Digitalisierung erfordert neue Konzepte

Wie muss die Arbeit der Zukunft aussehen?

04.10.2016
Von Frank Roth
Der Einsatz neuer Technologien führt dazu, dass Arbeitgeber ihre klassischen Arbeitszeitmodelle überdenken müssen. Wie selbstverständlich sind Smartphones und Tablets (fast) rund um die Uhr (auch) beruflich im Einsatz. Das verlangt sowohl von Arbeitgebern als auch von Beschäftigten ein Höchstmaß an Verantwortungsbewusstsein.

Wenn sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einem Thema wie dem Arbeiten in der Zukunft widmet, so scheint dem Bereich hohe Bedeutung beigemessen zu werden. Zu Recht, wie ein Blick auf die aktuellen Herausforderungen zeigt. Die voranschreitende Entwicklung von Robotern und Automatisierungsprozessen sowie das weite Thema der Industrie 4.0, die in der Digitalisierung von Produktions-, Liefer- und Kommunikationsprozessen zu münden scheint, schürt die Angst bei Arbeitnehmern, künftig ohne Job ein trauriges Dasein zu fristen.

Home Office, flexible Arbeitszeitmodelle und Work-Life-Balance sind die Themen der Arbeit 4.0.
Home Office, flexible Arbeitszeitmodelle und Work-Life-Balance sind die Themen der Arbeit 4.0.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

Die viel zitierte Überalterung der Bevölkerung wiederum lässt bei Arbeitgebern den Ruf nach mehr Nachwuchsfachkräften laut werden. Die gewandelten Anforderungen an Arbeitsplätze, weg von 9 to 5 hin zu mehr Flexibilität, werfen gleichzeitig die Frage nach der Work-Life-Balance auf. Aber wie werden diese und weitere Herausforderungen gelöst?

Ansätze aus Wirtschaft und Politik gibt es viele, einen konkreten Vorschlag aufgrund der Vielschichtigkeit des Themas allerdings noch nicht. In der Initiative "Arbeiten 4.0" unter Schirmherrschaft von Bundesministerin Andrea Nahles arbeitet man jedoch mit Hochdruck daran, aus dem bereits vorliegenden, die Herausforderungen schildernden "Grünbuch" bis Ende 2016 ein "Weißbuch" zu gestalten, das Lösungsmöglichkeiten und -vorschläge aufzeigt. In der Zwischenzeit tagen Fachgremien, bestehend aus Arbeitgeber- und Arbeitsnehmervertretern sowie Spezialisten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, um in Workshops, Konferenzen und auf diversen Plattformen ihr Wissen und ihre Erfahrung in den Dialog einzubringen.

Technologien für bessere Arbeitswelten

Eine tragende Rolle spielen dabei auch moderne Technologien. Denn sie sind es, die Unternehmen und ihre Mitarbeiter befähigen, in der Zukunft neue Arbeitsplatz- und Arbeitszeitmodelle zu schaffen. So sind mobile Endgeräte gleichzeitig Fluch wie Segen: Heute, wo die Arbeit nicht mehr nur von einem festen Schreibtisch aus, sondern auch auf Reisen, bei Kundenbesuchen oder im Home Office erledigt wird, gelingt es mit ihrer Hilfe und der entsprechenden IT-Infrastruktur, ohne Kommunikationsbrüche seinen Aufgaben nachzugehen.

Auf intern gespeicherte Dokumente zuzugreifen, mit den Kollegen im Austausch zu bleiben, Informationen mit Kunden auszutauschen - ein klarer Vorteil der mobilen Technologien. In diese fügt sich auch das Cloud Computing nahtlos ein. Wichtige Geschäftsanwendungen und -dokumente werden einfach zentral bereitgestellt und gewährleisten so den Arbeitsfortschritt an jedem bevorzugten Ort. Gerade das hybride Modell ist hier empfehlenswert, das das Beste aus den Welten der Public und der Private Cloud vereint. Während sensible Anwendungen wie ERP oder Dokumentenmanagement und Daten oft in der privaten, unternehmenseigenen Umgebung bleiben, können je nach Datensicherheitsanforderung zum Beispiel E-Mail- und CRM-Anwendungen über die Public Cloud bezogen werden. Dass darüber hinaus technische Aspekte wie Authentifizierung, Identity Management, SSL/VPN, Web-Proxy und Rechtevergaben beachtet werden müssen, versteht sich von selbst. Die Folge: Alle Mitarbeiter eines Unternehmens können flexibel arbeiten, wo und wann immer sie möchten. Vorausgesetzt, auch andere Rahmenbedingungen wie die Offenheit in der Geschäftsführung für den "Next Generation Workplace" sind gegeben.

Kopfsache: Flexibel ist, wer auch Freiheiten hat

Mehr Flexibilität steigert jedoch auch die Gefahr, dass definierte Arbeitszeiten verschwimmen. So wird die Korrespondenz um 22 Uhr mit dem Geschäftspartner zwar nicht explizit gefordert. Doch wer um diese Uhrzeit nicht auf eine E-Mail antwortet, ist häufig als nicht arbeitswillig kategorisiert. Wozu hat man denn schließlich all die Smartphones und Tablets und Laptops eingeführt? Das nicht ganz seltene Beispiel zeigt, dass es für den Wandel der Arbeitswelt mehr bedarf als nur der passenden Technologien.

Um die Zeitkonflikte im Alltag zwischen Arbeit, Familie und Freizeit aufzubrechen, braucht es auch einen Wandel des Verständnisses von Arbeit in den Köpfen von vornehmlich Unternehmen und Arbeitnehmern. Während sich CxO-Ebenen von dem Gedanken der "Kontrolle" über ihre Mitarbeiter verabschieden müssen, nur weil sie eine Etage unter ihnen sitzen, müssen Arbeitnehmer sich darüber im Klaren sein, dass ihre neugewonnene Freiheit nicht die Qualität ihrer Arbeit beeinflussen darf. Oftmals wird unterschätzt, wie viel herausfordernder es ist, sich aus dem Home Office auf Büroaufgaben zu konzentrieren und sich nicht von alltäglichen Dingen ablenken zu lassen. Mehr denn je sind Vertrauen und Zuverlässigkeit gefordert.

Es wird keine einheitliche Lösung geben

So unterschiedlich die Anforderungen an das moderne Arbeiten - in das übrigens auch die Frage nach Renten, Beschäftigungsart und Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau hineinspielt -, so unterschiedlich werden auch die Herangehensweisen in Unternehmen aussehen. Wer Waren produziert, hat zum Beispiel andere Anforderungen als es in der Software-Entwicklung der Fall sein wird. Wer lokal auftritt, steht vor anderen Hürden als international tätige Unternehmen. Wenn Ende des Jahres das "Weißbuch" der Initiative "Arbeiten 4.0" erscheint, werden darin Schlüsse gezogen, die auf einem fachlichen als auch öffentlichen Dialog fußen. Damit der Spagat zwischen Privat- und Arbeitswelt gelingt, werden Unternehmen jedoch selbst für die passende Umsetzung in ihrem Haus sorgen müssen.