft Versicherungen
Auch der Online-Händler Amazon bietet seinen Kunden Versicherungsschutz an. Wollen Nutzer beispielsweise ein Smartphone kaufen, wird gleich eine Geräteschutzversicherung der Ergo Direkt mit angeboten. Rutscht das neue Gerät dem stolzen Besitzer aus der Hand oder kriegt einen Regenguss ab, springt die Versicherung ein. In einem erweiterten Paket ist auch eine Diebstahlpolice drin. Im stationären Handel ist das ohnehin Gang und Gäbe, dort gibt es sogar Steinschutzversicherungen für Kaffeevollautomaten. Verbraucherschützer halten solche Policen allerdings für zu teuer.

Gerüchte über Google Compare
Die Einführung eines Preisvergleichs-Internetportals für Autoversicherungen von Google steht einem Medienbericht zufolge unmittelbar bevor. Spätestens im September soll nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" der Dienst Google Compare in Deutschland an den Start gehen. Der Schritt könnte den Markt für Autoversicherungen aufmischen. Google ist so gut über seine Nutzer informiert wie kein Versicherer. Der Internetriese kann somit als Versicherungsmakler viel besser zugeschnittene Angebote unterbreiten als einzelne Versicherer oder bereits bestehende Vergleichsportale, so die "Süddeutsche".

Was sagen die Kartellbehörden?
Schon jetzt beäugen die Kartellbehörden kritisch, ob Google mit seinen Spezialsuchen die Konkurrenz benachteiligt. Derzeit ermittelt die EU-Kommission. Neue Angebote stünden ebenfalls unter Beobachtung.

Das meint die Branche
"Wenn Google als Vergleichsportal kommt, wird das den Markt verengen", sagt Detlef Frank, Chef von HUK24, der "Süddeutschen Zeitung". "Ich erwarte, dass viele Kunden direkt bei Googles Portal hängen bleiben. Dann klicken weniger auf die Anzeigen, und die von Anzeigen abhängigen Vergleicher oder Direktversicherer müssen mehr zahlen, um an ihr Neugeschäft zu kommen." Die HUK24 ist mit 1,4 Millionen versicherten Fahrzeugen der größte Onlineanbieter in Deutschland.

Fazit
In anderen Ländern vermittelt Google bereits Finanzprodukte. Im Herbst soll der Vertrieb von Autoversicherungen auch in Deutschland beginnen. Bei einem Erfolg erscheint der nächste Schritt, auch andere Versicherungen anzubieten, durchaus naheliegend.