Die ideale IT-Abteilung/Lifecycle- und Asset-Management

Wie viele Rechner haben wir eigentlich?

01.08.2003
Das Asset-Management zählt heute zu den Schlüsselaufgaben der IT-Abteilung aller größeren Unternehmen. Dabei ist detailliertes Wissen über die vorhandene Infrastruktur unerlässlich, denn die Beschaffenheit von IT-Landschaft und deren Organisation wirkt sich unmittelbar auf Rentabilität und Produktivität aus. Von Stephan Pohlmann*

IT-Ausstattung, Zustand und Funktion der eingesetzten Applikationen sowie Qualität und Effizienz der IT-Dienstleistungen eines Unternehmens bestimmen heute in hohem Maße die Effizienz der Geschäftsprozesse, also die Grundlagen unternehmerischen Handelns.

Je komplexer die vorhandene IT-Infrastruktur, desto schwieriger der Blick auf deren einzelne Bestandteile. "Wie viele PC-Systeme besitzen wir, wo stehen sie, und wie sind sie ausgestattet?" Selbst bei (vermeintlich) trivialen Fragen wie diesen stoßen IT-Abteilungen häufig an ihre Grenzen. Die Folge: Viele Unternehmen inventarisieren ihre IT-Anlagegüter immer wieder - sei es, weil der Wirtschaftsprüfer vor der Tür steht, oder weil ein Migrationsprojekt geplant ist. Dabei stellt sich häufig heraus, dass die Anlagenbuchhaltung nicht mit dem realen IT-Bestand übereinstimmt. So sind etwa Softwarelizenzen nur selten den entsprechenden PC- beziehungsweise Server-Systemen oder Mitarbeitern zugeordnet.

Der diesbezügliche Leidensdruck bringt viele Unternehmen auf das Thema Lifecycle-Management, sprich: die Verwaltung von IT-Investitionsgütern - von der Planung über die Beschaffung bis hin zur Aussonderung. Aber nicht nur Hard- und Softwareausstattung sind für die Effizienz der Geschäftsprozesse von Bedeutung. Ebenso wichtig sind die entsprechenden Informationen etwa über Wartungsverträge oder Garantie- und Serviceleistungen zu den jeweiligen Komponenten.

So sollte ein User-Helpdesk-Mitarbeiter ohne langes Nachforschen - und vor allem umständliches Nachfragen - nicht nur die Ausstattung eines Arbeitsplatzsystems kennen, sondern auch wissen, wie alt ein System ist, welche Wartungsverträge und Service-Levels gelten und wie seine Asset-Historie verlaufen ist. Ein Kostenstellenverantwortlicher benötigt für die Ersatzinvestitionsplanung tagesaktuelle Abschreibungs- und Einsatzdaten. Wenig hilfreich sind dagegen Listen aus einem ERP-System, die mit den technischen Inventardaten - sofern überhaupt vorhanden - nicht übereinstimmen.

Chaos verhindert Flexibilität

Die Folgen eines diesbezüglichen Miss-Managements sind fatal: Sie reichen von nicht messbaren Service-Levels interner sowie externer Dienstleister über unprofessionelle Budgetplanungen bis hin zu zahlreichen ausrangierten PCs in Abstellräumen sowie überflüssigen Lizenzen. Das Chaos tritt spätestens bei strukturellen Veränderungen im Unternehmen, Systemumstellungen oder modifizierten Anforderungen durch Marktteilnehmer zutage.

Unternehmen mit über 1000 Arbeitsplätzen können ihre IT-Assets sowie die dazugehörigen Betriebssysteme und Anwendungen mit Hilfe eines Lifecycle-Management-Systems effizient verwalten und damit sowohl Administratoren als auch Kostenstellenleiter und Controller unterstützen. Standardisierte Schnittstellen ermöglichen die Integration der elektronischen Werkzeuge in bestehende IT-Umgebungen und gewährleisten so den Datenaustausch mit vorhandenen Systemen, wie zum Beispiel SAP-Software und System-Management-Tools. Allerdings: Ein gutes System nutzt zunächst alle vorhandenen Daten und erzeugt keine neuen.

Sparpotenziale erkennen

Auf diesem Weg liefern Lifecycle-Management-Systeme der IT-Organisation, dem Einkauf, der Anlagenbuchhaltung sowie dem IT-Controlling wertvolle Informationen und ermöglichen darüber hinaus ein elegantes Lizenz- und Beschaffungs-Management sowie eine detaillierte Budgetierung und Leistungsverrechnung. Mit dem Einsatz dieser Tools lässt sich aber auch die Wirtschaftlichkeit erhöhen. Denn sie spüren Einsparungsmöglichkeiten und Optimierungspotenziale auf, erhöhen die Produktivität der Mitarbeiter, fördern den effizienten Einsatz der IT und sorgen dafür, dass Fehler zeitnah behoben werden können. Indem sie relevante kaufmännische und technische Daten liefern, IT-Dienstleistungen durch Kennzahlenüberwachung verbessern und durch das Abbilden des gesamten Lebenszyklus von IT-Anlagegütern gezielte Planungs- und Bestandsinformationen über alle Hard- und Softwarekomponenten bereitstellen, verbessern sie auch die Qualität sämtlicher Unternehmensprozesse.

Häufig erscheint den Verantwortlichen das angebotene System jedoch zu komplex und damit schwer zu implementieren und zu bedienen. Wenn es um die Definition der Anforderungen an eine Lifecycle-Management-Lösung geht, gehören daher alle Mitarbeiter, die ein IT-System nutzen, an einen Tisch: Einkauf, Controlling, IT-Betrieb und -Stabsfunktionen sollten den Leistungsumfang gemeinsam vereinbaren.

Eine weiterere Hemmschwelle ist die Tatsache, dass Lifecycle-Management einen definierten und funktionierenden Prozess voraussetzt. Häufig stellen Unternehmen bei der Diskussion über die Anschaffung eines solchen Systems jedoch fest, dass genau dieser in ihrem Fall nicht gegeben ist.

Die Einführung eines Lifecycle-Management-Systems ist ein iterativer Prozess, der in kleinen und überschaubaren Schritten angegangen werden sollte. Den Anfang macht die Definition der Projektvision, wobei zunächst ein begrenzter Blickwinkel empfehlenswert ist. Im Mittelpunkt sollte stets die Frage nach der unmittelbar größten Baustelle stehen. Der Diskussion um die eigentlichen Tools gehen grundsätzliche Gedanken zu einem dedizierten Lifecycle voraus - und der sieht zu 80 Prozent in allen Unternehmen gleich aus. Sinnvoll ist deshalb die Orientierung an so genannten Best-Practice-Modellen. Darauf aufbauend lassen sich dann die individuellen Anforderungen definieren.

Tools müssen einfach sein

In einem nächsten Schritt sind die funktionalen Anforderungen festzulegen. Erst dann sollte die Tool-Auswahl erfolgen. Gute Systeme entsprechen den Prozessen und Anforderungen des Unternehmens - und nicht umgekehrt. Genau zu hinterfragen sind Automatisierungsgrad und Betriebsaufwand der angestrebten Lösung. So heben sich erzielbare Vorteile nicht selten auf, weil hochkomplexe Tools zum Einsatz kommen, die das Unternehmen nicht in Eigenregie betreiben kann.

Wer den Einsatz einer Lifecycle-Management-Lösung beschließt, sollte bei dieser Gelegenheit auch die IT-Betriebsorganisation prüfen. Ziel dieser Analyse ist die Einführung von Methoden und Verfahren, die den IT-Betrieb rationalisieren und automatisieren.

Itil hilft bei Prozessorganisation

Bei der Prozessdefinition und beim Festlegen von Strukturen hilft zum Beispiel die IT-Infrastructure-Library (Itil). Sie enthält Empfehlungen für die Gestaltung von Abläufen in einer optimalen IT-Organisation, die der Komplexität der heutigen IT-Welt Rechnung trägt - und zwar unabhängig von Branchen, vom Auftrag der IT, von der Organisation des Unternehmens und den Herstellern der vorhandenen Infrastruktur. So lassen sich dann im Zusammenhang und in technischer Zusammenarbeit mit den Lifecycle-Management-Systemen etwa Methoden und Verfahren etablieren, die Desktops und Server automatisch installieren.

Die Frage nach dem RoI (Return on Investment) beantworten die großen Marktforschungsinstitute Gardner, KPMG und Meta Group, die dem Lifecycle-Management erhebliche Einsparpotenziale attestieren. Dennoch darf die individuelle Ausgangssituation eines Unternehmens nicht unberücksichtigt bleiben, denn je nach dem aktuellen Stand variiert der für die Gestaltung einer optimalen Lifecycle-Management-Umgebung erforderliche Aufwand erheblich.

Für jedes Unternehmen hingegen gilt es, langwierige Analysen vor Projektbeginn zu vermeiden. Optimal sind pragmatische Vorgehensweisen, bei denen die Investitionen stets in Bezug zum Unternehmensnutzen gesetzt werden und erst dann der nächste Schritt folgt. (kf)

*Stephan Pohlmann ist Vorstand der Tireno Innovations AG in Hamburg.

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IT-Ausstattung, Zustand und Funktion der eingesetzten Applikationen sowie Qualität der internen IT-Services spielen für die Effizienz der Geschäftsprozesse eines Unternehmens eine entscheidende Rolle. Eine genaue Kenntnis der vorhandenen IT-Infrastruktur ist daher dringend erforderlich. Ein striktes Asset-Management im Zusammenspiel mit Lifecycle-Management-Systemen kann helfen, Licht in den firmeninternen IT-Dschungel zu bringen.

Abb: Den IT-Lebenszyklus unter Kontrolle halten

Lifecycle-Management-Systeme stellen Daten zur gesamten IT-Infrastruktur, allen dazugehörigen Wartungsverträgen und Service-Levels zur Verfügung. Quelle: Tireno