Wie sich IT-Werte ermitteln lassen

21.03.2007
Von Thomas Gerick 
Das IT-Finanz-Management muss anders abrechnen als gewohnt.
Die Umformung technischer Leistungsarten zu IT-Services.
Die Umformung technischer Leistungsarten zu IT-Services.
Die Liste der Leistungen und Ressourcen, die einen normalen Büro-PC-Arbeitsplatz ausmachen, kann schnell sehr lang werden.
Die Liste der Leistungen und Ressourcen, die einen normalen Büro-PC-Arbeitsplatz ausmachen, kann schnell sehr lang werden.

Eine Billion Dollar wurden nach Angaben der International Data Corporation (IDC) 2006 weltweit in Informationstechnik investiert. In 25 Prozent aller Unternehmen bildet IT bereits den größten Kostenblock, schätzt der Computerkritiker Paul Strassmann. Die Herausforderung besteht also darin, aus der IT endlich mehr herauszuholen. Untersuchungen der letzten Jahre zeigten immer wieder die erschreckende Höhe von Fehlinvestitionen in diesem Bereich. Ohne Controlling-Mechanismen versickern etwa 20 Prozent der Gelder im Nichts.

Hier lesen Sie ...

• was IT-Finanz-Management bewirken soll;

• welche Aspekte des Kosten-Managements der Itil-Standard abdeckt;

• wie technische Ressourcen und Aktivitäten in für Kunden verständliche IT-Produkte überführt werden;

• welche Anforderungen an eine Gesamtlösung zu stellen sind.

Transparenz schaffen

IT-Controlling umfasst die Gesamtheit aller Aktivitäten zur Schaffung von Kosten-, Nutzen- und Risikotransparenz der Informationstechnik. Im Folgenden wird eine zentrale Teildiziplin, das IT-Finanz-Management, näher beschrieben. Es dient dazu, Transparenz zu schaffen, das Kosten- und Qualitätsbewusstsein in der IT und bei internen wie externen Kunden zu schärfen und Einsparpotenziale aufzuzeigen.

Viele IT-Abteilungen großer Unternehmen haben sich zu eigenständigen Gesellschaften entwickelt und sind inzwischen auch außerhalb der Mutterkonzerne tätig. Hierfür bedarf es jedoch der Überführung der technischen Aktivitäten in für den Kunden verständliche Produkte.

Unterscheiden lässt sich von eher technikfokussierten über verbrauchs- und qualitätsbezogene Produkte bis hin zu Geschäftsprozess-relevanten Anwendungen. Was kostet mich ein Kontoauszug? Wie schlüsseln sich die Aufwände für einen SAP-Arbeitsplatz auf? Wie gestalten sich die internen Kosten für einen Lebensversicherungs-Vertrag? Und welchen Anteil daran haben IT-Leistungen?

Als herstellerunabhängiges Regelwerk hat sich die IT Infrastructure Library (Itil) als De-facto-Standard zur praxisnahen Beschreibung von IT-Service-Management-Abläufen durchgesetzt. Dieses Rahmenwerk unterscheidet die zwei Kernprozessgruppen Service-Support und Service-Delivery.

Defizite im Detail

IT-Finanz-Management nach Itil ist dabei Bestandteil des Service-Delivery-Sets und besteht aus Teildisziplinen: Aktivitäten der Finanzplanung und Budgetierung zielen darauf ab, Kosten der IT-Prozesse zu planen und zu überwachen, auf Basis aktueller Daten langfristige Finanzpläne zu erstellen und Liquidität sicherzustellen. Der Bereich Kostenrechnung ermittelt sämtliche Kosten dieser Aktivitäten, kalkuliert die Aufwände für einzelne Services, unterstützt Kosten-Nutzen-Analysen und schafft so kundenseitig Transparenz. Der Standard stellt einen Rahmen und Checklisten zur Verfügung, deckt das Thema jedoch noch nicht im Detail ab. Es fehlen insbesondere die Ergebnisse aus der Rückkopplung von praktischen Erfahrungen.

Risiken einschätzen

Ein weiterer zentraler Faktor in diesem Kontext ist angesichts der hohen Aufwände für Informationstechnologien der Bereich IT-Risiko-Management. Dabei geht es darum, Hard- und Software sicherer zu machen, Projekte mit Blick auf technische Risiken zu priorisieren oder die Höhe potenzieller Verluste zu ermitteln. Das Regelwerk beschreibt jedoch momentan lediglich Teilbereiche des Risiko-Managements und unterstützt insbesondere die Risikovermeidung.

Immer noch ist das Finanz-Management des Angebots die Achillessehne vieler IT-Abteilungen. Eine konzeptionelle Analyse ihrer Prozesse und die Entwicklung eines kundenspezifischen Abrechnungsmodells bilden deshalb die Grundlage für die Kostensteuerung der IT. Hierbei wird festgehalten, welche Ressourcen für die erbrachten Leistungen der Datenverarbeitung zum Einsatz kommen (Innensicht) und wie diese gebündelt als IT-Produkte mittels welcher Verrechnungseinheiten an die Kunden verkauft werden (Außensicht des Kunden). Es gilt, die Kostentreiber zu identifizieren, ein Konzept für die IT-Service-Abläufe - so genannte Service-Level-Agreements (SLAs) - festzulegen sowie Leistungsarten exakt zu beschreiben.

Ein Großteil der Unternehmen verrechnet seine IT-Kosten über technisch geprägte Leistungsarten, beispielsweise Festplattenplatz oder CPU-Nutzung. In der Praxis hat es sich jedoch bewährt, kundenorientierte Produkte zu beschreiben. So besteht ein Standard-Büroarbeitsplatz aus PC-Hardware, Office-Software (Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, E-Mail, Intranet), Festplattenplatz auf dem File-Server, LAN- und Internet-Zugang etc.

Komplexes verständlich machen

Die Umformung der oft über 300 unterschiedlichen technischen Leistungsarten in entsprechende IT-Produkte ist ebenso notwendig wie komplex. Vielfältige Ressourcen und Leistungen müssen dabei berücksichtigt und über eine für den Kunden nachvollziehbare Maßeinheit verrechnet werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Definition der Qualität dieser IT-Produkte. Diesen Aspekt beschreiben SLAs über Kriterien wie Systemverfügbarkeit, Ausfallsicherheit oder das Vorhalten von Server-Ressourcen.

Ein umfassendes Management der Informationstechnik muss die Verknüpfung zwischen der technischen und der betriebswirtschaftlichen Welt herstellen. Dies erfordert keine Punktlösungen, sondern eine modular aufgebaute integrative Gesamtlösung, um die Vielzahl von zusammenhängenden Informationen zu verwalten, die im Rahmen unterschiedlicher Prozesse anfallen.

Schlüsselfaktor CMDB

Den Kern einer Lösung für IT- Finanz-Management bildet die Configuration Management Database (CMDB) mit ihren Informationen über sämtliche IT-Komponenten entlang ihrem Lebenszyklus sowie deren Abhängigkeiten. Die Kenndaten der finanziell relevanten IT-Werte lassen sich ebenfalls in der CMDB hinterlegen. Anwendungen für IT-Leistungsverrechnung sorgen für eine automatisierte Übernahme und Aufbereitung abrechnungsrelevanter Daten und ordnen diese revisionssicher und verursachergerecht zu.

Dabei sind die Anforderungen an die Flexibilität und Vielfalt der Datenmediation sehr hoch. Diese regelt die Zuordnung der (technischen) Verbrauchsdaten zu den (kostenstellenorientierten) Nutzerschlüsseln. IT-Bedarf einschließlich der damit verbundenen Kosten lässt sich verlässlich hochrechnen, wenn man aus dem laufenden Betrieb heraus über eine empirische Datenbasis für eine detailgetreue und rollierende Planung verfügt. Gängige ERP-Systeme stoßen hierbei an ihre Grenzen, da sie keine exakten Daten zur Nutzung von Ressourcen liefern können.

Plan und Realität

Die zu einem bestimmten Preis verrechnete reale Abnahmemenge wird permanent abgeglichen und ermöglicht die Simulation verschiedener Planungsszenarien. So lässt sich die Differenz zwischen Planumsatz und realem Umsatz zuverlässig und regelmäßig ermitteln sowie gegebenenfalls durch die Veränderung von Kosten, Abnahmemengen oder durch Rekonfigurierung von IT-Produkten steuern. Die operative IT-Kostenwirtschaft wird in die Zukunft projiziert und mit der betrieblichen Planung synchronisiert. Nicht zuletzt wirken IT-Finanz-Management-Funktionen auch auf die Steuerung von technischen Risiken, um mögliche Verluste zu quantifizieren und entsprechende Maßnahmen treffen zu können. (ls)