Wie Netzwerke Voice over IP lernen

30.09.2004
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Lange Zeit standen deutsche Anwender dem Thema Voice over IP (VoIP) eher zurückhaltend gegenüber. Mittlerweile, so Hersteller und Analysten, verfolgen immer mehr Unternehmen konkrete Migrationspläne. Doch dem einen oder anderen IT-Manager droht bei der Ablösung der klassischen TK-Anlage eine unliebsame Überraschung, wenn sich plötzlich herausstellt, dass seine Netzinfrastruktur den Anforderungen der Internet-Telefonie nicht gewachsen ist.

Über die Vorteile der IP-Telefonie wie etwa mehr Flexibilität, eine konvergente Infrastruktur für Daten und Telekommunikation, niedrigere Gesamtkosten und sinkende Gesprächsgebühren müssen heute nicht mehr viele Worte verloren werden. Rund sechs Jahre, nachdem das Thema Voice over IP erstmals in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wurde, planen auch hierzulande immer mehr Unternehmen die Ablösung ihrer klassischen TK-Anlage und wollen zu VoIP migrieren.

Meist genügt die Netzverkabelung den VoIP-Anforderungen, aber Switches und Router benötigen ein Feintuning, um die Sprachqualität für IP-Telefonate zu gewährleisten. (Foto: Joachim Wendler)
Meist genügt die Netzverkabelung den VoIP-Anforderungen, aber Switches und Router benötigen ein Feintuning, um die Sprachqualität für IP-Telefonate zu gewährleisten. (Foto: Joachim Wendler)

Auf den einen oder anderen IT-Manager wartet dabei allerdings eine unliebsame Überraschung, wenn sich plötzlich herausstellt, dass seine Infrastruktur nicht VoIP-bereit ist. Grob vereinfacht gilt die These: Je älter die Infrastruktur, desto eher ist davon auszugehen, dass sie sich für VoIP nicht eignet. Besonders schlechte Karten haben etwa die Betreiber von Token-Ring-Netzen oder die Benutzer veralteter Interface-Systeme wie etwa MAU (Media Attachment Unit).

Dies trifft, wie Christian Dietl, Leiter Produkt-Management bei BT Deutschland in München, aus der Praxis weiß, auf etwa ein Drittel der Netze zu: "In einem von zehn Fällen ist die Infrastruktur so veraltet, dass eine grundlegende Neukonzeption des Netzes ratsam ist, und in zwei von zehn Fällen muss in der Regel nachgebessert werden." Dabei ist meist nicht die verfügbare Bandbreite im Netz das Problem, sondern die erzielbare Quality of Services (QoS), um im Datennetz in ISDN-Qualität telefonieren zu können.

Neben der QoS, darüber herrscht unter Herstellern und Carriern Einigkeit, sind Ausfallsicherheit und Redundanz die ausschlaggebenden Kriterien, die darüber entscheiden, ob ein Netz VoIP-fähig ist und die aus der TK-Welt bekannte Zuverlässigkeit von 99,9999 Prozent erreicht. Dabei genügt es allerdings nicht, nur das Campusnetz zu betrachten, sondern es müssen auch die WAN-Verbindungen analysiert werden, falls VoIP für die Zweigstellen vorgesehen ist, erklärt Ralph Kreter, Geschäftsführer von Avaya in München. Ferner ist noch die letzte Meile vom Unternehmen zum Carrier beziehungsweise Service-Provider auf ihre Eignung für VoIP zu untersuchen.