DEC als Beteiligter an Übernahmeversuch gehandelt

Wieder Spekulationen um die zukünftige Gestalt von Unisys

20.12.1991

MÜNCHEN (CW) - Die Unisys Corp. ist schon häufiger Gegenstand von Übernahmespekulationen gewesen. Als neuester möglicher Investor wird nun die Digital Equipment Corp. genannt, die angeblich an 30 Prozent der Stammaktien des aufgeweichte Hardwareherstellers interessiert sein soll. Um den Rest der Stimmrechte, heißt es in Börsenkreisen, bewerbe sich ein unbekannter Finanzier.

Wie der englische Branchendienst "Computergram International" mit Bezug auf Unisysnahe Informanten schätzt, soll der Kaufpreis bei 750 Millionen Dollar liegen, wobei zusätzlich die Schulden und ausstehende Vorzugsaktien von insgesamt 397 Milliarden Dollar einzubeziehen seien. Das Unisys-Kapital verteilt sich zu zwei Drittel auf stimmrechtslose Vorzüge - deren Inhaber für eine Übernahme nicht gefragt werden müßten - und zu einem Drittel auf Stammaktien. Um die abzulösen, müßte ein Investor bei einen, angenommenen Preis von fünf Dollar pro Aktie eben die genannten 750 Millionen Dollar "in die Hand nehmen", wie Arnd Wolpers von der Münchner Vermögensverwaltungs-Gesellschaft CMW GmbH nachrechnet.

Ob das Sinn macht, ist indes eine andere Frage-Entgegen, den Beteuerungen von Präsident James Unruh, Unisys befinde sich auf dem aufsteigenden Ast und Werde im vierten Quartal des laufenden Geschäftsjahres wieder schwarze Zahlen schreiben, halten Analysten das Unternehmen nach wie vor für einen unsicheren Kantonisten. Der Schuldenstand wurde zwar in letzter Zeit ständig reduziert, unter anderem durch den Verkauf der Netze-Division Timeplex, aber die Belastungen sind noch enorm. Da die Börsennotierung der Rüstungssparte unter dem Namen Paramax fünf vor zwölf ausgesetzt wurde, fehlt außerdem ein großer Posten, der eingeplant war, das schlingernde Unisys-Schiff wieder auf Kurs zu bringen.

Finanzexperten empfehlen eventuellen Interessenten denn auch, geduldig den Zusammenbruch des Konzerns abzuwarten und sich aus der Konkursmasse mit attraktiven Aktiva zu bedienen, anstatt sich durch eine Übernahme enorme Verpflichtungen und Probleme aufzuhalsen.

Die Zukunft des Rüstungsgeschäftes

Die Zukunft des Rüstungsgeschäftes im Verbund des Computerkonzerns liegt nach dem abgesagten Börsengang wieder im dunkeln. Offiziell begründet wurde der Rückzug von den Emissionsplänen mit der nicht kalkulierbaren Entwicklung an den Finanzmärkten und der "Unsicherheit am Markt über die zukünftigen Budgets und Ausgaben des Verteidigungsministeriums", so Unruh in einer Konzernmitteilung. Tatsächlich hatte Verteidigungsminister Dick Cheney am gleichen Tag, als die Paramax-Aktien bei der New Yorker Börsenaufsicht zur Emission angemeldet wurden, einschneidende Reduzierungen der US-Waffenarsenale angekündigt und damit eine lebhafte Diskussion über die Zukunftsaussichten der Rüstungsindustrie in den USA ausgelöst.

"Es wird einige Zeit dauern, bis die Verteidigungsindustrie sich zuverlässig auf die neuen Bedingungen einstellen kann", stellte Unruh fest und bedauerte, daß unter diesen Umständen "das Klima für ein öffentliches Angebot (von Paramax, d. Red.) alles andere als ideal" gewesen sei. Bei einem wieder "günstigeren" Rüstungsklima, dieser Umkehrschluß liegt nahe, müßte Unisys dann einen neuen Anlauf nehmen.

Paramax könnte jedoch, so Branchenspekulationen, auf andere Weise Bedeutung erlangen: als Appetithappen für potentielle Unisys-Aufkäufer. Der Bereich steht nämlich finanziell deutlich besser da als seine Konzernmutter. "Unser Verteidigungsgeschäft ist profitabel, mit einem positiven Cash-flow, und spielt eine wichtige Rolle im Elektronik- und Systemintegrations-Markt", wie Unruh stolz vermeidet. Und auch auf US-Regierungsseite, vermutet "Computergram", könnte man an einem Deal zwischen Unisys einerseits und DEC sowie weiteren Geldgebern andererseits interessiert sein.

Der Grund: Verteidigungsminister Cheney mache sich ernste Sorgen um die Zukunft eines Unternehmens, das nach wie vor einer der wichtigsten Lieferanten des Pentagon und anderer Regierungsstellen ist; aus diesem Grunde befürworte er die Bestrebungen des DEC-plus-X-Konsortiums, unter dessen Ägide Unisys in amerikanischer Hand bliebe. Der Autor des Newsletter vermutet gar, Cheney erwäge, sich für den Chefsessel von Paramax - oder sogar eines anderen Unisys-Teils - zur Verfügung zu stellen.