Mobiles ECM

Wie mobil muss Information sein?

31.01.2014
Von 
Uwe Küll ist freier Journalist in München.
Anwender nutzen Inhalte und Daten zunehmend unterwegs. Das hat erhebliche Konsequenzen für die Art und Weise, wie Unternehmen ihr Enterprise Content Management (ECM) künftig betreiben.

Mobile Computing etabliert sich als Bestandteil von Enterprise Content Management. Der Bitkom-Studie "ECM im Mittelstand" zufolge, die unter mehr als 300 Entscheider aus dem Mittelstand betrieben wurde, besteht unter IT-Anwender ein großer Bedarf an schnellen und ortsunabhängigen Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen (siehe Grafik).

Eine Umfrage von Bitkom und Trovarit zufolge versprechen sich Anwender besonders den ortsunabhängigen und schnelle Zugang zu Informationen.
Eine Umfrage von Bitkom und Trovarit zufolge versprechen sich Anwender besonders den ortsunabhängigen und schnelle Zugang zu Informationen.
Foto: Trovarit/Bitkom

Dem wachsenden Interesse steht ein breites Angebotsspektrum gegenüber, denn knapp die Hälfte der 135 im ECM-Marktspiegel von Trovarit aufgelisteten ECM-Systeme verfügen über Frontends für das iPad (44 Prozent) und iPhone (43 Prozent). Windows Mobile basierte Geräte werden von 29 Prozent, Android-Devices von 27 Prozent der Lösungen unterstützt. Die Tatsache, dass Windows Mobile häufiger genannt wird, als die Android-Plattform, die im Endgerätemarkt eine bedeutend größere Rolle spielt, überrascht Karsten Sontow, Gründer und Vorstand der Trovarit AG: "Ich führe dieses Ergebnis darauf zurück, dass sowohl CRM- und ERP-Anwendungen von Microsoft, als auch die wachsende Zahl SharePoint-basierter ECM-Systeme dazu führen, dass mobile Windows-Clients eine attraktive Plattform für die Anbieter sind."

Maximilian Gantner, Pentadoc Radar: "Die meisten Apps konzentrieren sich jedoch auf das Anzeigen von Dokumenten und Workflows."
Maximilian Gantner, Pentadoc Radar: "Die meisten Apps konzentrieren sich jedoch auf das Anzeigen von Dokumenten und Workflows."
Foto: Pentadoc

Allerdings halten sich die Hersteller bis dato noch zurück, die mobile Devices als vollwertige Clients zu gestalten. "Grundsätzlich haben sich die Anwendungen mittlerweile zu hoch funktionalen, ergonomischen Anwendungen entwickelt", beobachtet Maximilian Gantner, Senior Analyst & Leiter Pentadoc Radar. "Die meisten Apps konzentrieren sich jedoch auf das Anzeigen von Dokumenten und Workflows. Die mobile Bearbeitung wird im Moment noch eher weniger fokussiert."

Mobile ECM - nur eine Schnittstelle?

Für Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer der Project Consult Unternehmensberatung GmbH in Hamburg, ist Mobility im Enterprise Content Management (ECM) und Enterprise Information Management (EIM) eine Begleiterscheinung, die die Branche selbst nicht aktiv gestaltet. "Die Innovationen kommen von außen. Die ECM-Hersteller versuchen nur, sie zu adaptieren", beobachtet Kampffmeyer. Wenn aber Information den größtmöglichen praktischen Nutzen für Endanwender entfalten soll, ist Mobility eine Grundvoraussetzung.

Foto: fotolia.com/Felix Jork

Daraus ergeben sich für Kampffmeyer zwei zentrale Herausforderungen: "Erstens: Wie kommt Information heute in traditionelle ECM-Systeme hinein? Zweitens: Wie werden diese Informationen auf neuen Geräten zur Verfügung gestellt? Die Basis der klassischen ECM-, DMS- oder EIM-Anwendungen ändert sich wenig. Es geht um neuen Nutzungsmodelle, neue Oberfläche, neue Devices bei Eingabe und Ausgabe."

Neue Datenquellen einbinden

Trivial sind die Herausforderungen der mobilen Arbeitswelt an das Informationsmanagement keinesfalls, denn es gilt teilweise ganz neue Informationsquellen und Informationsformate in die Systeme zu integrieren: So werden beispielsweise Dokumente zunehmend fotografisch erfasst. Die dabei entstehenden Dateien unterscheiden sich oft erheblich von "klassisch" gescannten Dokumenten. Kampffmeyer verweist in diesem Zusammenhang auf die Unterschiede in der Auflösung sowie auf Verzerrungen, die dadurch entstehen, dass ein Kamera-Objektiv ein Dokument nicht so genau rechteckig erfassen kann wie ein herkömmlicher Flachbettscanner. "Es gibt allerdings bereits Smartphones und Kameras mit speziellen Dokumenten-Foto-Modi, die diese Unzulänglichkeiten ausgleichen", weiß Kampffmeyer. Wie erheblich die Abweichungen sind zeigt sich spätestens dann, wenn Anwender versuchen, ihre Dokumente mit einer OCR-Software in editierbaren Text umzuwandeln.

Der zweite, noch gravierendere Unterschied bei der Erfassung besteht im Umgang mit den Metadaten, die beim Import der Dokumente in die ECM-Software mit übergeben werden müssen, um die Dokumente systematisch zu indizieren. Mobiles Content- oder Informations-Management benötigt daher spezielle Apps für Mobilgeräte. "Und was derzeit am Markt angeboten wird, unterstützt gerade das Indizieren nur eingeschränkt. Vielfach hat man nur die Wahl eines Zielordners", konstatiert Kampffmeyer. "Das liegt daran, dass die meisten verfügbaren Apps noch auf Consumer-Upload und Social-Media-Verwendung ausgelegt sind und nicht auf professionelle geschäftliche Anwendungen." So bestehe dann beispielsweise die Gefahr, dass durch Fehlbedienung solcher zum Teil kostenlos verfügbaren Apps vertrauliche Daten automatisiert auf Social-Media- und Sharing-Plattformen wie Google, Facebook, SkyDrive, Dropbox oder Box landen, was mit den Compliance-Anforderungen für Unternehmen in Deutschland selten vereinbar ist. "Hier werden spezielle Authentifizierungs- und Sicherheitsmechanismen benötigt, um Digitalkameras, Handys und Tablets zur Erfassung von Content für Unternehmensanwendungen verwenden zu können", betont Kampffmeyer.

Ähnlich sieht es beim mobilen Erstellen von Dokumenten durch den Anwender in Form von Skizzen, Sprachmemos, E-Mails oder Chat-Nachrichten aus. Es gilt es, zwischen privater und geschäftlicher Tätigkeit zu unterscheiden und die jeweils adäquate Plattform zu verwenden.

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ECM-RADAR 2013

Die Studie „ECM-Radar 2013“ durchleuchtet den ECM-Anbietermarkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie bewertet nach einheitlichen Kriterien die Leistungsfähigkeit der führenden ECM-Lösungsanbieter. In die Beurteilung fließen beispielsweise Kundenzufriedenheit, aktuelle Marktposition, Produktreife sowie Innovationsfähigkeit. Die Erhebung ist neutral und objektiv. Die Studie ist für Anwender vorgesehen. Sie kostet 354 Euro und ist über den CW-Shop zu beziehen .