Arbeitssicherheit

Wie sicheres Arbeiten Unternehmen fordert

17.04.2020
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Arbeitssicherheit erhält in Zeiten der Corona-Pandemie eine veränderte Aktualität. Unternehmen müssen sich überlegen, wie Social Distancing in den Büros funktioniert oder wie die Gesundheit ihrer Mitarbeiter auch im Homeoffice gewährleistet werden kann.
Viele Unternehmen sehen sich angesichts der COVID-19-Pandemie mit völlig neuen Herausforderungen in Sachen Arbeitssicherheit konfrontiert. Das müssen Sie jetzt wissen.
Viele Unternehmen sehen sich angesichts der COVID-19-Pandemie mit völlig neuen Herausforderungen in Sachen Arbeitssicherheit konfrontiert. Das müssen Sie jetzt wissen.
Foto: supawat bursuk - shutterstock.com

Den Begriff Arbeitssicherheit verband man bislang in erster Linie mit produzierenden Betrieben oder mit Arbeitsumgebungen, in denen die Beschäftigten mit gefährlichen Stoffen, etwa in Laboren, umgehen müssen. Für Wissensarbeiter in den Büros hielten sich Gefahren für Leib und Leben bislang in Grenzen. Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz bedeutete für Unternehmen, die Büromitarbeiter beschäftigen, unter anderem: Sind alle Kabel so verlegt, damit keiner über sie stolpert? Oder gibt es einen Kabelbruch?

Angesichts der Corona-Pandemie hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung den Arbeitsschutzstandard Covid 19 vorgestellt. Die wichtigsten Ergänzungen für Unternehmen: Sie haben die Abläufe so zu organisieren, dass die Beschäftigten möglichst wenig Kontakt untereinander haben, beziehungsweise den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten können. Für Mitarbeiter gilt: Niemals krank zur Arbeit, selbst bei vermeintlich leichten Erkältungssymptonen. Der komplette Zehn-Punkte-Plan im Überblick:

Arbeitssicherheit im Büro

Auch Arbeitsrechtlerin Claudia Knuth, Partnerin bei Lutz Abel Rechtsanwälte in Berlin, rät, potenzielle Gefährdungen am Arbeitsplatz zu analysieren und deren Beurteilung an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. "Die Arbeitgeber sind gut beraten, darüber nachzudenken, wie sie ihrer Fürsorgepflicht nachkommen". Die Fürsorgepflicht, als arbeitsvertragliche Nebenpflicht, besagt, dass der Arbeitgeber dafür zu sorgen hat, dass dem Arbeitnehmer während der Arbeitszeit nichts passiert.

In Zeiten von Corona und dem damit einhergehenden Social Distancing kann das laut Knuth unter anderem bedeuten: "Die meisten Unternehmen haben so weit es geht ihre Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt oder die Mitarbeiter wechseln sich in den Büros ab, so dass so wenig Menschen wie möglich im Gebäude sind." So haben Firmen einen Schichtbetrieb in Großraumbüros eingeführt oder auch die Pausenzeiten geregelt. Pausenpläne bei flexiblen Arbeitszeiten, ist das nicht ein Widerspruch in sich? Nicht aus Sicht von Arbeitsrechtlerin Knuth: "Aufgrund der Corona-Krise kann man eine vorübergehende Pausenregelung einführen, damit nicht alle Mitarbeiter gleichzeitig ihr Mittagessen genießen. Hier schlägt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers die flexible Arbeitszeit."

Darüber hinaus sollen räumliche Veränderungen dafür sorgen, dass die Mitarbeiter die verordnete Distanz untereinander wahren, sei es durch Trennwände aus Plexiglas, Reduzierung der Stühle an Tischen oder Abstandsmarkierungen. Etliche Unternehmen lassen die Büroräume jetzt grundlegend und in kürzeren Abständen immer wieder reinigen.

Arbeitssicherheit im Homeoffice

Schwieriger gestaltet es sich für Unternehmen, ihrer Fürsorgepflicht für Mitarbeiter im Homeoffice nachzukommen. Das fängt schon bei ganz banalen Dingen an. Was tun, wenn der Mitarbeiter zuhause auf den kleinen Laptop-Bildschirm starren muss oder nur den Küchenstuhl zur Verfügung hat? In diesen Zeiten können die wenigsten Unternehmen die aus der Not entstandenen Homeoffice-Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter abnehmen oder gar überprüfen.

"Da auf eine Gefährdungsbeurteilung dennoch nicht verzichtet werden kann", so Claudia Knuth, "sollte der Arbeitgeber zumindest mit Hilfe eines Fragebogens feststellen, ob der Homeoffice-Arbeitsplatz den arbeitsschutzrechtlichen Regelungen entspricht. Wenn der Arbeitnehmer - nach Kenntnis des Arbeitgebers - dauerhaft von zu Hause aus arbeitet, dann können auch nicht die teilweise lockereren Regelungen der Mobilarbeit herangezogen werden.

Claudia Knuth ist Partnerin bei Lutz Abel Rechtsanwälte in Berlin.
Claudia Knuth ist Partnerin bei Lutz Abel Rechtsanwälte in Berlin.
Foto: Kanzlei Lutz Abel

Kernthema im heimischen Büro sind aber die Arbeitszeiten. Für Claudia Knuth gilt: "Um die Gesundheit der Mitarbeiter auch im Homeoffice zu gewährleisten, kann der Arbeitgeber seine Mitarbeiter nur ermuntern: Etwa, nach zwei Stunden Bildschirmarbeit eine fünfminütige Pause einzulegen, sich auch regelmäßig zu bewegen und die Ruhezeit von elf Stunden einzuhalten. Auch Webinare über gesundes Arbeiten zuhause helfen sehr weiter."

Sollte der Gesetzgeber in Zukunft die Corona-Restriktionen lockern, bedeutet das für Unternehmen auch, dass sie ihre Fürsorgepflicht erneut neu bewerten müssen - etwa hinsichtlich Dienstreisen. "Hier empfiehlt sich in jedem Fall, den Mitarbeiter aufzuklären, wie er sich auf Reisen oder Veranstaltungen zu schützen hat." Auch die Wahl des Transportmittels müsse vielleicht neu betrachtet werden. Im Zweifelsfall sei ein Mietwagen anzuraten. Bei Mitarbeitern, die aufgrund von Vorerkrankungen der Risikogruppe angehören, solle genau überlegt werden, ob eine Dienstreise zwingend notwendig sei oder ob sich nicht ein anderer Weg finden lasse.

Sicheres Arbeiten - die Gesetzeslage

  • Gefährdungsbeurteilung: Nach § 5 Abs1 ArbSchG hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Sie bildet die Grundlage zielgerichteter Arbeitsschutzmaßnahmen.

  • Arbeitszeiten im Homeoffice: Auch im Homeoffice sind die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes zu wahren. Nach sechs Stunden ist eine Pause von 30 Minuten einzulegen, täglich sind bei einer 5-Tages-Woche durchschnittlich nicht mehr als 9,6 Stunden zu arbeiten. Nach Feierabend sollten 11 Stunden Ruhezeit eingehalten werden.