Digitalisierung

Wie Politiker unsere Demokratie gefährden

Kommentar  07.12.2016
Von 
Stefan Fritz ist Senior Vice President im CANCOM-Konzern und Experte für faire digitale Plattformen. Seine Leidenschaft ist die Entwicklung und Umsetzung von As-a-Service-Geschäftsmodellen für die digitale Welt von morgen.

Imperialistischer Datenkapitalimus: Keine Lösung

Nach dem Prinzip der freien Marktwirtschaft scheint nun ein neues Prinzip Einzug zu halten: Der imperialistische Datenkapitalismus. Unsere Politiker und Wirtschaftslenker fahren ins Silicon Valley um sich von den dortigen, ausgewiesenen Experten Nachhilfe-Unterricht geben zu lassen. Die Ambivalenz amerikanischer Politiker ist dabei zu verstehen, denn sie stehen vor der Wahl:

  • Entweder sie lassen die erfolgreichen Unternehmen gewähren. Damit wird die gesamte Welt mit individuellen persönlichen Abhörsystemen und amerikanischer Infrastruktur unter quasi staatlicher Kontrolle versorgt. Das bekräftigt und fördert die Vormachtstellung der USA im politischen Raum.

  • Oder sie gehen gegen diese Unternehmen vor. Damit schwächen sie nicht nur die US-Unternehmen, sondern zerstören auch ihre eigene Machtbasis.

Aber was erhoffen sich europäische Politiker, die das Silicon-Valley-Modell bewundern? Schiebt man alle Verschwörungsphantasien beiseite, so bleiben nur Unwissenheit und Unbedarftheit. Es ist ein Festhalten an dem Prinzip der freien Märkte, das zwar Aufschwung und Stabilität in den letzten Jahrzehnten ermöglicht hat, aber in der digitalen Welt nicht weiter funktionieren wird. Zumindest nicht ohne die Demokratie in Frage zu stellen. Die alten Konzepte der nationalen, also vor allem räumlichen, Ordnung funktionieren bei grenzüberschreitendem Datenverkehr in Echtzeit einfach nicht mehr.

Bleibt die Frage, ob sich amerikanische und europäische Politiker bewusst sind, dass sie durch ihr Zaudern bei der Umsetzung neuer Gesetze gegen digitale Monopole an den Grundfesten des demokratischen Grundverständnisses rütteln? Eine zukünftige Gesellschaft, die digitale Technologien zu ihrem Wohl und Nutzen anwendet, braucht sicher den Erfindungsreichtum und die Fähigkeiten des Silicon Valley, aber nicht die durch das marktwirtschaftliche System potenzierten digitalen Monopole und Systeme, die unsere informationelle Selbstbestimmung aushöhlen. Die Bedrohung unserer Privatsphäre und unserer Demokratie geht nicht von der digitalen Technologie aus. Um es in KI-Sprache auszudrücken: Es kommt darauf an mit welcher Kontrollstrategie wir die neuen Möglichkeiten der digitalen Strategie einsetzen.

Fazit: Wir brauchen eine digitale Transformation der Politik

Von Politikern als gewählte Vertreter können wir erwarten, dass sie an zukünftige Generationen und das Gemeinwohl denken - nicht an Wirtschaftswachstum und andere Konzepte aus dem Turbo-Kapitalismus. Und wir können von ihnen erwarten, dass sie sich auf die Suche nach neuen digitalen Formen der Demokratie machen. Ihre Aufgabe ist es, die digitale Transformation von Politik, Demokratie und Gesellschaft einzuläuten, statt an alten, erprobten Machtstrukturen festzuhalten und damit lediglich ihre eigene Macht für die nächste Wahlperiode zu sichern. (fm)