Bei der Neuausschreibung machte erneut ein "Exote" das Rennen:

Wiener Rathaus setzt auf AT-Clones

13.02.1987

WIEN (CWÖ) - Neuerlich kommen IBM-PC-"Clones" bei der Gemeinde Wien zum Einsatz. In einer Neuausschreibung über Mikrocomputer für die Magistratsdirektion der Arbeitsgemeinschaft für Datenverarbeitung (MD-ADV) erhielt der bislang namenlose PC Talent 286 den Zuschlag. Das Gerät wird in Hongkong hergestellt und von dem Wiener Unternehmen LB Electronics geliefert.

Bereits im Sommer 1986 war von der Gemeinde Wien ein Auftrag über 200 AT-Rechner ausgeschrieben worden. Damals hatte das Unternehmen Ashford mit dem japanischen Gerät "TomCat" den Zuschlag erhalten. Allerdings wurden von den 200 georderten Rechnern nur 35 geliefert. Wie aus dem Wiener Rathaus verlautete, war Ashford aufgrund von Problemen mit der Vorfinanzierung in Lieferverzug geraten. Dies machte eine Neuausschreibung erforderlich.

An ihr beteiligten sich mehr als 20 Unternehmen; nur drei Geräte erfüllten jedoch alle Ausschreibungsbedingungen. Nicht zum Zuge kamen auch diesmal die großen Anbieter. Geräte wie die in Österreich preisgekrönten Siemens PCD 2 oder Philips 3200 erreichten erst gar nicht die Endrunde. Dazu ein Sprecher eines etablierten, aber eliminierten Herstellers: "Die Gemeinde Wien hatte Kampfprieisvorstellungen. Und einige Anbieter sind wohl bis unter den Einstandspreis gegangen."

Der billigste Anbieter war schließlich LB Electronics mit dem "Talent 286". Mit einem Preis von weniger als 30 000 Schilling (4200 Mark) lag das Unternehmen deutlich unter der von der Arbeitsgemeinschaft für Datenverarbeitung (ADV) festgesetzten Preisgrenze von 50 000 Schilling. Allerdings stieß die Entscheidung für den Talent 286 trotz des für einen AT-Rechner günstigen Preises zum Teil auf herbe Kritik. So bemängelte ÖVP-Gemeinderat Alfred Worm, daß ein Bildschirmarbeitsplatz, an dem nur simple Auswertungen, Listen, Tabellen sowie das Erstellen einfacher Programme anfallen, mit einem Rechner dieser Größenordnung "over-equipped" sei. Außerdem, so Worm weiter, werde die Anschaffung dieses Gerätes eine Reihe von Folgekosten, zum Beispiel den Kauf von Emulationsprogrammen, Compilern und Peripherie, nach sich ziehen.

Die Befürworter dieser Entscheidung können diese Kritik jedoch nicht teilen. So sieht Obersenatsrat Lucian Koloseus vor allem einen Vorteil in der Dezentralisierung der EDV. Aufgrund der Entlastung des Zentralrechners sei der PC als intelligentes Endgerät eine durchaus wirtschaftliche Lösung, wenn der Preis des Rechners unter 50 000 Schilling liege.

Die Lieferung der neuen Rathaus-PCs soll bereits im März abgeschlossen sein. Aufgestellt werden sie bei der Arbeitsgemeinschaft für Datenverarbeitung (ADV) der Gemeinde Wien. Auf diese Weise soll die Zentrale laut SPÖ-Gemeinderat Herbert Zima "erst einmal Erfahrung sammeln".