Abwechslung im Homeoffice

Wie Sie dem Lagerkoller entgehen

05.04.2020
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
In der Corona-Krise schlägt die Stunde des Internet. Wir arbeiten online, informieren uns im Netz über aktuelle Entwicklungen – und können in diesen schwierigen Zeiten durchaus auch etwas Abwechslung vertragen.
In der Coronavirus-Krise schlägt die Stunde des Internets. Wir sagen Ihnen, wie Sie dem Lagerkoller entgegenwirken können.
In der Coronavirus-Krise schlägt die Stunde des Internets. Wir sagen Ihnen, wie Sie dem Lagerkoller entgegenwirken können.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Die Tage im Homeoffice können lang sein. Wenn der Gang in den Supermarkt oder die schnelle Gassirunde mit dem Hund die einzigen Abwechslungen im Tagesrhythmus sind, kommt schnell Langeweile auf. Doch gerade jetzt finden sich zahlreiche inspirierende Angebote im Netz, mit denen man dem drohenden Lagerkoller entgehen kann.

Kunst und Museen

Das J.Paul Getty Museum in Kalifornien hat die weltweite Web-Gemeinde via Twitter aufgerufen kreativ zu werden:

Mittlerweile haben Tausende von Kunstbegeisterten weltweit die Idee aufgegriffen und bekannte Werke nachgestellt - von mittelalterlichen Heiligendarstellungen über da Vincis Mona Lisa und Stillleben von Albrecht Dürer bis hin zur Pop-Art-Kunst eines Roy Lichtenstein. Wer mitmachen möchte, findet Vorlagen auf den Internetseiten des Museums, kann aber auch andere bekannte Werke auswählen, und teilt seine Neuinterpretation per Foto auf Twitter.

Wer nicht selbst künstlerisch aktiv werden möchte, findet aktuell jede Menge virtuelle Museumsführungen im World Wide Web. Beispielsweise offeriert der Pariser Louvre virtuelle Rundgänge durch seine Ausstellungen. Das Britische Museum hat eine ganze Reihe von Exponaten aus seiner Ausstellung unterstützt von Google digitalisiert. Nutzer können sich per Tastatur und Maus durch Epochen, Kontinente oder Themenschwerpunkte klicken. Zu den einzelnen Ausstellungsstücken gibt es zusätzliche Bilder sowie Erklärungen in Text und Audio. Und wer einfach durch die Hallen des Londoner Museums schlendern möchte, kann dies auch virtuell tun.

Vor allem Google hat sich in der Vergangenheit stark bei der Digitalisierung von Kunstwerken, antiken Schätzen und naturhistorischen Exponaten engagiert. Eine Übersicht des Angebots finden Kunst- und Geschichtsliebhaber inzwischen ebenfalls im Netz. Über 1200 Sammlungen weltweit sind bereits via Internet zu bestaunen - darunter das Guggenheim-Museum in New York, die Uffizien in Florenz, das Rijksmuseum in Amsterdam und das Pergamon-Museum in Berlin.

Konzerte und Musik

Auch die Konzerthallen und Bühnen in aller Welt sind derzeit verwaist. Als Ersatz bieten viele Häuser Live-Streams verschiedener Konzerte und Aufführungen an. Beispielsweise offeriert die Metropolitan Opera in New York Opern-Freunden täglich eine ihrer Inszenierungen als freien Video-Stream. Die Bayerische Staatsoper überträgt jeden Montag ein Konzert im Live-Stream. Außerdem gibt es diverse Opern- und Ballettproduktionen kostenlos als Video-on-Demand.

Von Ende März bis zum 11. April läuft beispielsweise Wagners Parsifal. Wie in New York und in München haben auch viele andere Häuser auf einen Online-Betrieb umgeschwenkt - in Deutschland die Elbphilharmonie in Hamburg sowie die Staatsopern in Berlin und Stuttgart. International machen unter anderen noch die Staatsoper in Wien, das Opernhaus Zürich, die Opera national de Paris, das Bolschoi Theater in Moskau und das Sydney Opera House mit. Klassikfreunde werden auch bei Arte fündig. Der Sender bringt immer wieder Konzert- und Opernmitschnitte aus aller Welt. Anfang April lief Puccinis Tosca aus der Finnish National Opera Helsinki.

Auch Rock- und Popstars sind aktiv geworden und sorgen für Unterhaltung im Netz. Einen Überblick gibt es bei vulture.com. Sie packen im Wohnzimmer ihre Instrumente aus und streamen ihre improvisierten Mini-Shows auf Facebook, Youtube und Instagram. Zu den Stars, die ihre Fans in Corona-Zeiten aufmuntern wollen, gehören Chris Martin von Coldplay, John Legend, Charlie Puth, Shawn Mendes und Camila Cabello. In den USA haben sich mehrere Stars Ende März zum "iHeartRadio Living Room Concert for America" verabredet. Mit dabei Mariah Carey, Alicia Keys, Elton John, Billie Eilish sowie der Foo-Fighters-Frontmann Dave Grohl und Green-Day-Sänger Billie Joe Armstrong. Unter dem Hashtag #TogetherAtHome finden sich weitere Auftritte bei Twitter.

Das Kultmagazin Rolling Stone veranstaltet ebenfalls auf seinem Instagram-Kanal Wohnzimmer-Konzerte. Unter dem Label "In my room" spielen Stars und solche die es werden wollen, an verschiedenen Abenden in der Woche kleine Konzerte. Auftritte hatten schon Ikonen wie John Fogerty (Creedance Clearwater Revival), Graham Nash (Crosby, Stills Nash) und Brian Wilson (Beach Boys).

Hierzulande haben Künstler wie Johannes Oerding, Lea und Max Giesinger am 22. März auf Instagram Live ein #wirbleibenzuhause Festival veranstaltet. Eine Woche später legten die Musiker nach und veranstalteten ein zweites Konzert. Es machten noch mehr Bands mit, darunter Rea Garvey und Revolverheld. Mitschnitte der Auftritte finden sich auf Youtube. Darüber hinaus haben etliche Künstler eigene Wohnzimmer-Sessions auf dem Videokanal gestreamt, von Jeanette Biedermann bis zu den Ärzten.

Theater und Literatur

Auch die Theater bringen Online-Spielpläne und zeigen Inszenierungen im Netz. Das Staatstheater Hannover hat seinen Auftritt jeden Samstagabend um 19:30 Uhr. Die Streams sind danach 24 Stunden abrufbar. Das Thalia Theater in Hamburg zeigt jeden Abend um 19:00 Uhr Aufzeichnungen aus seinem Archiv. Online mit dabei sind außerdem Bühnen wie die Münchner Kammerspiele sowie die Schaubühne Berlin.

Wer sich für Literatur interessiert, wird in diesen Tagen ebenfalls im Netz fündig. Donat Blum, Initiator der Literaturzeitschrift "Glitter", hat binnen weniger Tage mit "Viral" ein Online-Literaturfestival auf die Beine gestellt. Darüber hinaus haben Verlage Lesungen ins Netz verlegt. Hanser ermuntert seine Kunden außerdem, Lesekreise im virtuellen Raum abzuhalten, und stellt dafür diverse Materialien zu zahlreichen Werken kostenlos online zur Verfügung. Zudem haben etliche Literaturhäuser ihr Programm aufs Internet umgeschaltet. Das Literaturhaus in Salzburg offeriert täglich um 20:00 Uhr ein literarisches Anti-Corona-Programm. Das Literaturhaus in Berlin hat sein Special zum 250. Geburtstag von Friedrich Hölderlin kurzerhand ins Netz verlagert.

"Ham's des schon ghört?" Lachen soll ja auch die Abwehrkräfte stärken. Jeden Dienstag um 19:00 Uhr gibt es eine Folge "Fast wia im richtigen Leben" von Gerhard Polt. Zwar dürfte das niederbayerische Idiom des Kult-Comedian für Menschen jenseits des Weißwurst-Äquators eine Herausforderung darstellen - aber vielleicht gerade in diesen Zeiten eine, der man sich gerne stellt. Sehenswert sind auch die Stücke von Josef Hader. Der österreichische Comedian bietet auf seiner Website eine Reihe verschiedener Videos seiner Auftritte, die die aktuelle Corona-Dramatik zumindest für ein paar Stunden vergessen lassen.

Auch aus den unendlichen Weiten des Weltalls gibt es literarische Unterstützung. Patrick Stewart, bekannt als Star-Trek-Captain Jean-Luc Picard, liest gegen das Coronavirus an. Jeden Abend trägt der Schauspieler auf seinem Instagram-Account ein Sonett von Shakespeare vor - frei nach dem Motto: "A sonnet a day keeps the doctor away".

Wer selbst nach Lesestoff suchen möchte, sollte die Online-Auftritte der Bibliotheken und Büchereien in seiner Nähe abklappern. Obwohl die meisten Einrichtungen derzeit geschlossen sind, öffnen viele ihre digitalen Bestände und bieten zeitlich begrenzt kostenlose Ausleihe von eBooks und anderer Angebote. Beispielswiese offeriert die Münchner Stadtbibliothek allen Interessierten im Großraum München bis zum 30. Juni 2020 ein kostenloses Digitalabo.

Lernen und Wissen

Wer mehr Zeit zu Hause verbringt, kann diese auch dazu nutzen sich weiterzubilden. Gerade jetzt gibt es jede Menge Angebote im Netz. Bei Udacity finden sich diverse Online-Schulungen zu IT-Themen wie Data Science, Artificial Intelligence, Cloud Computing oder Programmieren. IT-Themen hat auch SAP im Schulungsangebot. Über die openSAP-Plattform stellt der Konzern Studierenden und Fachexperten jede Menge OnlineKurse (MOOCs) zur Verfügung. Wer möchte, kann sich dort gratis im Detail über neue Technologien, aktuelle Innovationen und die digitale Wirtschaft informieren. Die Kursthemen umfassen unter anderem Robotic Process Automation (RPA), Data Science, maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz, Internet der Dinge (IoT), Nachhaltigkeit, Java-Programmierung und mehr.

Auch die Volkshochschulen machen online weiter. Zwar sind die Präsenzkurse aufgrund der Corona-Pandemie vorerst ausgesetzt. Weiterbildung sei allerdings online gefahrlos möglich und auch in diesem Bereich hätten Volkshochschulen viel zu bieten, heißt es auf der zentralen Anlaufstelle im Netz - in Form von Webinaren, Livestreams und Online-Angeboten. Unterstützung kommt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Man werde die digitalen Lernangebote im vhs-Lernportal der Volkshochschulen (vhs) durch die Schulung zusätzlicher Online-Tutoren deutlich ausbauen. Das betreffe vor allem den digitalen Unterricht in den für die Gesellschaft wichtigen Bereichen Alphabetisierung und Grundbildung, also Lesen, Schreiben und Rechnen sowie Deutsch als Zweitsprache.

Auch für Kinder und Jugendliche, die jetzt zu Hause lernen müssen, soll das Angebot ausgebaut werden. Das Ministerium verweist auf das Angebot der Allianz "Wir bleiben schlau!". Speziell für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik könnten online vielfältige Aufgaben und Anregungen von verschiedenen Anbietern abgerufen werden. Mit einem neuen vernetzten Web-Angebot will die Politik bei Schülerinnen und Schülern zu Hause Begeisterung für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) wecken.

Über eine zentrale Internetseite gelangt man zu spannenden Aufgaben und Anregungen von rund 50 Allianz-Partnern. Bestehende und neue Angebote würden dort gebündelt. In einem virtuellen Labor lassen sich beispielsweise chemische Versuche durchführen. Oder man kann lernen, wie einen Computer zu programmieren. Außerdem gibt es Experimente rund um das Thema Klima und vieles mehr.

Da Schulen und Universitäten derzeit geschlossen sind, bietet die Sprachlern-App Babbel allen Schülern und Studenten aktuell einen Monat lang freien Zugang zu allen Sprachkursen. Pons verschenkt bis zum 13. April seinen Grund- und Aufbauwortschatz Englisch für die Vokabeltrainer-App.

Sinnloses und Filme

Wer am Ende des Tages genug von Lernen und Kultur hat, sollte einfach auch mal abschalten. "The Useless Web" bietet hunderte völlig sinnfreier Online-Seiten - zum klicken, Kopf schütteln oder einfach nur lachen. Meine Favoriten sind übrigens:

· Koalas to the Max

· Staggering Beauty

Oder man gibt sich klassischen Online-Vergnügungen hin, wie im Internet zocken, Musik über Spotify, Amazon Music oder Deezer hören, beziehungsweise einen Film über die vielen Streaming-Anbieter gucken. Um die Corona-Paranoia auf den Gipfel zu treiben, empfehlen sich hier Klassiker wie "Outbreak - lautlose Killer" von 1995 mit Dustin Hofmann, "12 Monkeys" aus dem gleichen Jahr mit Bruce Willis und einem durchgeknallten, noch jungen Brad Pitt, "I Am legend" (2007) mit Will Smith im Kampf gegen Virus-verseuchte Zombies oder "Contagion", 2011 mit einem Staraufgebot aus Kate Winslet, Gwyneth Paltrow, Jude Law und Matt Damon gedreht.

Übrigens: Warner Bros. hatte im vergangenen Jahr schon überlegt, eine Prequel oder Sequel zu "I am Legend" zu drehen. Es fehlte allerdings bislang offenbar ein spannender Plot. Vielleicht kommt die zündende Idee ja, wenn wir alle die aktuelle Coronakrise durchgestanden und überwunden haben.

Haben Sie trotz dramatischer Zeiten etwas Spaß, bleiben Sie gesund und, wenn Sie online ein spannendes, unterhaltsames oder lehrreiches Angebot finden, mit dem sich gut die Zeit vertreiben lässt.